Observationsverhör mit Roman Ehrlich (3)
Das Projekt hieß Writing under Observation; eingeladen in die Klausur der Schwabenakademie Irsee war als Landgastschreiber der Autor Roman Ehrlich. Roman Ehrlich verbrachte von April bis Mai 2021 mehrere Wochen in Irsee. Eine in diesem Rahmen organisierte Lesung im Schloss Edelstetten kann hier als Video besichtigt werden.
Begleitet wurde Ehrlichs Aufenthalt von einem literaturwissenschaftlich-ethnologischen Seminar (LMU München und Universität Augsburg), in dem Roman Ehrlich in der Seminarsitzung wöchentlich Rede und Antwort stand. Zusätzlich führten die Teilnehmenden insgesamt fünf Observationsverhöre, die viele Themen umfassten, sich auf einzelne Seminarsitzungen bezogen und auf die sogenannten Produktionstagebücher, die Ehrlich einmal in der Woche auf seinem Blog postete. Wir dokumentieren hier die Texte, die im Rahmen von Writing under Observation entstanden sind.
*
„Genie ist die Kraft, sich unendlich Mühe zu geben“
Gespräch mit Observationsgruppe (II) am 28. April 2021
Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sind die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und Urlaub machen sehr begrenzt. Was wäre Dein ideales Urlaubsziel und warum?
Mit Urlaub habe ich eigentlich meine Schwierigkeiten, das wird vielleicht auch in Malé deutlich. Darin geht es ja auch um die Frage, was man sich davon verspricht, einen Urlaub zu machen. Ich selber hatte eigentlich nie ein großes Urlaubsbedürfnis. Ich fand es immer komisch, an einen Ort zu fahren und da dann möglichst wenig zu tun und möglichst wenig Verantwortung zu haben, für das was passiert. Ich mache schon Reisen, aber die kamen mir immer sehr arbeitsintensiv vor. Das Konzept des Urlaubs als einer Zeit, in der man nichts tut oder sich von dem anstrengenden Alltag erholt, ist mir eigentlich fremd. Deswegen gibt es, glaube ich, auch kein ideales Urlaubsziel.
Wie sieht dann so eine typische Reise aus, die kein Urlaub ist?
Das wäre, einen Ort aufzusuchen, der einen neugierig macht und der einen auf eine abstrakte Art und Weise gerufen hat. Man geht dort hin, versucht möglichst viel herauszufinden und sich ein Bild davon zu machen, wie es wäre, wenn man dort leben und in regelmäßigem Kontakt mit den Leuten vor Ort und damit auch richtig eingebunden sein würde. Zu Arbeiten, und auf eine gewisse Weise Verantwortung für die Verhältnisse dort zu tragen. Das befremdet mich an diesem Konzept von Urlaub, glaube ich, am meisten, und darum geht es auch in meinem Buch: die Vorstellung, dass man komplett ausblenden könnte, dass der Ort, so wie er ist, gemacht wurde und dass er gleichzeitig auch immer von allen anwesenden Menschen beeinflusst wird. Bei den Malediven, um die es in Malé geht, finde ich das speziell interessant. Dort gibt es diese Resorts, in denen sich Leute quasi freiwillig „einschließen“ lassen, und alles das, was das Leben eigentlich ausmacht und das komplex oder widersprüchlich ist, wird aus dem sichtbaren Bereich versteckt und weggeschafft. Eine ideale Reise wäre dagegen eine, bei der man an einen Ort kommt, richtig hinschaut und sich konfrontiert und vertraut macht.
Schreibst Du mit der Intention, eine Flucht in Scheinwelten zu haben und Dir diese ganz genau anzusehen?
Eine Flucht glaube ich nicht. Eine Flucht wäre ja mehr oder weniger eine Abkehr von den realen Verhältnissen. Das Schreiben ist aber eher eine Art Annäherung an die Wirklichkeit mit anderen Mitteln. Mit den Mitteln der Fiktion zum Beispiel. Dass man an die Orte geht und sie nach den Narrativen, den Traum- oder Wunschvorstellungen und Sehnsüchten befragt, danach, mit welchen Erzählungen sie aufgebaut sind, wie sie konstituiert sind, und was sie zusammenhält. Deshalb das Schreiben: es ist quasi die Kernform des Erzählens und des Arbeitens mit Sprache und Narrativen. Und gleichzeitig ist es der Wunsch, mit Hilfe der Sprache seine Erfahrungen durchzugehen und zu überprüfen: Was passiert da eigentlich? Und könnte es vielleicht auch anders betrachtet werden?
Könnte man Deinen Aufenthalt in Irsee als so eine Reise beschreiben?
Ja, das alles ist hochgradig komplex und irgendwie auch widersprüchlich und seltsam für mich. Ich bin ja nicht nach Irsee gekommen, weil ich mir den Ort ausgewählt habe. Der Ort hat sich eher mich ausgewählt, bzw. die Verantwortlichen dieses Projekts haben mich ausgewählt. Ich bin nicht nach Irsee gekommen, weil ich einen Schreibimpuls hatte, der mit Irsee oder einem Dorf im Allgäu zu tun hat, sondern ich wurde von einer Institution quasi zugewiesen. Trotzdem interessieren mich hier genau die gleichen Dinge. Wenn ich hier spazierengehe, dann möchte ich keine Postkartenversion des Ortes zu sehen bekommen. Das wäre so, als würde man durch den Ort und zum Kloster gehen und sich sagen: „Ah, das ist ja wirklich ganz besonders malerisch mit den Bäumen, den Türmchen und den Hügeln“, und dann aber vergessen, dass der Ort auch eine dunkle Geschichte hat. Es ist ja nicht so, dass das hier versteckt würde, es wird einiges getan, damit es im Bewusstsein bleibt. Aber deshalb würde ich hier genauso wenig von einem Urlaub sprechen, oder davon, dass ich mich so sehr aus den Verhältnissen des Ortes herausnehme, dass mir diese historische Dimension nicht mehr auffallen würde.
Andererseits ist es aber natürlich auch sehr schwierig mit der aktuellen Situation der Pandemie: Man kann sich nicht einfach ins Gasthaus setzen, und „normal“ mit den Leuten in ein Gespräch kommen. Man ist eigentlich immer nur Gast und in meinem Fall sogar nur für ein paar Wochen. Da kann man nur bedingt in die Tiefe gehen. Ich habe hauptsächlich vorverabredete Treffen, Sylvia Heudecker, die das hier vor Ort organisiert, spielt mir immer wieder mögliche Kontakte zu. Sie sagt zum Beispiel: „Der hier könnte interessant sein“, oder ich frage sie nach bestimmten Personen. Dann verabrede ich mich mit diesen Personen und wir müssen meistens einen Spaziergang machen, Innenräume sind ja noch immer problematisch. Das ganze Treffen hat dadurch etwas Gezwungenes an sich – das ist seltsam.
Woher nimmst Du normalerweise Deine Inspiration zum Schreiben?
