Die politische Schauspielerin

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Hermann Scherchen um 1953 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe).

1930 ging Carola Neher eine kurze Affäre mit dem Dirigenten Hermann Scherchen ein. Dieser überredete sie dazu, einen Russischsprachkurs an der Marxistischen Arbeiterschule in Berlin-Wedding zu absolvieren. Hier lernte sie Anatol Becker kennen und lieben. Wie sehr dies Scherchen traf, schildert Literaturnobelpreisträger Elias Canetti in seiner Autobiographie:

Sein Zusammenbruch nach der Fluch der Carola Neher, die ihn aufs schmählichste und ohne alle „Milderungsgründe“ verlassen hatte, war noch nahe. Es war das erste Mal, dass eine Frauengeschichte, genauer gesagt: eine Niederlage bei einer Frau, ihn um seine Arbeitsfähigkeit gebracht hatte. Darüber war er, der Unerschrockene, zu Tode erschrocken [...].

(Elias Canetti: Das Augenspiel. Lebensgeschichte 1931-1971. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1988, S. 82)

Unter Beckers Einfluss, aber auch vor der immer manifester werdenden Bedrohung durch den Faschismus, wandelte sie sich von der Salonkommunistin zu einer wirklichen Sympathisantin der KPD. Als im Januar 1933 die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, wurde es für sozialistische Intellektuelle unmöglich, länger in Deutschland zu bleiben. Im Sommer 1933 brachen die Neher und Anatol Becker in Richtung UdSSR auf, wo sie sich mehr schlecht als recht einrichteten.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl