Aus den Memoiren einer Finanzjongleurin
Adele Spitzeder wurde nach zehnmonatiger Untersuchungshaft zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt,die sie aus gesundheitlichen Gründen nicht im Zuchthaus sondern im Gefängnis in der Barerstraße verbringen durfte. Als strafmildernd wertete das Gericht zum einen, dass sie niemals mit irgendwelchen Sicherheiten geworben hatte und zum anderen, dass es keinerlei behördliche Vorgaben hinsichtlich der zu leistenden Buchführung gegeben hatte.
Der Gesamtschaden, den Adele Spitzeder verursacht hatte, belief sich auf circa 9 Millionen Gulden. Viele der 30.000 Geschädigten, vorwiegend Dienstboten, Handwerker, Knechte und Kleinbauern, verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Ganze Gemeinden gingen bankrott, zahlreiche Anleger verübten Selbstmord. Adele Spitzeder selbst, die noch in Haft ihre Memoiren verfasste, war sich keiner Schuld bewusst und bezeichnete sich ungeniert als „die ehrlichste Person in der ganzen sogenannten ‚Dachauer Bank‘“: „Geiz, Neid und Selbstsucht waren mir in den Tod zuwider. Ich bin ebenso eigensinnig, unstet und jähzornig geblieben, als ich freigiebig, weichherzig und gutmütig zu sein mir bewusst bin – die entgegengesetzten Charakteranlagen, die mir in meinem Leben sehr oft zum Nachteil geworden sind.“ (Adele Spitzeder: Geschichte meines Lebens. Der große Münchner Bankskandal 1872. Buchdorfer Verlag, München 1996, S. 19)
Bis zuletzt beharrte sie darauf, dass die Leute ihr das Geld aufgedrängt hätten und sie keine Verbrecherin sondern eine Wohltäterin gewesen sei:
Es ist unglaublich, aber vollkommen wahr, die Leute versteckten sich ohne mein Wissen im Hause, sogar unter den Tischen und Bänken [...]. Viele der fortgeschickten Personen hatten ihr Geld in meinem Hause, in Ofenlöchern, an anderen Orten, ja sogar unter dem Bette meines Portiers versteckt, nur um das Geld nicht nach Hause schleppen zu müssen [...]. Sagte ich ihnen, dass ich für heute zu müde sei, um weiter noch Wechsel unterschreiben zu können, dass ich Kopfweh habe usf., so gaben sie mir ganz einfach zu Antwort, ich möchte nur gestatten, das Geld – ohne Wechsel – bei mir zu lassen, denn „es pressiert ja net, wir könna´ Wechsel jo an andersmol a hol´n.“
(Adele Spitzeder: Geschichte meines Lebens. Der große Münchner Bankskandal 1872. Buchdorfer Verlag, München 1996, S. 88)
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Adele Spitzeder wurde nach zehnmonatiger Untersuchungshaft zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt,die sie aus gesundheitlichen Gründen nicht im Zuchthaus sondern im Gefängnis in der Barerstraße verbringen durfte. Als strafmildernd wertete das Gericht zum einen, dass sie niemals mit irgendwelchen Sicherheiten geworben hatte und zum anderen, dass es keinerlei behördliche Vorgaben hinsichtlich der zu leistenden Buchführung gegeben hatte.
Der Gesamtschaden, den Adele Spitzeder verursacht hatte, belief sich auf circa 9 Millionen Gulden. Viele der 30.000 Geschädigten, vorwiegend Dienstboten, Handwerker, Knechte und Kleinbauern, verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Ganze Gemeinden gingen bankrott, zahlreiche Anleger verübten Selbstmord. Adele Spitzeder selbst, die noch in Haft ihre Memoiren verfasste, war sich keiner Schuld bewusst und bezeichnete sich ungeniert als „die ehrlichste Person in der ganzen sogenannten ‚Dachauer Bank‘“: „Geiz, Neid und Selbstsucht waren mir in den Tod zuwider. Ich bin ebenso eigensinnig, unstet und jähzornig geblieben, als ich freigiebig, weichherzig und gutmütig zu sein mir bewusst bin – die entgegengesetzten Charakteranlagen, die mir in meinem Leben sehr oft zum Nachteil geworden sind.“ (Adele Spitzeder: Geschichte meines Lebens. Der große Münchner Bankskandal 1872. Buchdorfer Verlag, München 1996, S. 19)
Bis zuletzt beharrte sie darauf, dass die Leute ihr das Geld aufgedrängt hätten und sie keine Verbrecherin sondern eine Wohltäterin gewesen sei:
Es ist unglaublich, aber vollkommen wahr, die Leute versteckten sich ohne mein Wissen im Hause, sogar unter den Tischen und Bänken [...]. Viele der fortgeschickten Personen hatten ihr Geld in meinem Hause, in Ofenlöchern, an anderen Orten, ja sogar unter dem Bette meines Portiers versteckt, nur um das Geld nicht nach Hause schleppen zu müssen [...]. Sagte ich ihnen, dass ich für heute zu müde sei, um weiter noch Wechsel unterschreiben zu können, dass ich Kopfweh habe usf., so gaben sie mir ganz einfach zu Antwort, ich möchte nur gestatten, das Geld – ohne Wechsel – bei mir zu lassen, denn „es pressiert ja net, wir könna´ Wechsel jo an andersmol a hol´n.“
(Adele Spitzeder: Geschichte meines Lebens. Der große Münchner Bankskandal 1872. Buchdorfer Verlag, München 1996, S. 88)