Naja, ich würde sagen vom Leben. Von der gefühlten Unfähigkeit, anders mit dem Leben umzugehen als schreibend. Von dem Bedürfnis, das Leben zu dokumentieren, das Denken festzuhalten und so über das, was man ohne Notation im Kopf behalten kann, hinaus zu kommen. Und natürlich inspirieren mich auch andere Bücher, das, was schon vor mir geschrieben und erzählt wurde, Filme auch, überhaupt alle Kunstformen, die versuchen, sich das Leben zu vergegenwärtigen.
Ich bin in einem mehr oder weniger ereignisarmen Ort aufgewachsen und hatte früh das Bedürfnis nach mehr Erzählungen, mehr Geschichte und Geschichten. Fast manisch bin ich erstmal in Richtung der Filme gegangen, habe sehr viel geschaut und irgendwann entdeckt, dass es auch Bücher gibt und diese unter Umständen sogar detaillierter und präziser formulieren können, was in den Köpfen der Menschen vorgeht. Das hat dann bewirkt, dass ich so etwas auch selber können und machen wollte. Dass ich selber schreiben wollte.
Hast Du konkrete Vorbilder für Dein Schreiben? Findet man sie auch in Deinen Werken wieder?
Ja, ich denke, bei jedem Buch befindet man sich während dem Schreiben in einer konkreten Lebenssituation. Und für verschiedene Bücher sind damit verschiedene Autorinnen und Autoren wichtig. Das können ganz unterschiedliche Leute sein: Für das erste Buch musste ich mich zum Beispiel erst sehr stark an W. G. Sebald abarbeiten, den ich kurz zuvor entdeckt hatte. Seine Art zu arbeiten, Bilder zu verwenden, seine Sprache haben mich eine Weile lang sehr intensiv beschäftigt. Ich musste an ihm erst vorbeikommen und dabei vor allem einen Weg finden, diese Literatur nicht einfach nur abzuschreiben. Ich wollte keine schlechte Kopie produzieren, sondern mein Eigenes herausfinden, das natürlich beeinflusst und inspiriert ist, aber dabei gleichzeitig mehr mit mir als mit seinem Vorbild zu tun hat.
Man liest ja immer wieder Bücher, die einem so hochgradig plausibel sind in ihrer Funktionsweise und Machart, dass man erstmal gar nicht begreifen kann, wie noch anders geschrieben werden könnte. An so einem Punkt muss man sich vergegenwärtigen, wer man selber im Verhältnis zu dem Buch und gleichzeitig im Verhältnis zu dem eigenen Schreiben ist. Sowohl Schreiben als auch Sprachgefühl sind sehr anfällig für äußere Einflüsse, sind ständig im Wandel. Es ist ja nicht so, als wären sie festgesetzt.
Ich finde es hochgradig dubios, wenn Leute einen Stil wie ein Brett in ihr Schreiben reingezogen haben und diesen Stil einfach die ganze Zeit durchhalten, entweder weil es funktioniert oder sie einfach an einen gewissen Punkt gekommen sind, ab dem der Stil nicht mehr affizierbar von anderen Schreibweisen, anderen Orten oder Erfahrungen ist.
Wie sieht ein normaler Schreibprozess bei Dir aus? Nimmst Du Dir am Tag drei oder vier Stunden Zeit, in denen Du nur schreibst, oder variiert das von Tag zu Tag? Wachst Du auch manchmal nachts auf, weil Dir etwas in den Kopf schießt?
Nachts wache ich schon manchmal auf, das ist dann aber nicht so angenehm. Ich versuche in der Wirklichkeit regelmäßig zu arbeiten und recht regelmäßige Schreibzeiten in den Tag einzubauen. Das ist überwiegend vormittags: Ich versuche relativ früh aufzustehen, mich ohne größere Umwege an den Tisch zu setzen, erstmal in den Text zu gehen und mich vorher von anderen Dingen nicht zu stark ablenken zu lassen, zum Beispiel von Kommunikation, Videos, dem Internet, mich also erstmal auf das Schreiben zu konzentrieren.
Drei bis vier Stunden sind dann auch sehr viel Zeit – wenn man es schafft sich über so einen großen Zeitraum zu konzentrieren, dann ist das Tagwerk eigentlich schon getan. Danach kann ich rausgehen, jemanden treffen, andere Dinge machen. Und später vielleicht noch einmal zu dem Text zurückkehren und versuchen, ihn in einem Zustand zu hinterlassen, bei dem man sich selbst möglichst wenig Hürden bei der Wiederaufnahme in den Weg stellt. Dann kommt man am nächsten Tag einfacher wieder rein.
Manchmal denke ich mir aber auch: Das ist eigentlich absurd. Man ist jung und gesund und schafft sich trotzdem so eine Art Rentnerlebensrhythmus, sitzt allein vor dem Gerät und denkt sich Sachen aus. Das ist immer wieder komisch, und manchmal akzeptiert das Leben es auch einfach nicht und alle anderen Aspekte schreien einen quasi an und sagen: „Nein, das ist Unsinn! Raus mit Dir! Das ist jetzt wichtiger“. Das ist wahrscheinlich ein ewiger Konflikt, den wahrscheinlich viele Schreibende teilen, nämlich bis zu welchem Grad man dieses Anschreien überhört und trotzdem sitzen bleibt. Und ab welchem Punkt man sich von der Arbeit weglocken lässt. Irgendwann ist man nämlich tatsächlich alt und muss sich fragen, ob das, was man geschaffen hat, die Abwesenheit aus dem Leben und der Gesellschaft mit den Lebendigen wert gewesen ist. Deshalb ist es wirklich nicht schlecht, einen Rhythmus zu haben. Dadurch wird mehr Zeit halbwegs frei verfügbar, die man auch für andere Menschen reservieren kann. Unter normalen Umständen, wenn hier nicht alles dicht wäre, dann wäre es zumindest bei mir so, dass ich abends unter Menschen oder in die Kneipe gehe, jemanden treffe, besucht werde. Das ist einfach extrem wichtig.
Was vielleicht noch zu dem Thema des Schreibprozesses passt, ist: Hast Du Schreibblockaden und, wenn ja, wie gehst Du damit um?
Schreibblockaden habe ich nicht in dem Sinn, dass ich nicht wüsste, was zu schreiben. Eher im Gegenteil: ich denke, es ist gar nicht genug Zeit und man kann sich kaum entscheiden zwischen all dem, was möglicherweise noch zu behandeln wäre. Eher in der Hinsicht – das korrespondiert vielleicht auch mit dem Thema von vorhin –, dass das, was man macht, einem schrecklich eitel vorkommt oder sinnlos und total irrsinnig. Man denkt dann: „Was soll das denn? Es liest ja eh keiner mehr oder es ändert nichts, man müsste viel aktiver sein, viel mehr tun, was einen direkteren Einfluss auf die Verhältnisse hat, in denen man sich befindet“. Manchmal kann das lähmende Ausmaße annehmen und man kann sich tagelang nicht selber davon überzeugen, dass das eigene Tun schon das richtige ist, dass es Sinn und sein Recht hat. Dieses Gefühl muss man aussitzen, um mit ihm umzugehen.
