Barbara und Karl V.

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Karl V. Gemälde von Tizian, heute Lambert Sustris zugeschrieben, um 1548.

Als Karl V. 1546 zum Reichstag in Regensburg weilte bezog er wie immer im Gasthof „ Zum Goldenen Kreuz“ am Haidplatz Quartier. Unter welchen Umständen er die schöne Gütlerstochter kennenlernte, liegt im Dunkeln und regte stets die Fantasie der Schriftsteller an.

„Wie war der Kaiser?“ fragte Gerlinde.

„Oh“, meinte Barbara, „das ist schwer zu sagen. Erst ist er mir streng und ungnädig erschienen, ich habe mich kaum hinsehen getraut. Dann aber ist er plötzlich sehr freundlich geworden, er hat sogar gelächelt und gesagt, er danke der guten Stadt Regensburg für den schönen Willkomm, den sie ihm bereitet habe. Er werde ihn nicht vergessen. Und dann hat er auch nicht mehr bloß über mich weg, sondern er hat mich mit seinen hellen Augen fest angeschaut und gemeint: die Jungfrauen der Stadt sollten mit ihm zufrieden sein. Es sei sein kaiserlicher Wille, dass ihnen ein Fest gegeben werde zum Dank für den heutigen Tag. Ich bin ganz rot geworden vor Freude, weil man daraus gemerkt hat, dass er zufrieden war. Ich glaube, ich hab ihm gefallen.“

(A. Menter: Die schöne Barbara. Roman aus der Zeit Karls V. und seiner Geliebten Barbara Blomberg. Kurt Schroeder Verlag, Köln 1939, S.49f.)

Der Schriftsteller Manfred Böckl schildert die Liebschaft weitaus nüchterner:

In etwa halbwöchentlichen Abständen sättigte Karl V. sich bis zum Ende des Marienmonats am blutjungen Leib der Bürgerlichen. Zumeist hastig, quasi zwischen Rindfleisch und Meerrettich, pflegte er ihren Körper zu genießen; manchmal jedoch bequemte er sich vor oder nach dem Akt immerhin zu einer gewissen menschlichen Anteilnahme. So erkundigte er sich einmal beinahe väterlich, ob Barbara denn schon einen Bräutigam habe; [...]

Barbara Plumberger grämte sich deswegen gewiss nicht; der einstige Kitzel war ohnehin schon während der ersten Nacht verflogen. Lediglich mit einem etwas wehen Gefühl des Erstaunens schaute sie dem Habsburger nach, als er nach Beendigung der Verhandlungen inmitten eines kleinen Heerbannes in Richtung Nürnberg abritt.

(Manfred Böckl: Die Geliebte des Kaisers. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2003, S. 26f. Neuausg. u.d.T. Die Kaiserhure. Das sündige Leben der Regensburgerin Barbara Blomberg. SüdOstVerlag, Regenstauf 2015, S. 23f.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl

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