Oskar Maria Graf: Graf im Krieg

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Truppen-Stammrollen-Auszug 1. Weltkrieg, 1918

Graf entzieht sich zunächst dem Militärdienst. Seine bereits im Frühjahr 1913 mit dem späteren Maler Georg Schrimpf begonnene Vagabondage ins Tessin verhilft ihm, die Eintragung in die „Stammrolle“ für die „nächstjährige Ausmusterung zum Militärdienst“ zu vermeiden. Die Eintragung in dieses militärische Verzeichnis als „Trainreiter“ erfolgt erst am 1. Dezember 1914, als Graf zusammen mit über hundert Rekruten bei der Train-Ersatz-Abteilung der 8. Armee in München vereidigt wird. „Die Einsicht in die Unausweichlichkeit des Dienstes, die Möglichkeit einer kostenlosen Rückkehr nach München und die Ratschläge, er könne nur mit eigener Initiative Schlimmeres vermeiden, motivierten seine Meldung zum Dienst.“ (Dittmann, Ulrich [2000]: Oskar Maria Graf, S. 295) Auch die autobiografische Fiktion Wir sind Gefangene lässt einen ähnlich gearteten Schluss zu: „‚Wenn sie mich wollen, werden sie mich schon holen! Nachlaufen tu ich ihnen nicht!’„ (Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene, S. 126)

Nach zweimonatiger Ausbildung mit „Karabiner 98 und als Fahrer von Sattel und Bock“ wird Oskar Maria Graf am 29. Februar 1915 mit einer mobilen Eisenbahntruppe ins ostpreußische Insterburg versetzt. Seine Aufgaben sind die Verlegung von Telefonkabeln und das Umnageln von Bahnstrecken auf die deutsche Spurbreite. Am 5. April wird er wegen Ruhr-Verdachts wieder nach München verlegt, wo er vom 1. bis 9. Mai im Lazarett zubringt.

Erneut wird Graf von Mai bis Dezember an die Ostfront nach Russland und Litauen als Ordonnanz eines Stabsoffiziers der Eisenbahntruppen versetzt; währenddessen stirbt sein älterer Bruder Max an der Westfront (28. Mai). Graf und sein Kamerad Schönleber machen als „Etappenschweine“ die Schlacht bei Kowno mit.

Mitte Oktober wird seine Kompanie nach Lida und am 2. Dezember nach Rakischki, westlich von Dünaburg, verlegt. Hier steigern sich Grafs frühere Widersetzlichkeiten gegenüber Vorgesetzten zum offenen „Kampf“ (Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene, S. 153). Graf lässt die ihm anvertrauten Pferde weglaufen; als er sich zum wiederholten Male weigert, einem an Kolik krepierenden Gaul das Fell abzuziehen (Ebda., S. 157: „‚Verzeihung, Herr Leutnant, ich bin kein Metzger’„), soll er versetzt werden. Sein Ungehorsam und die Reaktionen seiner Vorgesetzten führen dazu, dass Graf noch in der Nähe der Front in ein Kriegslazarett der Etappeninspektion der 8. Armee in Poinjewicz eingewiesen wird (Januar 1916). Danach, am 22. Februar 1916, wird er in das brandenburgische Vereinslazarett nach Görden und anschließend in die dortige Landesirrenanstalt eingeliefert.

Am 15. April überweist man ihn in das Reserve-Lazarett und die gleichzeitige Nervenheilanstalt Haar bei München. Am 9. Dezember scheidet Graf endgültig aus dem Militärdienst aus. Die Entlassungs-Diagnose „dienstunbrauchbar, ohne Versorgung“ vom 4. Dezember zitiert auch die Kriegsstammrolle bei seiner Entlassung nach Haus, nach Berg bei Starnberg.

(Dittmann, Ulrich [2000]: Oskar Maria Graf, S. 294-299)

(Schoeller, Wilfried F. [1994]: Oskar Maria Graf, S. 75-82)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik

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