Was aber immer hilft, ist tatsächlich zu lesen! Wenn man die Bücher der anderen liest, leuchtet es einem dann doch sehr schnell wieder ein, was das Schreiben für ein ungeheures Potential hat, was es kann. Welche Rettung die Existenz der Bücher anderer in meinem Leben immer wieder gewesen ist – das Wissen, dass es die Literatur und das Erzählen gibt, und in ihnen den Versuch weiterzumachen, trotzdem und ganz gleich, ob es letztendlich vergeblich ist.
Hattest Du noch nie eine Phase, in der Du gesagt hast: „Ich kann nicht mehr, ich würde lieber etwas Anderes machen“?
Doch, eben! Ganz oft, aber bis jetzt konnte ich das immer wieder abwenden. Aber ich habe mir sehr oft gedacht: Warum habe ich kein Abitur gemacht, und etwas Anständiges studiert? Warum habe ich diesen Quatsch studiert, den man nicht einmal richtig studieren kann – Schreiben – , warum bin ich nicht zum Beispiel Arzt geworden, sondern sitze hier, mache Kunst und gleichzeitig allen andern etwas vor, als wäre ich jemand, der das machen sollte, überhaupt könnte?
Es ist nicht zu unterschätzen, wie hinterhältig diese eigenen Dämonen sein können. Sie flüstern einem ein, dass es nicht geht, nichts bringt oder totaler Quatsch ist. In meinem Fall ist es so: Die Rückkehr zum Schreiben ist auch eine pragmatische Entscheidung. Was soll ich sonst machen? Ich habe in sehr vielen verschiedenen Jobs gearbeitet. Wenn man dafür nicht ausgebildet ist, macht das keinen Spaß, es sind Arbeitsverhältnisse, die man so schnell wie möglich wieder loswerden möchte.
Hast Du Tipps für jemanden, der oder die selber Autor*in werden möchte?
Ich erinnere mich immer sehr gut an ein sehr schönes Interview mit Ilse Aichinger, das in der ZEIT mit ihr geführt wurde. Ich glaube, das war in den Neunzigern (man kann es bestimmt noch finden, wenn man das Archiv durchsucht), in dem sie sagt: Man solle auf keinen Fall nur schreiben. Schreiben sei kein Beruf. Man brauche einen Beruf. Und das hallt immer noch in mir nach. Vor allem deswegen, weil ich selber nichts anderes mache, die Worte aber von jemandem wie Ilse Aichinger ein Gewicht haben, eine gewichtige Aussage sind. Sie machen Sinn für mich.
Ich denke, es gibt viele Leute, die sich früh auf das Schreiben konzentrieren und gleichzeitig einen Wunsch oder eine Vorstellung davon haben – und dann unter Umständen nur versuchen, ein komisches Klischeebild auszukleiden. Manche häufen oder reichern sich dann so komisch mit verschiedenen Gegenständen an: besonders schöne Stifte, Ledernotizbücher oder Ähnliches. Es werden alle möglichen äußeren Verhältnisse hergestellt, damit das „Wesentliche“ passieren kann.
Ich denke aber, worauf es ankommt, ist einfach: mitschreiben. Erst mal mitzubekommen, was um einen herum passiert und das dann auf eine Art mitzuschreiben, die nicht nur abschreibt, was andere schon geschrieben haben, sondern so zu schreiben, wie man denkt und wie man wahrnimmt – wer man ist.
Und außerdem: einfach ganz viel lesen. Ich würde allen Leuten die schreiben wollen, immer dazu raten, extrem viel zu lesen. Ich glaube es gibt keinen anderen Weg da rein, unter anderem auch sich vorzustellen, welcher absurde Aufwand hinter dem Schreiben steckt. Etwas, das ich immer sehr gerne zitiere (so sehr, dass ich eigentlich mal damit aufhören muss, damit es mir nicht selber verlogen vorkommt), ist ein Satz von Alexander Kluge: „Genie ist die Kraft, sich unendlich Mühe zu geben“. Das fand ich immer sehr schön, weil es für mich heißt, dass es drauf ankommt, sich immer wieder hinzusetzen und nicht abzulassen. Alles andere ist unerheblich. Alle möglichen Tipps: „Stellen Sie sich Dies und Das vor. Stellen Sie Ihren Stuhl auf diese oder jene Einstellung ein. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Schreibtisch nicht am Fenster steht“ sind Unfug. Das kann man getrost vergessen. Und besonders alle möglichen Listen davon, was in welchem Text vorkommen muss, an welchem Punkt welcher Plot-Point und welcher Cliffhanger kommen sollen. Es kann sein, dass man durch die Befolgung dieser Regeln sehr erfolgreiche Bücher verfassen kann, die sich gut verkaufen. Ich bezweifle aber, dass man dadurch tatsächlich einen Weg finden kann, mit dem Schreiben zu leben. Das ist vielleicht das Wesentliche.
Hast Du eher das Gefühl, dass Du für Dich selber schreibst, bzw. siehst Du den Schreibprozess an sich auch als Reinigung von Deinen Gedanken an?
Ich glaub schon, ja. Das Schreiben hilft mir auf jeden Fall beim Denken – und es hilft mir auch beim Leben. Und das Schöne ist ja: Wenn man so an die Sache herangeht, dann ist es immer ein Angebot für andere. Anders gelagerte Bücher kann ich selber nur sehr schlecht lesen – ich kann es nicht akzeptieren, wenn man mich für dumm hält, das finde ich ganz unerträglich. Wenn ich zum Beispiel Bücher lese, die mir die ganze Zeit die Hand hinstrecken – da sage ich nur: Ich brauche das nicht, ich kann auch selber laufen, mir muss niemand ein Brückchen über diesen Bach bauen, der ist wirklich nur sehr schmal, da komme ich auch so drüber – diese Bücher kann ich einfach nicht lesen. Die Bücher, die mir etwas bedeuten und mich lange beschäftigen, sind die, die quasi „für mich“ geschrieben sind. Das passiert dann, wenn sich jemand wirklich existenziell mit einer Sache auseinandersetzt und das ist dann wiederum sehr egozentrisch. Es ist eine paradoxe Bewegung, dass man einerseits für sich sehr intensiv versucht, einer Sache auf den Grund zu gehen und es dadurch plötzlich wahnsinnig plausibel für Andere werden kann. Viel eher, als wenn man nur versucht, sein eigenes Denken oder seine Ansicht für andere möglichst verständlich zu machen. Nur so kann wahrscheinlich etwas Neues entstehen: nur, wenn man darauf vertraut, dass die eigene Sicht auf die Dinge ausreichend, wertvoll oder richtig (was auch immer das für eine Kategorie wäre) ist, und das auch so aufschreibt. Jemand anderem kann man damit vielleicht eine Formulierung anbieten, die die Person für sich selber noch nicht hatte, denselben Sachverhalt schon wahrgenommen und nur noch nicht in Sprache gefasst hat.
Das bewundere ich auch an den alten Texten von Peter Handke. Die Neuen finde ich nicht mehr so interessant, aber gerade bei den älteren Texten hatte ich immer das Gefühl, dass sie wahnsinnig voll von Formulierungen sind, in denen jemand einfach ganz genau hingesehen und dabei einer Sache, die für alle Anderen bis dahin zu unbedeutend zum Befassen war, einen Namen und eine Beschreibung gegeben hat. Diese Dinge sind dann da, sie sind in der Welt, nur durch die Beschreibung. Das Feld dessen, was man selber wahrnehmen und begreifen kann, wird unglaublich ausgeweitet.
