Ludwig Ganghofer: Kriegsberichterstatter
Vor Kriegsausbruch befindet sich Ludwig Ganghofer in seinem Tiroler Jagdhaus Hubertus; noch einmal haben er und seine Familie am zweiten Pfingstfeiertag 1914 die befreundete Familie Alexander in Mittenwald besucht. Im Zuge der neuen politischen Ereignisse reisen die Ganghofers wieder zurück nach München. Das Gästebuch Alexander vom 6. August 1914 enthält ein Bild ihrer Abfahrt vom Bahnhof Mittenwald, kommentiert mit den Worten „Aufbruch unserer lieben Ganghofers zu den Waffen!“
In München gibt es die ersten französischen Gefangenen und erbeuteten Kriegskanonen zu sehen. Ganghofer ist vom ersten Tag an voller Begeisterung für den Krieg und will seinen Beitrag fürs Vaterland leisten. Bereits am 6. August schickt er ein Schreiben an das bayerische Kriegsministerium ab, worin er – nun fast 60-jährig – um eine Verwendung im Heeresdienst bittet. Schon einmal, 1870, bei Ausbruch des deutsch-französischen Krieges, ist er als Fünfzehnjähriger zu den Fahnen geeilt und von einem Feldwebel grob abgefertigt worden.
Dass er ein guter Schütze ist und nur wegen Fieberanfällen als Gefreiter ausgemustert wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass Ganghofer erneut abgelehnt wird. Als eine Art Ersatzdienst nimmt er sich vor, jeden Tag mindestens ein Gedicht zu verfassen – in 152 Tagen (vom 28. Juli bis 20. Dezember 1914) entstehen so insgesamt 91 „Kriegslieder“, veröffentlicht in zwei Bänden unter dem Titel Eiserne Zither.
Auf Empfehlung des höchsten Kriegsherrn, seines Kaisers, reist Ganghofer knapp fünf Monate später im Januar 1915 als erster deutscher Kriegsberichterstatter an die West- und Ostfront. Der erste Satz seines Kriegsbuchs Reise zur deutschen Front 1915 lautet entsprechend: „Ich soll das Gesicht dieser Zeit mit eigenen Augen sehen. Die Erwartung brennt in mir wie ein Höhenfeuer.“
Am 12. Januar 1915 schreibt er seinen ersten Bericht, am 21. August 1915 seinen letzten. Die gesammelten Frontberichte lässt Ganghofer in Ullsteins Kriegsbücher-Reihe zum Preis von 1 Mark veröffentlichen: seine beiden Bücher über den Krieg in Frankreich, Reise zur deutschen Front 1915 und Die stählerne Mauer, sowie Die Front im Osten und deren Fortsetzung Der russische Niederbruch (alle 1915) sind die Nummern 9 bis 12 dieser Reihe. Die Gesamtauflage beträgt 55.0000 Exemplare; das 1916 in Ganghofers Stuttgarter Stammverlag Bonz erschienene Buch Bei den Heeresgruppen Hindenburg und Mackensen erreicht dagegen eine Erstauflage von immerhin 10.000 Stück. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Ganghofer die Berichte von Anbeginn als Bücher mittleren Umfangs geplant hat – die Einheitlichkeit der Drucke, in denen jeweils für andere Bände seiner Kriegsberichte geworben wird, sowie die Tagebuchform sprechen für sich.
Das Kriegsgeschehen bleibt nicht ohne Folgen für ihn: „Der erste Bericht im Januar 1915 brachte Ganghofer nach seiner Verwundung – er musste den Arm lange in der Schlinge tragen – das E[iserne]K[reuz] II, der zweite Bericht am 21. August 1915 ein Augenleiden – beinahe wäre er erblindet.“ (Braito, Emil Karl [2005]: Ludwig Ganghofer und seine Zeit, S. 470)
Wie sein Freund Ludwig Thoma wird er schließlich Mitglied der 1917 gegründeten nationalistischen Deutschen Vaterlandspartei, die einen Siegfrieden für Deutschland propagiert. Nach deren Auflösung im Jahre 1918 tritt Ludwig Ganghofer nicht mehr politisch in Erscheinung.
(Adolph, Carin [1990]: Reisen zur deutschen Front, S. 3f.)
(Braito, Emil Karl [2005]: Ludwig Ganghofer und seine Zeit, S. 392ff.)
(Koch, Werner [1972]: Der Kriegsberichterstatter Ganghofer, S. 425-427)
(Scheichl, Sigurd Paul [2007]: Humor in der Kriegsberichterstattung, S. 245f.)
