Frauen in der Revolution
Am 19. November 1918 fand im Wagnersaal in der Sonnenstraße in München die erste große Frauenversammlung statt. Lida Gustava Heymann forderte die Gründung eines eigenen Frauenrates der nicht nur politisch noch orientiertungslose Frauen unterrichten, sondern auch dafür Sorge tragen sollte, dass Frauen Zugang zu allen Berufen und allen entscheidenden Positionen in Staat und Verwaltung erhielten. Doch auch wenn die Revolution das alte System hinweggefegt hatte, nicht alles hatte sich geändert. Erneut waren es Männer, die an den Schaltstellen der Macht saßen und nur wenig Lust verspürten, diese mit den Frauen zu teilen. Für die Landtagswahlen im Januar 1919 bot Ministerpräsident Eisner der parteilosen Anita Augspurg einen Platz auf der Liste der USPD an. Gemeinsam mit Lida Gustava Heymann, die auf der USPD-Liste für die Nationalversammlung kandidierte, zog sie in den Wahlkampf. Im tiefsten Winter marschieren die beiden durch die Dörfer Oberbayerns, bestaunt und belacht von den Einwohnern, verteufelt von den ortsansässigen Pfarrern, die, wie sich Lida Gustava später erinnert, schon die „Weiberherrschaft“ befürchteten.
Darauf erschienen katholische Geistliche in den Frauenversammlungen, immer diesselben, auch sie zogen von Dorf zu Dorf, beteiligten sich an der Diskussion, sprachen gegen die Kandidatur einer Anita Augspurg, gebrauchten wieder und wieder die gleichen Argumente: Faselten von der drohenden Gefahr freier Liebe, freier Ehe, dem illegitimen Kinde. In Unterammergau rief nach einer solchen Rede des Geistlichen eine Stallmagd laut und vernehmlich in die Versammlung: „Er hat ja selber drei Uneheliche!“
(Lida Gustava Heymann in Zusammenarbeit mit Dr. jur. Anita Augspurg: Erlebtes Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850-1940. Hg. von Margrit Twellmann. Ulrike Helmer Verlag, Frankfurt am Main 1992, S. 180f.)
Doch aller Einsatz war vergebens, keine der beiden erhielt ein Mandat. Daran änderte auch nichts, dass die USPD im Wahlkampf mit Flugblättern und Anschlägen gesondert „die Frauen und Mädchen des werktätigen Volkes“ anspricht, die Dank der Revolution „zur vollberechtigten Staatsbürgerin“ geworden seien. Die meisten Forderungen, die Frauen an die Revolution stellten, blieben unerfüllt. Weder die Frauenquotierung in den Parlamenten, noch die Zulassung von Frauen in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung als Ministerinnen, Bürgermeisterinnen oder Richterinnen wurde umgesetzt. Die Gleichstellung der Ehepartner sowie die Gleichstellung lediger Mütter und unehelicher Kinder unterbleibt ebenso wie die Abschaffung des Abtreibungsparagraphen § 218 und des Homosexuellenparagraphen § 175.
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Am 19. November 1918 fand im Wagnersaal in der Sonnenstraße in München die erste große Frauenversammlung statt. Lida Gustava Heymann forderte die Gründung eines eigenen Frauenrates der nicht nur politisch noch orientiertungslose Frauen unterrichten, sondern auch dafür Sorge tragen sollte, dass Frauen Zugang zu allen Berufen und allen entscheidenden Positionen in Staat und Verwaltung erhielten. Doch auch wenn die Revolution das alte System hinweggefegt hatte, nicht alles hatte sich geändert. Erneut waren es Männer, die an den Schaltstellen der Macht saßen und nur wenig Lust verspürten, diese mit den Frauen zu teilen. Für die Landtagswahlen im Januar 1919 bot Ministerpräsident Eisner der parteilosen Anita Augspurg einen Platz auf der Liste der USPD an. Gemeinsam mit Lida Gustava Heymann, die auf der USPD-Liste für die Nationalversammlung kandidierte, zog sie in den Wahlkampf. Im tiefsten Winter marschieren die beiden durch die Dörfer Oberbayerns, bestaunt und belacht von den Einwohnern, verteufelt von den ortsansässigen Pfarrern, die, wie sich Lida Gustava später erinnert, schon die „Weiberherrschaft“ befürchteten.
Darauf erschienen katholische Geistliche in den Frauenversammlungen, immer diesselben, auch sie zogen von Dorf zu Dorf, beteiligten sich an der Diskussion, sprachen gegen die Kandidatur einer Anita Augspurg, gebrauchten wieder und wieder die gleichen Argumente: Faselten von der drohenden Gefahr freier Liebe, freier Ehe, dem illegitimen Kinde. In Unterammergau rief nach einer solchen Rede des Geistlichen eine Stallmagd laut und vernehmlich in die Versammlung: „Er hat ja selber drei Uneheliche!“
(Lida Gustava Heymann in Zusammenarbeit mit Dr. jur. Anita Augspurg: Erlebtes Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850-1940. Hg. von Margrit Twellmann. Ulrike Helmer Verlag, Frankfurt am Main 1992, S. 180f.)
Doch aller Einsatz war vergebens, keine der beiden erhielt ein Mandat. Daran änderte auch nichts, dass die USPD im Wahlkampf mit Flugblättern und Anschlägen gesondert „die Frauen und Mädchen des werktätigen Volkes“ anspricht, die Dank der Revolution „zur vollberechtigten Staatsbürgerin“ geworden seien. Die meisten Forderungen, die Frauen an die Revolution stellten, blieben unerfüllt. Weder die Frauenquotierung in den Parlamenten, noch die Zulassung von Frauen in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung als Ministerinnen, Bürgermeisterinnen oder Richterinnen wurde umgesetzt. Die Gleichstellung der Ehepartner sowie die Gleichstellung lediger Mütter und unehelicher Kinder unterbleibt ebenso wie die Abschaffung des Abtreibungsparagraphen § 218 und des Homosexuellenparagraphen § 175.