Münchner Leidenschaften
Die Schwabinger Bohème ist hingerissen von Emmy Hennings. Die flirrt durch die Nacht, und ehe sie Hugo Ball kennenlernt, schenkt sie ihre Gunst unter anderem Erich Mühsam, der im Mai 1911 in sein Tagebuch notiert:
Der elende Tripper! Ununterbrochen macht er sich bemerkbar, stört mich in meinen Absichten, lähmt meine Aktionen, vergiftet meine Laune. [...] Gestern war es wieder grässlich. Emmy war im Café [...] sie war sichtlich geil auf mich und bat mich, ich möchte sie, ehe ich in die Torggelstube gehe, heimbegleiten. Ich tat das, ging mit hinauf zu ihr ins Atelier und regte mich an ihren Küssen furchtbar auf. Dann zog sie sich um, und ich sah sie nackt, was mich so toll machte, dass ich vor Schmerz und Wollust hätte schreien mögen. [...] Wir waren beide sehr betrübt, dass wir nicht tun konnten, worauf wir beide brannten. [...]
Nach dem Intermezzo in Emmys Atelier begleitete ich sie bis vor den Simpl. Das süße Ding trug auf dem ganzen Wege Leuchter und Kerzen in der Hand, damit sie auf dem Heimweg die Treppen hinauffinde, zumal sie die Nacht Engert versprochen hatte. Sie erzählte mir das ganz arglos und mit vielem Bedauern darüber, dass ich nicht imstande bin, meine Pflicht zu tun. Sie könne unmöglich so lange allein schlafen. Dass es gerade Engert sein sollte, war mir sehr fatal. Aber wer will den Weibern ihren Geschmack vorschreiben?
(Erich Mühsam: Tagebuch, München, Sonntag 7. Mai 1911. In: Ders.: Tagebücher 1910-1924. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1995, S. 32f.)
Auch der Dichter und spätere DDR-Kulturstaatsminister Johannes R. Becher gehört zu den Männern um Emmy Hennings.
In München war's im Cafe Stefanie,
Als ich dir, Emmi, die Gedichte sagte,
Die ich allein dir nur zu sagen wagte.
Und häufig kam das Wort vor „Irgendwie“
Am Tisch daneben spielte Mühsam Schach,
und Frank saß einem Geldmann auf der Lauer.
(Vielleicht saß der indes im Cafe Bauer?)
Ein Denker hielt mit Kokain sich wach.
[...]
(Johannes R. Becher: Cafe Stefanie. Sonett. In: Ders.: Gesammelte Werke. Bd. 4. Gedichte 1936-1941. Aufbau Verlag, Berlin und Weimar 1966, S. 248.)
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Die Schwabinger Bohème ist hingerissen von Emmy Hennings. Die flirrt durch die Nacht, und ehe sie Hugo Ball kennenlernt, schenkt sie ihre Gunst unter anderem Erich Mühsam, der im Mai 1911 in sein Tagebuch notiert:
Der elende Tripper! Ununterbrochen macht er sich bemerkbar, stört mich in meinen Absichten, lähmt meine Aktionen, vergiftet meine Laune. [...] Gestern war es wieder grässlich. Emmy war im Café [...] sie war sichtlich geil auf mich und bat mich, ich möchte sie, ehe ich in die Torggelstube gehe, heimbegleiten. Ich tat das, ging mit hinauf zu ihr ins Atelier und regte mich an ihren Küssen furchtbar auf. Dann zog sie sich um, und ich sah sie nackt, was mich so toll machte, dass ich vor Schmerz und Wollust hätte schreien mögen. [...] Wir waren beide sehr betrübt, dass wir nicht tun konnten, worauf wir beide brannten. [...]
Nach dem Intermezzo in Emmys Atelier begleitete ich sie bis vor den Simpl. Das süße Ding trug auf dem ganzen Wege Leuchter und Kerzen in der Hand, damit sie auf dem Heimweg die Treppen hinauffinde, zumal sie die Nacht Engert versprochen hatte. Sie erzählte mir das ganz arglos und mit vielem Bedauern darüber, dass ich nicht imstande bin, meine Pflicht zu tun. Sie könne unmöglich so lange allein schlafen. Dass es gerade Engert sein sollte, war mir sehr fatal. Aber wer will den Weibern ihren Geschmack vorschreiben?
(Erich Mühsam: Tagebuch, München, Sonntag 7. Mai 1911. In: Ders.: Tagebücher 1910-1924. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1995, S. 32f.)
Auch der Dichter und spätere DDR-Kulturstaatsminister Johannes R. Becher gehört zu den Männern um Emmy Hennings.
In München war's im Cafe Stefanie,
Als ich dir, Emmi, die Gedichte sagte,
Die ich allein dir nur zu sagen wagte.
Und häufig kam das Wort vor „Irgendwie“
Am Tisch daneben spielte Mühsam Schach,
und Frank saß einem Geldmann auf der Lauer.
(Vielleicht saß der indes im Cafe Bauer?)
Ein Denker hielt mit Kokain sich wach.
[...]
(Johannes R. Becher: Cafe Stefanie. Sonett. In: Ders.: Gesammelte Werke. Bd. 4. Gedichte 1936-1941. Aufbau Verlag, Berlin und Weimar 1966, S. 248.)