Für mich ist das eine der wichtigsten „Aufgaben“ – wenn es die gibt – der Literatur: diese Art der Erweiterung des Wahrnehmbaren. Das Wahrnehmbare wird erweitert und bereichert, man kann sich mehr und andere Verhältnisse vorstellen. Und möglicherweise eine andere Art von Leben als das, das man gerade angeboten bekommt.
Du meintest, das Lesen sei eine Deiner größten Inspirationen für den Schreibprozess. Welche Bücher hast Du selber gerade mit nach Irsee genommen?
Die liegen hier um mich herum. Mein eigenes Buch habe ich nicht mitgenommen, das habe ich mir jetzt erst für eine Lesung ausgeliehen. Gerade lese ich das Holzschiff, den ersten Teil von Fluss ohne Ufer von Hans Henny Jahn. Das wollte ich immer lesen und dachte mir, das hier wäre ein guter Ort, um ein richtig dickes Buch anzufangen. Gerade bin ich im ersten Teil.
Ein Kollege, Uwe Schütte, hat mir dann außerdem ein dickes Buch über den erwähnten W. G. Sebald geschenkt. Das lese ich jetzt gerade. Das Buch finde ich interessant, weil Sebald ja selber biographisch in dieser Region verwurzelt ist: Er kommt aus Wertach. Gerade jetzt finde ich aber auch die Beschäftigung mit der Beschäftigung spannend: Weil ich ja selber unter Observation stehe, war der Gedanke sehr interessant, eine Betrachtung über einen Betrachter zu lesen.
Und, weil ich sie sehr toll finde, habe ich mir die Essays von James Baldwin mitgenommen. Das ist ein gesammelter Essay-Band, und er ist auf so eine Art präzise, die ich für mich selber als unerreichbar empfinde. Ich dachte, das wäre gut mit dabei zu haben. Ich habe hier einen Text beendet, der selber eher ein literarischer Essay ist.
Außerdem habe ich noch von Herbert Marcuse Triebstruktur und Gesellschaft. Das ist eine Art soziologische Nutzbarmachung der Psychoanalyse und eine Vorbereitung für das Buch, an dem ich grade sitze.
Neben dem, was ich mitgenommen habe, fällt einem natürlich auch immer mal wieder etwas in die Hände: Weil man mit den Menschen in Irsee ja durch die Kennenlern-Spaziergänge nur sehr schwer in Kontakt kommt (die fühlen sich an wie unausgesetzte Blind-Dates), habe ich mit den Betreiberinnen der Ortsbücherei jetzt ausgemacht, dort für zwei Schichten auszuhelfen. Ich werde am Montag ins System eingelernt und habe dann durch die Büchereischichten die Möglichkeit, mit einer Aufgabe herumzusitzen. Die Anwohner gehen ein und aus und ich kann mich mit ihnen unterhalten und ihnen Bücher ausleihen. Was ja an sich eine wunderschöne Tätigkeit ist. Ich gehe davon aus, dass dort auch ganz viele Empfehlungen von den Besuchern an einen herangetragen werden.
In der letzten Seminarsitzung hattest Du darüber gesprochen, dass Enden Dir schwerfallen. In Deinem Werk durchlaufen Deine Charaktere oftmals Identitätskrisen, in Malé werden die Krisen und die Stagnation in der Weiterentwicklung dann beispielsweise auch gar nicht mehr aufgelöst. Bewegen wir uns Deiner Meinung nach in eine postidentitäre Gesellschaft – oder sind wir schon mitten drin?
Identitäten sind ein hochkomplexes Feld und eine sehr, sehr widersprüchliche Angelegenheit – ich selber glaube nicht so richtig daran. Ich würde für mich selber keine Identität beanspruchen und finde es grundsätzlich ratsam, ein skeptisches Verhältnis einzunehmen. Die Gleichmachung mit einer Gruppe: diese Wortbedeutung beinhaltet ja schon die Aufgabe von Individualität, bzw. noch schlimmer: den Ausschluss anderer, die nicht die gleichen Voraussetzungen erfüllen.
Leben wir in einer postidentitären Gesellschaft? Ich glaube nicht. Das Thema ist für sehr viele wahnsinnig wichtig, und in meiner Wahrnehmung der Gesellschaft, in der ich lebe, ist es bei weitem nicht überholt oder überkommen, sondern wichtig, gefährlich und präsent. Ein anderer Aspekt und eine wichtige Angelegenheit ist die Frage nach Identitätspolitik und der Sichtbarmachung von Minderheiten und deren Rechten (bzw. der Abwesenheit von ausreichenden Rechten).
Auf die Frage bezogen: nein. Identitäten sind im öffentlichen Diskurs noch etwas Ungeklärtes, das vielerorts starke Reaktionen auslöst. Deshalb ist es wahrscheinlich auch folgerichtig, dass die Identitätskrisen der Figuren in den Büchern nicht auflösbar sind – daraus gibt es letzten Endes ja keinen Weg heraus. Wenn man einmal in so eine Krise gekommen ist, in der man sich fragt: „Womit bin ich eigentlich gemein und warum fühle ich mich mit dieser Gesellschaft nur so unzureichend verbunden, wer bin ich überhaupt und inwiefern unterscheide ich mich von den anderen?“, sehe ich keinen Weg, das zu einem befriedigenden Ende zu bringen. Ich merke schon, ich habe mich jetzt ein bisschen um Kopf und Kragen geredet, aber es ist auch wirklich ein ganz schöner Knaller.
Könnte man dann sagen, dass einerseits die Erzählstränge und andererseits die Figuren in Malé gerade dadurch verbunden werden, dass sie sich, in Bezug auf ihre Identität, in nichts verbunden fühlen?
Sie wünschen sich schon teilweise ähnliche Dinge. Geborgenheit, Aufgehobensein, Gesellschaft, Liebe. Ich würde selber erstmal davon zurücktreten zu sagen, dass der Fakt, dass sie nichts verbindet, der einzige verbindende Faktor der Figuren ist. Das glaube ich eigentlich nicht, aber die Bücher sind natürlich ein Versuch, sich diesen Fragen und diesem Gefühl zu nähern. Sich diesem Lebensgefühl zu nähern, dass es in Gesellschaft anderer so ein großes Empfinden von Fremdheit und gleichzeitig von Einsamkeit geben kann, ein Gefühl, von dem man schon weiß, dass man es auch nicht loswird, wenn man sich mit noch mehr Menschen umgibt. Am Ende gibt es eben kein Happy End und keine Auflösung dafür. Und darauf sind die Bücher auch nicht ausgerichtet. Ich misstraue dem Ende, ich glaube nicht, dass die Geschichten zu Ende gehen: Es geht ja immer weiter und alles ist letztendlich nur ein Anlass, es noch einmal zu versuchen und es gleich wieder falsch oder eben richtig zu machen.
Das Gespräch führten Marie Böckeler, Sarah Sosinski und Stefanie Katzameyer.
