Familienbande
Die Romane von D. H. Lawrence werden zur Blaupause seines turbulenten Lebens mit Frieda. In Liebende Frauen porträtiert er seine Schwiegermutter, der er sehr zugetan ist, als Anna Brangwen:
Ihre Selbstzufriedenheit schien unerschütterlich, sie stand jeglicher Kritik gelassen und gleichgültig gegenüber, als wäre sie darüber erhaben. Ihre Kleidung war stets ein wenig eigenwillig und in der Regel schludrig, dennoch trug sie sie voller Gelassenheit und Gleichmut. Was immer sie anhatte, solange es einigermaßen sauber war, war sie in ihren Augen korrekt gekleidet und über jedes Gerede erhaben. Soviel Vornehmheit besaß sie von Natur aus.
(D. H. Lawrence: Liebende Frauen. Diogenes, Zürich 2008, S. 256.)
Von seinem Schwiegervater, dem preußischen Offizier Friedrich Carl Louis Ernst Emil Baron von Richthofen, ist der Schriftsteller wenig begeistert. Zu viel Trennendes liegt zwischen ihnen. Dennoch findet auch er mehrfach Eingang in D. H. Lawrence Werk:
Der Baron war vom Garten hereingekommen und trug einen alten grünen Leinenanzug. Er war von mittelgroßer Statur, behende, gut gewachsen und von unberechenbarem Charme. Seine rechte Hand war im Deutsch-Französischen Kriege zerschossen worden, und jetzt schüttelte er sie, wie immer, wenn er aufgeregt war, hin und her, als täte sie ihm weh.
(D. H. Lawrence: Dorn im Fleisch. In: Ders.: Der preußische Offizier. Sämtliche Erzählungen I. Diogenes, Zürich 1975, S. 58.)
Schwägerin Else und Ehemann Edgar Jaffé werden im autobiographischen Roman Mr. Noon dargestellt, in dem er die Monate mit Frieda in Oberbayern schildert:
Wer kennt schon die Dehnbarkeit der menschlichen Langmut. In eine Richtung jedoch war die idealistische Langmut des armen Alfred überdehnt worden fast bis zum Zerreißen. Es ist merkwürdig, wieviel leichter es ist, in großen Dingen idealistisch zu sein als in kleinen: wieviel leichter es ist, dem Heim für Einbeinige Hundert Pfund zu senden, als zuzusehen wie ein Gast zehn Löffel voll Honig ißt: wieviel leichter es ist, einen heldenhaften Tod zu sterben, als seine Schwächen zu überwinden.
Louise kam langsam die Treppe herunter. Sie war eine sehr schöne Frau mit kräftigem Granatapfel-Teint und einem wunderschön gemeißelte Gesicht. Ihr weiches, dunkelbraunes Haar hing ihr recht lose über die Ohren und war hinten zu einem einfachen Knoten aufgerollt.
(D. H. Lawrence: Mr. Noon. Autobiographischer Roman. Diogenes, Zürich 1993. S. 148 u. 163.)
Weitere Kapitel:
Die Romane von D. H. Lawrence werden zur Blaupause seines turbulenten Lebens mit Frieda. In Liebende Frauen porträtiert er seine Schwiegermutter, der er sehr zugetan ist, als Anna Brangwen:
Ihre Selbstzufriedenheit schien unerschütterlich, sie stand jeglicher Kritik gelassen und gleichgültig gegenüber, als wäre sie darüber erhaben. Ihre Kleidung war stets ein wenig eigenwillig und in der Regel schludrig, dennoch trug sie sie voller Gelassenheit und Gleichmut. Was immer sie anhatte, solange es einigermaßen sauber war, war sie in ihren Augen korrekt gekleidet und über jedes Gerede erhaben. Soviel Vornehmheit besaß sie von Natur aus.
(D. H. Lawrence: Liebende Frauen. Diogenes, Zürich 2008, S. 256.)
Von seinem Schwiegervater, dem preußischen Offizier Friedrich Carl Louis Ernst Emil Baron von Richthofen, ist der Schriftsteller wenig begeistert. Zu viel Trennendes liegt zwischen ihnen. Dennoch findet auch er mehrfach Eingang in D. H. Lawrence Werk:
Der Baron war vom Garten hereingekommen und trug einen alten grünen Leinenanzug. Er war von mittelgroßer Statur, behende, gut gewachsen und von unberechenbarem Charme. Seine rechte Hand war im Deutsch-Französischen Kriege zerschossen worden, und jetzt schüttelte er sie, wie immer, wenn er aufgeregt war, hin und her, als täte sie ihm weh.
(D. H. Lawrence: Dorn im Fleisch. In: Ders.: Der preußische Offizier. Sämtliche Erzählungen I. Diogenes, Zürich 1975, S. 58.)
Schwägerin Else und Ehemann Edgar Jaffé werden im autobiographischen Roman Mr. Noon dargestellt, in dem er die Monate mit Frieda in Oberbayern schildert:
Wer kennt schon die Dehnbarkeit der menschlichen Langmut. In eine Richtung jedoch war die idealistische Langmut des armen Alfred überdehnt worden fast bis zum Zerreißen. Es ist merkwürdig, wieviel leichter es ist, in großen Dingen idealistisch zu sein als in kleinen: wieviel leichter es ist, dem Heim für Einbeinige Hundert Pfund zu senden, als zuzusehen wie ein Gast zehn Löffel voll Honig ißt: wieviel leichter es ist, einen heldenhaften Tod zu sterben, als seine Schwächen zu überwinden.
Louise kam langsam die Treppe herunter. Sie war eine sehr schöne Frau mit kräftigem Granatapfel-Teint und einem wunderschön gemeißelte Gesicht. Ihr weiches, dunkelbraunes Haar hing ihr recht lose über die Ohren und war hinten zu einem einfachen Knoten aufgerollt.
(D. H. Lawrence: Mr. Noon. Autobiographischer Roman. Diogenes, Zürich 1993. S. 148 u. 163.)