[Reise zur deutschen Front, 2 Teile, Berlin 1915, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz]
Weitere Kapitel:
Vor Kriegsausbruch befindet sich Ludwig Ganghofer in seinem Tiroler Jagdhaus Hubertus; noch einmal haben er und seine Familie am zweiten Pfingstfeiertag 1914 die befreundete Familie Alexander in Mittenwald besucht. Im Zuge der neuen politischen Ereignisse reisen die Ganghofers wieder zurück nach München. Das Gästebuch Alexander vom 6. August 1914 enthält ein Bild ihrer Abfahrt vom Bahnhof Mittenwald, kommentiert mit den Worten „Aufbruch unserer lieben Ganghofers zu den Waffen!“
In München gibt es die ersten französischen Gefangenen und erbeuteten Kriegskanonen zu sehen. Ganghofer ist vom ersten Tag an voller Begeisterung für den Krieg und will seinen Beitrag fürs Vaterland leisten. Bereits am 6. August schickt er ein Schreiben an das bayerische Kriegsministerium ab, worin er – nun fast 60-jährig – um eine Verwendung im Heeresdienst bittet. Schon einmal, 1870, bei Ausbruch des deutsch-französischen Krieges, ist er als Fünfzehnjähriger zu den Fahnen geeilt und von einem Feldwebel grob abgefertigt worden.
Dass er ein guter Schütze ist und nur wegen Fieberanfällen als Gefreiter ausgemustert wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass Ganghofer erneut abgelehnt wird. Als eine Art Ersatzdienst nimmt er sich vor, jeden Tag mindestens ein Gedicht zu verfassen – in 152 Tagen (vom 28. Juli bis 20. Dezember 1914) entstehen so insgesamt 91 „Kriegslieder“, veröffentlicht in zwei Bänden unter dem Titel Eiserne Zither.
Auf Empfehlung des höchsten Kriegsherrn, seines Kaisers, reist Ganghofer knapp fünf Monate später im Januar 1915 als erster deutscher Kriegsberichterstatter an die West- und Ostfront. Der erste Satz seines Kriegsbuchs Reise zur deutschen Front 1915 lautet entsprechend: „Ich soll das Gesicht dieser Zeit mit eigenen Augen sehen. Die Erwartung brennt in mir wie ein Höhenfeuer.“
Am 12. Januar 1915 schreibt er seinen ersten Bericht, am 21. August 1915 seinen letzten. Die gesammelten Frontberichte lässt Ganghofer in Ullsteins Kriegsbücher-Reihe zum Preis von 1 Mark veröffentlichen: seine beiden Bücher über den Krieg in Frankreich, Reise zur deutschen Front 1915 und Die stählerne Mauer, sowie Die Front im Osten und deren Fortsetzung Der russische Niederbruch (alle 1915) sind die Nummern 9 bis 12 dieser Reihe. Die Gesamtauflage beträgt 55.0000 Exemplare; das 1916 in Ganghofers Stuttgarter Stammverlag Bonz erschienene Buch Bei den Heeresgruppen Hindenburg und Mackensen erreicht dagegen eine Erstauflage von immerhin 10.000 Stück. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Ganghofer die Berichte von Anbeginn als Bücher mittleren Umfangs geplant hat – die Einheitlichkeit der Drucke, in denen jeweils für andere Bände seiner Kriegsberichte geworben wird, sowie die Tagebuchform sprechen für sich.
Das Kriegsgeschehen bleibt nicht ohne Folgen für ihn: „Der erste Bericht im Januar 1915 brachte Ganghofer nach seiner Verwundung – er musste den Arm lange in der Schlinge tragen – das E[iserne]K[reuz] II, der zweite Bericht am 21. August 1915 ein Augenleiden – beinahe wäre er erblindet.“ (Braito, Emil Karl [2005]: Ludwig Ganghofer und seine Zeit, S. 470)
Wie sein Freund Ludwig Thoma wird er schließlich Mitglied der 1917 gegründeten nationalistischen Deutschen Vaterlandspartei, die einen Siegfrieden für Deutschland propagiert. Nach deren Auflösung im Jahre 1918 tritt Ludwig Ganghofer nicht mehr politisch in Erscheinung.
(Adolph, Carin [1990]: Reisen zur deutschen Front, S. 3f.)
(Braito, Emil Karl [2005]: Ludwig Ganghofer und seine Zeit, S. 392ff.)
(Koch, Werner [1972]: Der Kriegsberichterstatter Ganghofer, S. 425-427)
(Scheichl, Sigurd Paul [2007]: Humor in der Kriegsberichterstattung, S. 245f.)
[Reise zur deutschen Front, 2 Teile, Berlin 1915, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz]