Freundesstimmen

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Hugo Ball 1916

Im Herbst 1912 freundet sich Hugo Ball in München mit den Schriftstellern Hans Leybold und Richard Huelsenbeck an. Leybold, der sich 1914 erschießt, wird mit seinen Gedichten zur Inspiration für den Dadaismus. Richard Huelsenbeck beobachtet die Verwandlung seines Freunds Hugo Ball durch die Bekanntschaft mit Emmy Hennings sehr genau:

Wie groß der Einfluss dieses schwächlichen Mädchens auf Hugo Ball war, ist gar nicht abzumessen. [...] Emmy war eine der wenigen Frauen, die die Welt nicht wörtlich nehmen. Unter ihrem Einfluss wandelte sich alles in Beziehung, Erwartung und Geistigkeit. Sie war ein richtiger Engel, obwohl sie nicht den geringsten Ansatz zu Flügeln hatte. Aber sie schien in dieser Welt verloren zu sein. Sie war im besten Sinne unirdisch. Es ist gar keine Frage, dass sie diese Eigenschaften auf Hugo übertrug, sie zauberte ihm eine Art Paradies. Hugo und Emmy lebten in einer Welt, in der die Notwendigkeiten des Alltags auf ein Minimum reduziert waren. Inwieweit dies für Ball und seine Arbeit günstig war, ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Sicher ist aber, dass Hugo so stark unter dem Einfluss dieser Frau stand, dass man seine Arbeiten nicht lieben kann, wenn man diesen Einfluss nicht voll und tief begreift.

(Richard Huelsenbeck: Mit Witz, Licht und Grütze. Auf den Spuren des Dadismus. Edition Nautilus, Hamburg 1992, S. 30.)

Johannes R. Becher setzt Hugo Ball und „Seepferdchen“ Emmy Hennings 1940 in seinem Roman Abschied unter den Pseudonymen Stefan Sack und dessen Frau Magda ein literarisches Denkmal:

Sack kritzelte, im Bett liegend. Er beteuerte: „... Ich muss mit meinem Roman bis Ende des Monats fertig werden, und dann, dann beginnt ein Leben, sage ich euch...“ Er richtete sich im Bett auf und zeigte auf das beginnende Leben. Das beginnende Leben bestand aus einer möblierten Dreizimmerwohnung – eigene Möbel wollte er nicht haben  mit Aussicht auf den Englischen Garten, hoch oben im fünften Stock, Aufzug natürlich. „Am Kufsteiner Platz liegt sie, meine Dreizimmerwohnung, manchmal gehen wir dort spazieren, gelt, Seepferdchen, großartig ist sie...“ Seine Frau, das Seepferdchen, nickte über dem Abschreiben. Zum beginnenden Leben zählten auch eine Schreibmaschine und ein Dienstmädchen, zwei Anzüge, ein Regenmantel und ein warmer Mantel, und, „na, seien wir splendid, sagen wir: Schuhe, drei Paar“. In dem beginnenden Leben brauchte man nur ab und zu, vielleicht auf eine Stunde, das „Café Stefanie“ zu besuchen...

(Johannes R. Becher: Abschied. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1995, S. 352f.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl