Salon Feuchtwanger
Marta Feuchtwanger liebte die Rolle der Gastgeberin und verkörperte sie mit viel Phantasie.
Viel Geld besaßen wir alle nicht. Manche hatten gar keines. Aber zu ein paar belegten Brötchen und einer Bowle reichte es immer. Meist brachten auch die Gäste etwas mit. Stets wurden viele erwartet, aber fast immer kamen mehr als geladen. Wenn nicht genug Stühle da waren, legte man Matratzen aus, man saß halb, man lag halb, es wurde etwas getanzt, es wurde etwas geküsst, man hockte eng beieinander. Die Räume waren halb dunkel, beleuchtet durch Lampions und verhängte Lampen.
(Marta Feuchtwanger: Nur eine Frau, a.a.O., S. 128)
Man sprach über die Kulturereignisse der Stadt: Premieren, Ausstellungen, literarische Neuerscheinungen. Manchmal las Lion Feuchtwanger den geladenen Gästen aus seinen Werken vor – auch das hatte seine Frau inszeniert.
Sie war zuständig für das Erscheinungsbild dieses Autors, der zwar ehrgeizig war, aber so gar kein Talent zur Repräsentation hatte. Lions Scheu in der Öffentlichkeit erklärte Martas Rolle. Sie war nicht nur Geliebte, Hausfrau und Begleiterin, sie wertete die gesellschaftliche Selbstdarstellung dieses Großschriftstellers auf, bekleidete aus ihrem Verständnis heraus eine repräsentative Funktion. Sie gab ihm Sex und Klasse, er ihr einen gesellschaftlichen Status [...]
(Flügge, Manfred [2008]: Die vier Leben der Marta Feuchtwanger, a.a.O., S. 88)
Nach der Premiere des Stückes Eduard II., das Brecht mit Unterstützung von Feuchtwanger geschrieben hatte, ging man in die Odeon-Bar. Marta Feuchtwanger berichtet:
Auf der einen Seite saß der Erich Maria Remarque, Rainer Maria Rilke war da – alles, was einen Namen hatte. Wir konnten hören, wie sie redeten: „Gehen Sie nachher auch zu Feuchtwangers? – wir gehen alle hin.“ Viele Leute kannten wir gar nicht. Einer folgte dem anderen. Als wir in unsere Straße kamen, war die schwarz vor wartenden Leuten. Alle hatten Körbe und Pakete dabei mit Esswaren, man konnte ja nichts kaufen. Dann gingen wir rauf in die große, von einem General möblierte Wohnung. Da wurde der Teppich zusammengerollt, und es wurde getanzt und getrunken. Ein Mädchen zog sich aus und sprang am Caspar Neher hoch. Das war ein schöner, blonder Mann, der für Brecht die Dekorationen entwarf. Das Mädchen hat er weggeschleudert und gesagt, ich will nichts mit dir zu tun haben. Alle waren schon etwas betrunken. Da klingelte es, und es kam der Generalintendant Jessner. Und ich sagte: „Jetzt fehlt bloß noch der Ihering“. Die beiden waren nämlich verfeindet wegen einer Pressefehde. Ich mach die Tür auf, und wer steht draußen? Ihering.
(Marta Feuchtwanger: Leben mit Lion, a.a.O., S. 29f.)
Weitere Kapitel:
Marta Feuchtwanger liebte die Rolle der Gastgeberin und verkörperte sie mit viel Phantasie.
Viel Geld besaßen wir alle nicht. Manche hatten gar keines. Aber zu ein paar belegten Brötchen und einer Bowle reichte es immer. Meist brachten auch die Gäste etwas mit. Stets wurden viele erwartet, aber fast immer kamen mehr als geladen. Wenn nicht genug Stühle da waren, legte man Matratzen aus, man saß halb, man lag halb, es wurde etwas getanzt, es wurde etwas geküsst, man hockte eng beieinander. Die Räume waren halb dunkel, beleuchtet durch Lampions und verhängte Lampen.
(Marta Feuchtwanger: Nur eine Frau, a.a.O., S. 128)
Man sprach über die Kulturereignisse der Stadt: Premieren, Ausstellungen, literarische Neuerscheinungen. Manchmal las Lion Feuchtwanger den geladenen Gästen aus seinen Werken vor – auch das hatte seine Frau inszeniert.
Sie war zuständig für das Erscheinungsbild dieses Autors, der zwar ehrgeizig war, aber so gar kein Talent zur Repräsentation hatte. Lions Scheu in der Öffentlichkeit erklärte Martas Rolle. Sie war nicht nur Geliebte, Hausfrau und Begleiterin, sie wertete die gesellschaftliche Selbstdarstellung dieses Großschriftstellers auf, bekleidete aus ihrem Verständnis heraus eine repräsentative Funktion. Sie gab ihm Sex und Klasse, er ihr einen gesellschaftlichen Status [...]
(Flügge, Manfred [2008]: Die vier Leben der Marta Feuchtwanger, a.a.O., S. 88)
Nach der Premiere des Stückes Eduard II., das Brecht mit Unterstützung von Feuchtwanger geschrieben hatte, ging man in die Odeon-Bar. Marta Feuchtwanger berichtet:
Auf der einen Seite saß der Erich Maria Remarque, Rainer Maria Rilke war da – alles, was einen Namen hatte. Wir konnten hören, wie sie redeten: „Gehen Sie nachher auch zu Feuchtwangers? – wir gehen alle hin.“ Viele Leute kannten wir gar nicht. Einer folgte dem anderen. Als wir in unsere Straße kamen, war die schwarz vor wartenden Leuten. Alle hatten Körbe und Pakete dabei mit Esswaren, man konnte ja nichts kaufen. Dann gingen wir rauf in die große, von einem General möblierte Wohnung. Da wurde der Teppich zusammengerollt, und es wurde getanzt und getrunken. Ein Mädchen zog sich aus und sprang am Caspar Neher hoch. Das war ein schöner, blonder Mann, der für Brecht die Dekorationen entwarf. Das Mädchen hat er weggeschleudert und gesagt, ich will nichts mit dir zu tun haben. Alle waren schon etwas betrunken. Da klingelte es, und es kam der Generalintendant Jessner. Und ich sagte: „Jetzt fehlt bloß noch der Ihering“. Die beiden waren nämlich verfeindet wegen einer Pressefehde. Ich mach die Tür auf, und wer steht draußen? Ihering.
(Marta Feuchtwanger: Leben mit Lion, a.a.O., S. 29f.)