Ludwig Thoma: Als Sanitäter an der Front
Bei Kriegsausbruch meldet sich Ludwig Thoma „zu jeglichem Sanitätsdienst“, findet jedoch vorerst keine Verwendung: „Ich habe mich schon am 31. Juli, dann am 2. August wieder bei unserem Generalarzt zu jedem Sanitätsdienst gemeldet. Er war sogleich dafür, mich in seinem Feldlazarett aufzunehmen, und machte selbst den Vorschlag dazu, aber ich muß warten, vorschriftsmäßige Dienstwege gehen und verzehre mich in Ungeduld.“ (Brief an Conrad Haussmann vom 7. August 1914) Mitte Oktober kommt er an die Vogesenfront, wo er den bayerischen Truppen Hilfsgüter-Sendungen, sog. „Liebesgaben“, überbringt, ebenso Anfang 1915 in Belgien und Nordfrankreich. Dazwischen schreibt er seine Einakter Der erste August (Herbst) und Christnacht 1914 (Dezember).
Am 1. April 1915 reist der 48-jährige Autor als Sanitäter nach Frankreich; bis zum 22. April ist er im II. Bayerischen Kraftwagen-Transport-Zug des Roten Kreuzes beim 41. Reserve-Armee-Korps an der Westfront stationiert. Vier Tage später, am 26. April, ist Thoma an der Ostfront in Galizien und Russland. Anfang Mai erlebt er schwere Kämpfe in Galizien – seiner geschiedenen Frau Marion, mit der er in Verbindung geblieben ist, schreibt er am 4. Mai:
Ich habe die Schlacht bei Gorlice angesehen und war Zuschauer bis Mittag 1 Uhr. Dann kam die Arbeit, die heute noch dauert und lange dauern wird. Wie viele liebe deutsche Kameraden habe ich getragen, und wie viele haben mir die Arme um den Hals gelegt, vertrauensvoll wie Kinder. Das geht so weiter, Tag u. Nacht u. Nacht u. Tag. Aber das Herz schlägt fort über den Sieg u. da gibt es keinen Schlaf oder doch keine Müdigkeit.
(zit. n. Richard Lemp [1984]: Ludwig Thoma, S. 144)
In einem Brief vom 9. Mai 1915 ist zu lesen: „Gestern war der Kaiser bei uns, das heißt bei der Armee. Ich sah ihn vorbeifahren und schwenkte heftig mit Hurra meine Mütze!“ Thomas Lieblingsziel seines mitunter rüdesten Spottes, der verachtete preußische Wilhelm II., wird jetzt von ihm mit einem schallenden Hurra bedacht.
Am 6. Juni wird Ludwig Thoma mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Er informiert umgehend den Simplicissimus-Zeichner und Karikaturisten Wilhelm Schulz: „Gestern, Willem, bin ich Preuße geworden. Ich habe das Eiserne Kreuz bekommen und will mit dem schwarzweißen Band leben und sterben und mal im Grabe liegen.“
Die Strapazen sind jedoch zu anstrengend für Thoma – im August erkrankt er in Brest-Litowsk an der Ruhr und wird am 1. September 1915 wieder in die Heimat zurückgeschickt. Dem Berliner Kriegsministerium bietet er sich gleichwohl weiter als Schreiber von Kurzgeschichten und Gedichten für Militärpostkarten an.
Auf seinem Anwesen „Auf der Tuften“ am Tegernsee, wo Thoma inzwischen eine aus der Ferne sichtbare weißblaue Fahne aufgezogen und sich eine Böllerkanone zugelegt hat, will er die jeweiligen militärischen Erfolge gebührend feiern.
(Lemp, Richard [1984]: Ludwig Thoma, S. 27 und 144)
(Thumser, Gerd [1966]: Ludwig Thoma und seine Welt, S. 189ff.)
