Isolde Kurz

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Isolde Kurz

Eine, die mit Verve an die Reinigung der Menschheit durch den Krieg glaubte, war die Schriftstellerin und Übersetzerin Isolde Kurz.

Wer gesteht sich‘s noch, wer wagt es auszusprechen, dass dieses Furchtbare zuerst wie eine Gnade über uns kam, wie eine Erlösung [...] Ihre glühende Bereitschaft zum Opfer und die neuerkannte Heiligkeit des Daseins [...] Der reine Hauch der großen Mythe war ringsum und ließ mich die ersten Kriegsmonate wie Gesänge des Homer miterleben. [...] Eine unsägliche Ergriffenheit ließ niemanden in diesen Sommernächten zu Hause bleiben. Die sonst so stillen Straßen Münchens fluteten immerzu vom Menschengewühl. [...] Auf allen Lippen war das ein Wort: Deutschland. Was gab es jetzt noch zu erhoffen und zu erflehen aus ungeteiltem Herzen als eben den Sieg der deutschen Waffen – und nicht einmal einen zu raschen Sieg, sagte ich leise zu mit selber, damit das Feuer der Läuterung Zeit habe. Es war eine Besessenheit wie junge Liebe [...]. Die ganze Weltweite des täglichen Denkens zusammengezogen in das Eine: Vaterland!

(Isolde Kurz: Die Pilgerfahrt nach dem Unerreichlichen. Lebensrückschau. Rainer Wunderlich Verlag. Tübingen 1938, S. 558-560.)

Und mit eben solcher Begeisterung glaubte sie an die moralische Überlegenheit ihrer Landsleute.

Ich wusste das Eine, dass der Deutsche in der Billigkeit gegen den Feind allein dastehen würde. Ich sah die ersten gefangenen Franzosen über den Karlsplatz führen, von der Menge mit Achtung empfangen, nicht Neugier noch Gehässigkeit stierte sie an, viele wandten vor dem Unglück die Augen ab. Wie mochten die Unseren im gleichen Falle drüben empfangen werden? Ich gab mich darüber keiner Täuschung hin. Umso höher stiegen mir in den ersten Kriegswochen die Meinen. Ich erwog in meinem Herzen, ob nicht der Dichter künftig darauf verzichten müsse, eine Dichtung zu schreiben, die unter Deutschen spiele, denn zur richtigen Gewichtsverteilung gehören auch die Schlechten. Aber es gab keine Schlechten in diesem Volk, jeder war ein Ritter und Edelmann [...].

(Ebda., S. 566f.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

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