Observationsverhör mit Roman Ehrlich (3)>
Das Projekt hieß Writing under Observation; eingeladen in die Klausur der Schwabenakademie Irsee war als Landgastschreiber der Autor Roman Ehrlich. Roman Ehrlich verbrachte von April bis Mai 2021 mehrere Wochen in Irsee. Eine in diesem Rahmen organisierte Lesung im Schloss Edelstetten kann hier als Video besichtigt werden.
Begleitet wurde Ehrlichs Aufenthalt von einem literaturwissenschaftlich-ethnologischen Seminar (LMU München und Universität Augsburg), in dem Roman Ehrlich in der Seminarsitzung wöchentlich Rede und Antwort stand. Zusätzlich führten die Teilnehmenden insgesamt fünf Observationsverhöre, die viele Themen umfassten, sich auf einzelne Seminarsitzungen bezogen und auf die sogenannten Produktionstagebücher, die Ehrlich einmal in der Woche auf seinem Blog postete. Wir dokumentieren hier die Texte, die im Rahmen von Writing under Observation entstanden sind.
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„Genie ist die Kraft, sich unendlich Mühe zu geben“
Gespräch mit Observationsgruppe (II) am 28. April 2021
Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sind die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und Urlaub machen sehr begrenzt. Was wäre Dein ideales Urlaubsziel und warum?
Mit Urlaub habe ich eigentlich meine Schwierigkeiten, das wird vielleicht auch in Malé deutlich. Darin geht es ja auch um die Frage, was man sich davon verspricht, einen Urlaub zu machen. Ich selber hatte eigentlich nie ein großes Urlaubsbedürfnis. Ich fand es immer komisch, an einen Ort zu fahren und da dann möglichst wenig zu tun und möglichst wenig Verantwortung zu haben, für das was passiert. Ich mache schon Reisen, aber die kamen mir immer sehr arbeitsintensiv vor. Das Konzept des Urlaubs als einer Zeit, in der man nichts tut oder sich von dem anstrengenden Alltag erholt, ist mir eigentlich fremd. Deswegen gibt es, glaube ich, auch kein ideales Urlaubsziel.
Wie sieht dann so eine typische Reise aus, die kein Urlaub ist?
Das wäre, einen Ort aufzusuchen, der einen neugierig macht und der einen auf eine abstrakte Art und Weise gerufen hat. Man geht dort hin, versucht möglichst viel herauszufinden und sich ein Bild davon zu machen, wie es wäre, wenn man dort leben und in regelmäßigem Kontakt mit den Leuten vor Ort und damit auch richtig eingebunden sein würde. Zu Arbeiten, und auf eine gewisse Weise Verantwortung für die Verhältnisse dort zu tragen. Das befremdet mich an diesem Konzept von Urlaub, glaube ich, am meisten, und darum geht es auch in meinem Buch: die Vorstellung, dass man komplett ausblenden könnte, dass der Ort, so wie er ist, gemacht wurde und dass er gleichzeitig auch immer von allen anwesenden Menschen beeinflusst wird. Bei den Malediven, um die es in Malé geht, finde ich das speziell interessant. Dort gibt es diese Resorts, in denen sich Leute quasi freiwillig „einschließen“ lassen, und alles das, was das Leben eigentlich ausmacht und das komplex oder widersprüchlich ist, wird aus dem sichtbaren Bereich versteckt und weggeschafft. Eine ideale Reise wäre dagegen eine, bei der man an einen Ort kommt, richtig hinschaut und sich konfrontiert und vertraut macht.
Schreibst Du mit der Intention, eine Flucht in Scheinwelten zu haben und Dir diese ganz genau anzusehen?
Eine Flucht glaube ich nicht. Eine Flucht wäre ja mehr oder weniger eine Abkehr von den realen Verhältnissen. Das Schreiben ist aber eher eine Art Annäherung an die Wirklichkeit mit anderen Mitteln. Mit den Mitteln der Fiktion zum Beispiel. Dass man an die Orte geht und sie nach den Narrativen, den Traum- oder Wunschvorstellungen und Sehnsüchten befragt, danach, mit welchen Erzählungen sie aufgebaut sind, wie sie konstituiert sind, und was sie zusammenhält. Deshalb das Schreiben: es ist quasi die Kernform des Erzählens und des Arbeitens mit Sprache und Narrativen. Und gleichzeitig ist es der Wunsch, mit Hilfe der Sprache seine Erfahrungen durchzugehen und zu überprüfen: Was passiert da eigentlich? Und könnte es vielleicht auch anders betrachtet werden?
Könnte man Deinen Aufenthalt in Irsee als so eine Reise beschreiben?
Ja, das alles ist hochgradig komplex und irgendwie auch widersprüchlich und seltsam für mich. Ich bin ja nicht nach Irsee gekommen, weil ich mir den Ort ausgewählt habe. Der Ort hat sich eher mich ausgewählt, bzw. die Verantwortlichen dieses Projekts haben mich ausgewählt. Ich bin nicht nach Irsee gekommen, weil ich einen Schreibimpuls hatte, der mit Irsee oder einem Dorf im Allgäu zu tun hat, sondern ich wurde von einer Institution quasi zugewiesen. Trotzdem interessieren mich hier genau die gleichen Dinge. Wenn ich hier spazierengehe, dann möchte ich keine Postkartenversion des Ortes zu sehen bekommen. Das wäre so, als würde man durch den Ort und zum Kloster gehen und sich sagen: „Ah, das ist ja wirklich ganz besonders malerisch mit den Bäumen, den Türmchen und den Hügeln“, und dann aber vergessen, dass der Ort auch eine dunkle Geschichte hat. Es ist ja nicht so, dass das hier versteckt würde, es wird einiges getan, damit es im Bewusstsein bleibt. Aber deshalb würde ich hier genauso wenig von einem Urlaub sprechen, oder davon, dass ich mich so sehr aus den Verhältnissen des Ortes herausnehme, dass mir diese historische Dimension nicht mehr auffallen würde.
Andererseits ist es aber natürlich auch sehr schwierig mit der aktuellen Situation der Pandemie: Man kann sich nicht einfach ins Gasthaus setzen, und „normal“ mit den Leuten in ein Gespräch kommen. Man ist eigentlich immer nur Gast und in meinem Fall sogar nur für ein paar Wochen. Da kann man nur bedingt in die Tiefe gehen. Ich habe hauptsächlich vorverabredete Treffen, Sylvia Heudecker, die das hier vor Ort organisiert, spielt mir immer wieder mögliche Kontakte zu. Sie sagt zum Beispiel: „Der hier könnte interessant sein“, oder ich frage sie nach bestimmten Personen. Dann verabrede ich mich mit diesen Personen und wir müssen meistens einen Spaziergang machen, Innenräume sind ja noch immer problematisch. Das ganze Treffen hat dadurch etwas Gezwungenes an sich – das ist seltsam.
Woher nimmst Du normalerweise Deine Inspiration zum Schreiben?