(Wilhelm, Hermann [2013]: München im Ersten Weltkrieg, S. 72-75)
Weitere Kapitel:
Bei Kriegsausbruch meldet sich Ludwig Thoma „zu jeglichem Sanitätsdienst“, findet jedoch vorerst keine Verwendung: „Ich habe mich schon am 31. Juli, dann am 2. August wieder bei unserem Generalarzt zu jedem Sanitätsdienst gemeldet. Er war sogleich dafür, mich in seinem Feldlazarett aufzunehmen, und machte selbst den Vorschlag dazu, aber ich muß warten, vorschriftsmäßige Dienstwege gehen und verzehre mich in Ungeduld.“ (Brief an Conrad Haussmann vom 7. August 1914) Mitte Oktober kommt er an die Vogesenfront, wo er den bayerischen Truppen Hilfsgüter-Sendungen, sog. „Liebesgaben“, überbringt, ebenso Anfang 1915 in Belgien und Nordfrankreich. Dazwischen schreibt er seine Einakter Der erste August (Herbst) und Christnacht 1914 (Dezember).
Am 1. April 1915 reist der 48-jährige Autor als Sanitäter nach Frankreich; bis zum 22. April ist er im II. Bayerischen Kraftwagen-Transport-Zug des Roten Kreuzes beim 41. Reserve-Armee-Korps an der Westfront stationiert. Vier Tage später, am 26. April, ist Thoma an der Ostfront in Galizien und Russland. Anfang Mai erlebt er schwere Kämpfe in Galizien – seiner geschiedenen Frau Marion, mit der er in Verbindung geblieben ist, schreibt er am 4. Mai:
Ich habe die Schlacht bei Gorlice angesehen und war Zuschauer bis Mittag 1 Uhr. Dann kam die Arbeit, die heute noch dauert und lange dauern wird. Wie viele liebe deutsche Kameraden habe ich getragen, und wie viele haben mir die Arme um den Hals gelegt, vertrauensvoll wie Kinder. Das geht so weiter, Tag u. Nacht u. Nacht u. Tag. Aber das Herz schlägt fort über den Sieg u. da gibt es keinen Schlaf oder doch keine Müdigkeit.
(zit. n. Richard Lemp [1984]: Ludwig Thoma, S. 144)
In einem Brief vom 9. Mai 1915 ist zu lesen: „Gestern war der Kaiser bei uns, das heißt bei der Armee. Ich sah ihn vorbeifahren und schwenkte heftig mit Hurra meine Mütze!“ Thomas Lieblingsziel seines mitunter rüdesten Spottes, der verachtete preußische Wilhelm II., wird jetzt von ihm mit einem schallenden Hurra bedacht.
Am 6. Juni wird Ludwig Thoma mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Er informiert umgehend den Simplicissimus-Zeichner und Karikaturisten Wilhelm Schulz: „Gestern, Willem, bin ich Preuße geworden. Ich habe das Eiserne Kreuz bekommen und will mit dem schwarzweißen Band leben und sterben und mal im Grabe liegen.“
Die Strapazen sind jedoch zu anstrengend für Thoma – im August erkrankt er in Brest-Litowsk an der Ruhr und wird am 1. September 1915 wieder in die Heimat zurückgeschickt. Dem Berliner Kriegsministerium bietet er sich gleichwohl weiter als Schreiber von Kurzgeschichten und Gedichten für Militärpostkarten an.
Auf seinem Anwesen „Auf der Tuften“ am Tegernsee, wo Thoma inzwischen eine aus der Ferne sichtbare weißblaue Fahne aufgezogen und sich eine Böllerkanone zugelegt hat, will er die jeweiligen militärischen Erfolge gebührend feiern.
(Lemp, Richard [1984]: Ludwig Thoma, S. 27 und 144)
(Thumser, Gerd [1966]: Ludwig Thoma und seine Welt, S. 189ff.)
(Wilhelm, Hermann [2013]: München im Ersten Weltkrieg, S. 72-75)