Der Fall Maldaque auf der Bühne
Als erster schrieb der oberpfälzische Autor und Schauspieler Josef Wolfgang Steinbeißer über den Fall. In seinem Stück Lehrerin Elly entzieht sich Elly Maldaque durch einen Sprung aus dem Fenster der Einweisung in die Heilanstalt. Sie wird nicht gebrochen. Dies entspricht Steinbeißers Interpretation der Figur Elly Maldaque, die allen politischen Ideologien widersteht und inmitten der politischen Wirren der Weimarer Republik den Weg der Menschenliebe wählt.
ELLY: Vielleicht war diese Geisteswissenschaft der Anstoß dazu –
Ich habe sehr viel Elend kennengelernt, Herr Zwilling! Teils aus Erfahrung, teils durch Beobachtung. Auch meine langjährige Tätigkeit als Lehrerin und die Erfahrung von Kollegen, besonders in größeren Städten, hat mich einen tiefen Blick in die soziale Not unserer Zeit tun lassen. Wen man täglich eine Schar bleicher ausgehungerter Kinder um sich, und selbst eine ähnliche Jugend hinter sich hat, so muss man schon kein Herz haben, wenn es einem nicht das Blut zu Kopfe treibt.
(Josef Wolfgang Steinbeißer: Lehrerin Elly. Ein soziales Drama in vier Akten. Auszüge in: Jürgen Schröder: Horváths Lehrerin von Regensburg. Der Fall Elly Maldaque. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982, S. 333)
Der Fall Maldque fiel dennoch dem Vergessen anheim, bis im Wintersemester 1978/1979 Tübinger Literaturstudenten bei einem Horváth-Seminar auf das Dramenfragment Der Fall E. stießen und die Geschehnisse rund um Elly Maldaque und Horváths Aufarbeitung derselben rekonstruierten.
ELLA: Herr, ich bin fristlos entlassen worden, ohne Ansprüche, ich habe ein Schreiben bekommen. Sie berufen sich auf ein Gesetz von 1825, bitte, es dreht sich doch um meine Existenz!
ZUSTÄNDIGER: Ich bin allerdings zuständig, aber ich kann da nichts machen, die Sache kam von oben herab. Sie müssten sich an das Ministerium ---
ELLA: An wen?
ZUSTÄNDIGER: Versuchen Sies doch mal beim Minister persönlich – ich könnt es Ihnen gar nicht genau sagen, wer das Referat hat ---
ELLA (in der Tür): Halt! Ich lasse Sie nicht rein! Jetzt muss mir hier endlich einmal einer Rede stehen! Man bringt mich ja um?! Wollen Sie mich in die Verzweiflung jagen! Denken Sie nur ja nicht, dass ich ins Wasser geh, ich fecht mein Recht durch!
(Ödön von Horváth. Die Lehrerin von Regensburg. Vollständige Rekonstruktion des Stückes in all seinen Fassungen. In: Jürgen Schröder: Horváths Lehrerin von Regensburg. Der Fall Elly Maldaque. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982, S. 38)
Der Komponist Franz Hummel (Ludwig II – Sehnsucht nach dem Paradies) machte aus Horváths Vorlage Anfang der 1990er-Jahre die Kammeroper An der schönen blauen Donau, die 1993 in Klagenfurt uraufgeführt wurde. Das Libretto stammt von Elisabeth Gutjahr. Ähnlich wie bei Ödön von Horváth in Geschichten aus dem Wienerwald verbirgt sich auch bei Hummel hinter dem idyllischen Titel das Grauen.
Weitere Kapitel:
Als erster schrieb der oberpfälzische Autor und Schauspieler Josef Wolfgang Steinbeißer über den Fall. In seinem Stück Lehrerin Elly entzieht sich Elly Maldaque durch einen Sprung aus dem Fenster der Einweisung in die Heilanstalt. Sie wird nicht gebrochen. Dies entspricht Steinbeißers Interpretation der Figur Elly Maldaque, die allen politischen Ideologien widersteht und inmitten der politischen Wirren der Weimarer Republik den Weg der Menschenliebe wählt.
ELLY: Vielleicht war diese Geisteswissenschaft der Anstoß dazu –
Ich habe sehr viel Elend kennengelernt, Herr Zwilling! Teils aus Erfahrung, teils durch Beobachtung. Auch meine langjährige Tätigkeit als Lehrerin und die Erfahrung von Kollegen, besonders in größeren Städten, hat mich einen tiefen Blick in die soziale Not unserer Zeit tun lassen. Wen man täglich eine Schar bleicher ausgehungerter Kinder um sich, und selbst eine ähnliche Jugend hinter sich hat, so muss man schon kein Herz haben, wenn es einem nicht das Blut zu Kopfe treibt.
(Josef Wolfgang Steinbeißer: Lehrerin Elly. Ein soziales Drama in vier Akten. Auszüge in: Jürgen Schröder: Horváths Lehrerin von Regensburg. Der Fall Elly Maldaque. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982, S. 333)
Der Fall Maldque fiel dennoch dem Vergessen anheim, bis im Wintersemester 1978/1979 Tübinger Literaturstudenten bei einem Horváth-Seminar auf das Dramenfragment Der Fall E. stießen und die Geschehnisse rund um Elly Maldaque und Horváths Aufarbeitung derselben rekonstruierten.
ELLA: Herr, ich bin fristlos entlassen worden, ohne Ansprüche, ich habe ein Schreiben bekommen. Sie berufen sich auf ein Gesetz von 1825, bitte, es dreht sich doch um meine Existenz!
ZUSTÄNDIGER: Ich bin allerdings zuständig, aber ich kann da nichts machen, die Sache kam von oben herab. Sie müssten sich an das Ministerium ---
ELLA: An wen?
ZUSTÄNDIGER: Versuchen Sies doch mal beim Minister persönlich – ich könnt es Ihnen gar nicht genau sagen, wer das Referat hat ---
ELLA (in der Tür): Halt! Ich lasse Sie nicht rein! Jetzt muss mir hier endlich einmal einer Rede stehen! Man bringt mich ja um?! Wollen Sie mich in die Verzweiflung jagen! Denken Sie nur ja nicht, dass ich ins Wasser geh, ich fecht mein Recht durch!
(Ödön von Horváth. Die Lehrerin von Regensburg. Vollständige Rekonstruktion des Stückes in all seinen Fassungen. In: Jürgen Schröder: Horváths Lehrerin von Regensburg. Der Fall Elly Maldaque. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1982, S. 38)
Der Komponist Franz Hummel (Ludwig II – Sehnsucht nach dem Paradies) machte aus Horváths Vorlage Anfang der 1990er-Jahre die Kammeroper An der schönen blauen Donau, die 1993 in Klagenfurt uraufgeführt wurde. Das Libretto stammt von Elisabeth Gutjahr. Ähnlich wie bei Ödön von Horváth in Geschichten aus dem Wienerwald verbirgt sich auch bei Hummel hinter dem idyllischen Titel das Grauen.