Naja, ich würde sagen vom Leben. Von der gefühlten Unfähigkeit, anders mit dem Leben umzugehen als schreibend. Von dem Bedürfnis, das Leben zu dokumentieren, das Denken festzuhalten und so über das, was man ohne Notation im Kopf behalten kann, hinaus zu kommen. Und natürlich inspirieren mich auch andere Bücher, das, was schon vor mir geschrieben und erzählt wurde, Filme auch, überhaupt alle Kunstformen, die versuchen, sich das Leben zu vergegenwärtigen.
Ich bin in einem mehr oder weniger ereignisarmen Ort aufgewachsen und hatte früh das Bedürfnis nach mehr Erzählungen, mehr Geschichte und Geschichten. Fast manisch bin ich erstmal in Richtung der Filme gegangen, habe sehr viel geschaut und irgendwann entdeckt, dass es auch Bücher gibt und diese unter Umständen sogar detaillierter und präziser formulieren können, was in den Köpfen der Menschen vorgeht. Das hat dann bewirkt, dass ich so etwas auch selber können und machen wollte. Dass ich selber schreiben wollte.
Hast Du konkrete Vorbilder für Dein Schreiben? Findet man sie auch in Deinen Werken wieder?
Ja, ich denke, bei jedem Buch befindet man sich während dem Schreiben in einer konkreten Lebenssituation. Und für verschiedene Bücher sind damit verschiedene Autorinnen und Autoren wichtig. Das können ganz unterschiedliche Leute sein: Für das erste Buch musste ich mich zum Beispiel erst sehr stark an W. G. Sebald abarbeiten, den ich kurz zuvor entdeckt hatte. Seine Art zu arbeiten, Bilder zu verwenden, seine Sprache haben mich eine Weile lang sehr intensiv beschäftigt. Ich musste an ihm erst vorbeikommen und dabei vor allem einen Weg finden, diese Literatur nicht einfach nur abzuschreiben. Ich wollte keine schlechte Kopie produzieren, sondern mein Eigenes herausfinden, das natürlich beeinflusst und inspiriert ist, aber dabei gleichzeitig mehr mit mir als mit seinem Vorbild zu tun hat.
Man liest ja immer wieder Bücher, die einem so hochgradig plausibel sind in ihrer Funktionsweise und Machart, dass man erstmal gar nicht begreifen kann, wie noch anders geschrieben werden könnte. An so einem Punkt muss man sich vergegenwärtigen, wer man selber im Verhältnis zu dem Buch und gleichzeitig im Verhältnis zu dem eigenen Schreiben ist. Sowohl Schreiben als auch Sprachgefühl sind sehr anfällig für äußere Einflüsse, sind ständig im Wandel. Es ist ja nicht so, als wären sie festgesetzt.
Ich finde es hochgradig dubios, wenn Leute einen Stil wie ein Brett in ihr Schreiben reingezogen haben und diesen Stil einfach die ganze Zeit durchhalten, entweder weil es funktioniert oder sie einfach an einen gewissen Punkt gekommen sind, ab dem der Stil nicht mehr affizierbar von anderen Schreibweisen, anderen Orten oder Erfahrungen ist.
Wie sieht ein normaler Schreibprozess bei Dir aus? Nimmst Du Dir am Tag drei oder vier Stunden Zeit, in denen Du nur schreibst, oder variiert das von Tag zu Tag? Wachst Du auch manchmal nachts auf, weil Dir etwas in den Kopf schießt?
Nachts wache ich schon manchmal auf, das ist dann aber nicht so angenehm. Ich versuche in der Wirklichkeit regelmäßig zu arbeiten und recht regelmäßige Schreibzeiten in den Tag einzubauen. Das ist überwiegend vormittags: Ich versuche relativ früh aufzustehen, mich ohne größere Umwege an den Tisch zu setzen, erstmal in den Text zu gehen und mich vorher von anderen Dingen nicht zu stark ablenken zu lassen, zum Beispiel von Kommunikation, Videos, dem Internet, mich also erstmal auf das Schreiben zu konzentrieren.
Drei bis vier Stunden sind dann auch sehr viel Zeit – wenn man es schafft sich über so einen großen Zeitraum zu konzentrieren, dann ist das Tagwerk eigentlich schon getan. Danach kann ich rausgehen, jemanden treffen, andere Dinge machen. Und später vielleicht noch einmal zu dem Text zurückkehren und versuchen, ihn in einem Zustand zu hinterlassen, bei dem man sich selbst möglichst wenig Hürden bei der Wiederaufnahme in den Weg stellt. Dann kommt man am nächsten Tag einfacher wieder rein.
Manchmal denke ich mir aber auch: Das ist eigentlich absurd. Man ist jung und gesund und schafft sich trotzdem so eine Art Rentnerlebensrhythmus, sitzt allein vor dem Gerät und denkt sich Sachen aus. Das ist immer wieder komisch, und manchmal akzeptiert das Leben es auch einfach nicht und alle anderen Aspekte schreien einen quasi an und sagen: „Nein, das ist Unsinn! Raus mit Dir! Das ist jetzt wichtiger“. Das ist wahrscheinlich ein ewiger Konflikt, den wahrscheinlich viele Schreibende teilen, nämlich bis zu welchem Grad man dieses Anschreien überhört und trotzdem sitzen bleibt. Und ab welchem Punkt man sich von der Arbeit weglocken lässt. Irgendwann ist man nämlich tatsächlich alt und muss sich fragen, ob das, was man geschaffen hat, die Abwesenheit aus dem Leben und der Gesellschaft mit den Lebendigen wert gewesen ist. Deshalb ist es wirklich nicht schlecht, einen Rhythmus zu haben. Dadurch wird mehr Zeit halbwegs frei verfügbar, die man auch für andere Menschen reservieren kann. Unter normalen Umständen, wenn hier nicht alles dicht wäre, dann wäre es zumindest bei mir so, dass ich abends unter Menschen oder in die Kneipe gehe, jemanden treffe, besucht werde. Das ist einfach extrem wichtig.
Was vielleicht noch zu dem Thema des Schreibprozesses passt, ist: Hast Du Schreibblockaden und, wenn ja, wie gehst Du damit um?
Schreibblockaden habe ich nicht in dem Sinn, dass ich nicht wüsste, was zu schreiben. Eher im Gegenteil: ich denke, es ist gar nicht genug Zeit und man kann sich kaum entscheiden zwischen all dem, was möglicherweise noch zu behandeln wäre. Eher in der Hinsicht – das korrespondiert vielleicht auch mit dem Thema von vorhin –, dass das, was man macht, einem schrecklich eitel vorkommt oder sinnlos und total irrsinnig. Man denkt dann: „Was soll das denn? Es liest ja eh keiner mehr oder es ändert nichts, man müsste viel aktiver sein, viel mehr tun, was einen direkteren Einfluss auf die Verhältnisse hat, in denen man sich befindet“. Manchmal kann das lähmende Ausmaße annehmen und man kann sich tagelang nicht selber davon überzeugen, dass das eigene Tun schon das richtige ist, dass es Sinn und sein Recht hat. Dieses Gefühl muss man aussitzen, um mit ihm umzugehen.
