Erika Mann in Oberammergau

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Erika Mann, Mitte der 1920er Jahre (Archiv Monacensia)

Die Autorin, Schauspielerin und älteste Tochter Thomas Manns ist besonders eng mit der Landschaft südlich von München und deren Bewohnern verbunden. Als Einzige der Familie beherrscht sie akzentfrei das bairische Idiom und kann sich auf ihren Fahrten durch das Alpenvorland mit den Leuten vortrefflich unterhalten. In ihrer Schrift Oberammergau mobilisiert (1929) berichtet sie amüsiert davon, dass einem in Oberammergau anlässlich der Vorbereitungen zu den Passionsspielen „unser Herr Jesus selber“ begegnen könne und führt aus:

Ist man erst einmal aufmerksam, findet man kaum ein Haus, an dem nicht verschönt würde. Die Bilderln, die treuherzigen, bunten, müssen aufgefrischt, die Sprücherln, die lieben, tumben, verstärkt werden. So blöd sind wir nicht, dass wir euch etwa auf fremdländisch kämen, mit „welcome“ und „English spoken“ –, wir wissen, was uns reizvoll macht, sind urwüchsig boarisch, ein rauhes Bergvolk, lieblich bemalt. Mit unserem Spiel, übrigens, ist es uns wirklich ernst. Wir sind ehrgeizig und fromm –, gastfreundlich und habgierig zugleich. Daß wir uns soviel Mühe geben und unseren lieben, alten Ort vorübergehend in ein ganz künstliches Oberammergau verwandeln, in eins, das besser in Hollywood stünde, ist nicht nur Berechnung. Wir sind stolz auf unser Dorf und möchten es gern tadellos präsentieren. Das ist rührend, obgleich es uns so viel Geld bringen wird. Seht, wir laden euch, unser Spiel zu schauen – kommt ihr aber herbei, müsst ihr zu jedem Billett ein Bett euch mieten, sonst lassen wir euch gar nicht herein. Seht, wir sprechen mit schwerer Zunge den heiligen Text – ganz aus uns selbst –, nur von Schauspielern geleitet. Wir sind gläubig, nun bezahlt dafür! – (Zit. aus: Erika Mann: Blitze überm Ozean. Aufsätze, Reden, Reportagen. Hamburg 2000, S. 71f. © Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2000)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek

Sekundärliteratur:

Tworek, Elisabeth (2011): Literarische Sommerfrische. Künstler und Schriftsteller im Alpenvorland. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 223, S. 256.