Was aber immer hilft, ist tatsächlich zu lesen! Wenn man die Bücher der anderen liest, leuchtet es einem dann doch sehr schnell wieder ein, was das Schreiben für ein ungeheures Potential hat, was es kann. Welche Rettung die Existenz der Bücher anderer in meinem Leben immer wieder gewesen ist – das Wissen, dass es die Literatur und das Erzählen gibt, und in ihnen den Versuch weiterzumachen, trotzdem und ganz gleich, ob es letztendlich vergeblich ist.
Hattest Du noch nie eine Phase, in der Du gesagt hast: „Ich kann nicht mehr, ich würde lieber etwas Anderes machen“?
Doch, eben! Ganz oft, aber bis jetzt konnte ich das immer wieder abwenden. Aber ich habe mir sehr oft gedacht: Warum habe ich kein Abitur gemacht, und etwas Anständiges studiert? Warum habe ich diesen Quatsch studiert, den man nicht einmal richtig studieren kann – Schreiben – , warum bin ich nicht zum Beispiel Arzt geworden, sondern sitze hier, mache Kunst und gleichzeitig allen andern etwas vor, als wäre ich jemand, der das machen sollte, überhaupt könnte?
Es ist nicht zu unterschätzen, wie hinterhältig diese eigenen Dämonen sein können. Sie flüstern einem ein, dass es nicht geht, nichts bringt oder totaler Quatsch ist. In meinem Fall ist es so: Die Rückkehr zum Schreiben ist auch eine pragmatische Entscheidung. Was soll ich sonst machen? Ich habe in sehr vielen verschiedenen Jobs gearbeitet. Wenn man dafür nicht ausgebildet ist, macht das keinen Spaß, es sind Arbeitsverhältnisse, die man so schnell wie möglich wieder loswerden möchte.
Hast Du Tipps für jemanden, der oder die selber Autor*in werden möchte?
Ich erinnere mich immer sehr gut an ein sehr schönes Interview mit Ilse Aichinger, das in der ZEIT mit ihr geführt wurde. Ich glaube, das war in den Neunzigern (man kann es bestimmt noch finden, wenn man das Archiv durchsucht), in dem sie sagt: Man solle auf keinen Fall nur schreiben. Schreiben sei kein Beruf. Man brauche einen Beruf. Und das hallt immer noch in mir nach. Vor allem deswegen, weil ich selber nichts anderes mache, die Worte aber von jemandem wie Ilse Aichinger ein Gewicht haben, eine gewichtige Aussage sind. Sie machen Sinn für mich.
Ich denke, es gibt viele Leute, die sich früh auf das Schreiben konzentrieren und gleichzeitig einen Wunsch oder eine Vorstellung davon haben – und dann unter Umständen nur versuchen, ein komisches Klischeebild auszukleiden. Manche häufen oder reichern sich dann so komisch mit verschiedenen Gegenständen an: besonders schöne Stifte, Ledernotizbücher oder Ähnliches. Es werden alle möglichen äußeren Verhältnisse hergestellt, damit das „Wesentliche“ passieren kann.
Ich denke aber, worauf es ankommt, ist einfach: mitschreiben. Erst mal mitzubekommen, was um einen herum passiert und das dann auf eine Art mitzuschreiben, die nicht nur abschreibt, was andere schon geschrieben haben, sondern so zu schreiben, wie man denkt und wie man wahrnimmt – wer man ist.
Und außerdem: einfach ganz viel lesen. Ich würde allen Leuten die schreiben wollen, immer dazu raten, extrem viel zu lesen. Ich glaube es gibt keinen anderen Weg da rein, unter anderem auch sich vorzustellen, welcher absurde Aufwand hinter dem Schreiben steckt. Etwas, das ich immer sehr gerne zitiere (so sehr, dass ich eigentlich mal damit aufhören muss, damit es mir nicht selber verlogen vorkommt), ist ein Satz von Alexander Kluge: „Genie ist die Kraft, sich unendlich Mühe zu geben“. Das fand ich immer sehr schön, weil es für mich heißt, dass es drauf ankommt, sich immer wieder hinzusetzen und nicht abzulassen. Alles andere ist unerheblich. Alle möglichen Tipps: „Stellen Sie sich Dies und Das vor. Stellen Sie Ihren Stuhl auf diese oder jene Einstellung ein. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Schreibtisch nicht am Fenster steht“ sind Unfug. Das kann man getrost vergessen. Und besonders alle möglichen Listen davon, was in welchem Text vorkommen muss, an welchem Punkt welcher Plot-Point und welcher Cliffhanger kommen sollen. Es kann sein, dass man durch die Befolgung dieser Regeln sehr erfolgreiche Bücher verfassen kann, die sich gut verkaufen. Ich bezweifle aber, dass man dadurch tatsächlich einen Weg finden kann, mit dem Schreiben zu leben. Das ist vielleicht das Wesentliche.
Hast Du eher das Gefühl, dass Du für Dich selber schreibst, bzw. siehst Du den Schreibprozess an sich auch als Reinigung von Deinen Gedanken an?
Ich glaub schon, ja. Das Schreiben hilft mir auf jeden Fall beim Denken – und es hilft mir auch beim Leben. Und das Schöne ist ja: Wenn man so an die Sache herangeht, dann ist es immer ein Angebot für andere. Anders gelagerte Bücher kann ich selber nur sehr schlecht lesen – ich kann es nicht akzeptieren, wenn man mich für dumm hält, das finde ich ganz unerträglich. Wenn ich zum Beispiel Bücher lese, die mir die ganze Zeit die Hand hinstrecken – da sage ich nur: Ich brauche das nicht, ich kann auch selber laufen, mir muss niemand ein Brückchen über diesen Bach bauen, der ist wirklich nur sehr schmal, da komme ich auch so drüber – diese Bücher kann ich einfach nicht lesen. Die Bücher, die mir etwas bedeuten und mich lange beschäftigen, sind die, die quasi „für mich“ geschrieben sind. Das passiert dann, wenn sich jemand wirklich existenziell mit einer Sache auseinandersetzt und das ist dann wiederum sehr egozentrisch. Es ist eine paradoxe Bewegung, dass man einerseits für sich sehr intensiv versucht, einer Sache auf den Grund zu gehen und es dadurch plötzlich wahnsinnig plausibel für Andere werden kann. Viel eher, als wenn man nur versucht, sein eigenes Denken oder seine Ansicht für andere möglichst verständlich zu machen. Nur so kann wahrscheinlich etwas Neues entstehen: nur, wenn man darauf vertraut, dass die eigene Sicht auf die Dinge ausreichend, wertvoll oder richtig (was auch immer das für eine Kategorie wäre) ist, und das auch so aufschreibt. Jemand anderem kann man damit vielleicht eine Formulierung anbieten, die die Person für sich selber noch nicht hatte, denselben Sachverhalt schon wahrgenommen und nur noch nicht in Sprache gefasst hat.
Das bewundere ich auch an den alten Texten von Peter Handke. Die Neuen finde ich nicht mehr so interessant, aber gerade bei den älteren Texten hatte ich immer das Gefühl, dass sie wahnsinnig voll von Formulierungen sind, in denen jemand einfach ganz genau hingesehen und dabei einer Sache, die für alle Anderen bis dahin zu unbedeutend zum Befassen war, einen Namen und eine Beschreibung gegeben hat. Diese Dinge sind dann da, sie sind in der Welt, nur durch die Beschreibung. Das Feld dessen, was man selber wahrnehmen und begreifen kann, wird unglaublich ausgeweitet.
Für mich ist das eine der wichtigsten „Aufgaben“ – wenn es die gibt – der Literatur: diese Art der Erweiterung des Wahrnehmbaren. Das Wahrnehmbare wird erweitert und bereichert, man kann sich mehr und andere Verhältnisse vorstellen. Und möglicherweise eine andere Art von Leben als das, das man gerade angeboten bekommt.
Du meintest, das Lesen sei eine Deiner größten Inspirationen für den Schreibprozess. Welche Bücher hast Du selber gerade mit nach Irsee genommen?
Die liegen hier um mich herum. Mein eigenes Buch habe ich nicht mitgenommen, das habe ich mir jetzt erst für eine Lesung ausgeliehen. Gerade lese ich das Holzschiff, den ersten Teil von Fluss ohne Ufer von Hans Henny Jahn. Das wollte ich immer lesen und dachte mir, das hier wäre ein guter Ort, um ein richtig dickes Buch anzufangen. Gerade bin ich im ersten Teil.
Ein Kollege, Uwe Schütte, hat mir dann außerdem ein dickes Buch über den erwähnten W. G. Sebald geschenkt. Das lese ich jetzt gerade. Das Buch finde ich interessant, weil Sebald ja selber biographisch in dieser Region verwurzelt ist: Er kommt aus Wertach. Gerade jetzt finde ich aber auch die Beschäftigung mit der Beschäftigung spannend: Weil ich ja selber unter Observation stehe, war der Gedanke sehr interessant, eine Betrachtung über einen Betrachter zu lesen.
Und, weil ich sie sehr toll finde, habe ich mir die Essays von James Baldwin mitgenommen. Das ist ein gesammelter Essay-Band, und er ist auf so eine Art präzise, die ich für mich selber als unerreichbar empfinde. Ich dachte, das wäre gut mit dabei zu haben. Ich habe hier einen Text beendet, der selber eher ein literarischer Essay ist.
Außerdem habe ich noch von Herbert Marcuse Triebstruktur und Gesellschaft. Das ist eine Art soziologische Nutzbarmachung der Psychoanalyse und eine Vorbereitung für das Buch, an dem ich grade sitze.
Neben dem, was ich mitgenommen habe, fällt einem natürlich auch immer mal wieder etwas in die Hände: Weil man mit den Menschen in Irsee ja durch die Kennenlern-Spaziergänge nur sehr schwer in Kontakt kommt (die fühlen sich an wie unausgesetzte Blind-Dates), habe ich mit den Betreiberinnen der Ortsbücherei jetzt ausgemacht, dort für zwei Schichten auszuhelfen. Ich werde am Montag ins System eingelernt und habe dann durch die Büchereischichten die Möglichkeit, mit einer Aufgabe herumzusitzen. Die Anwohner gehen ein und aus und ich kann mich mit ihnen unterhalten und ihnen Bücher ausleihen. Was ja an sich eine wunderschöne Tätigkeit ist. Ich gehe davon aus, dass dort auch ganz viele Empfehlungen von den Besuchern an einen herangetragen werden.
In der letzten Seminarsitzung hattest Du darüber gesprochen, dass Enden Dir schwerfallen. In Deinem Werk durchlaufen Deine Charaktere oftmals Identitätskrisen, in Malé werden die Krisen und die Stagnation in der Weiterentwicklung dann beispielsweise auch gar nicht mehr aufgelöst. Bewegen wir uns Deiner Meinung nach in eine postidentitäre Gesellschaft – oder sind wir schon mitten drin?
Identitäten sind ein hochkomplexes Feld und eine sehr, sehr widersprüchliche Angelegenheit – ich selber glaube nicht so richtig daran. Ich würde für mich selber keine Identität beanspruchen und finde es grundsätzlich ratsam, ein skeptisches Verhältnis einzunehmen. Die Gleichmachung mit einer Gruppe: diese Wortbedeutung beinhaltet ja schon die Aufgabe von Individualität, bzw. noch schlimmer: den Ausschluss anderer, die nicht die gleichen Voraussetzungen erfüllen.
Leben wir in einer postidentitären Gesellschaft? Ich glaube nicht. Das Thema ist für sehr viele wahnsinnig wichtig, und in meiner Wahrnehmung der Gesellschaft, in der ich lebe, ist es bei weitem nicht überholt oder überkommen, sondern wichtig, gefährlich und präsent. Ein anderer Aspekt und eine wichtige Angelegenheit ist die Frage nach Identitätspolitik und der Sichtbarmachung von Minderheiten und deren Rechten (bzw. der Abwesenheit von ausreichenden Rechten).
Auf die Frage bezogen: nein. Identitäten sind im öffentlichen Diskurs noch etwas Ungeklärtes, das vielerorts starke Reaktionen auslöst. Deshalb ist es wahrscheinlich auch folgerichtig, dass die Identitätskrisen der Figuren in den Büchern nicht auflösbar sind – daraus gibt es letzten Endes ja keinen Weg heraus. Wenn man einmal in so eine Krise gekommen ist, in der man sich fragt: „Womit bin ich eigentlich gemein und warum fühle ich mich mit dieser Gesellschaft nur so unzureichend verbunden, wer bin ich überhaupt und inwiefern unterscheide ich mich von den anderen?“, sehe ich keinen Weg, das zu einem befriedigenden Ende zu bringen. Ich merke schon, ich habe mich jetzt ein bisschen um Kopf und Kragen geredet, aber es ist auch wirklich ein ganz schöner Knaller.
Könnte man dann sagen, dass einerseits die Erzählstränge und andererseits die Figuren in Malé gerade dadurch verbunden werden, dass sie sich, in Bezug auf ihre Identität, in nichts verbunden fühlen?
Sie wünschen sich schon teilweise ähnliche Dinge. Geborgenheit, Aufgehobensein, Gesellschaft, Liebe. Ich würde selber erstmal davon zurücktreten zu sagen, dass der Fakt, dass sie nichts verbindet, der einzige verbindende Faktor der Figuren ist. Das glaube ich eigentlich nicht, aber die Bücher sind natürlich ein Versuch, sich diesen Fragen und diesem Gefühl zu nähern. Sich diesem Lebensgefühl zu nähern, dass es in Gesellschaft anderer so ein großes Empfinden von Fremdheit und gleichzeitig von Einsamkeit geben kann, ein Gefühl, von dem man schon weiß, dass man es auch nicht loswird, wenn man sich mit noch mehr Menschen umgibt. Am Ende gibt es eben kein Happy End und keine Auflösung dafür. Und darauf sind die Bücher auch nicht ausgerichtet. Ich misstraue dem Ende, ich glaube nicht, dass die Geschichten zu Ende gehen: Es geht ja immer weiter und alles ist letztendlich nur ein Anlass, es noch einmal zu versuchen und es gleich wieder falsch oder eben richtig zu machen.
Das Gespräch führten Marie Böckeler, Sarah Sosinski und Stefanie Katzameyer.