Das Frauenwahlrecht

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Annie Kenney und Christabel Pankhurst, Anführerinnen der britischen Suffragetten.

Neben der Frauenbildung und der zivilrechtlichen Stellung der Frau war das Frauenwahlrecht das entscheidende Anliegen der Frauenrechtlerinnen. Hierbei ging es nicht allein um die Durchsetzung des Frauenstimmrechts, sondern um die Vorbereitung von Frauen für die Mitarbeit in Politik und Gesellschaft. Umstritten war innerhalb der Frauenstimmrechtsbewegung vor allem mit welchen Mitteln das Wahlrecht erkämpft werden sollte. Denn, wer sich um das Frauenstimmrecht bemühte, kam nicht umhin nach England zu schauen, wo ein regelrechter Bürgerkrieg um dieses Recht entbrannt war. Die radikalen Suffragetten erregten weltweit Aufsehen durch die Art und Weise, wie sie für das Frauenstimmrecht kämpften. Während manche die Aktionen der Suffragetten, die mit Demonstrationen, Störungen von Parteiversammlungen, dem Einwerfen von Fensterscheiben und letztlich auch mit Brandanschlägen auf sich aufmerksam machten, durchaus befürworteten, sprach sich ein Großteil der Frauen gegen die Anwendung von Gewalt aus. Augspurg und Heymann hingegen solidarisierten sich nicht nur aus der Ferne mit den Suffragetten, sondern nahmen auch höchstpersönlich an Straßenumzügen in London teil. Doch auch wenn sie sich nicht offen gegen die vor allem von Emmeline und Christabel Pankhurst propagierten Methoden aussprachen, übernahmen sie deren gewalttätige Aktionen nicht für den eigenen Kampf – für sie heiligte der Zweck die Mittel nicht. Anstecker, Banner, und Fahnen hingegen wurden kopiert.

Wie nahe sie sich den Suffragetten fühlten zeigte sich 1912, als sie im Anschluss an den Frauenstimmrechtskongress in München nach englischem Vorbild eine Frauendemonstration organisierten – in den Farben der Suffragettenbewegung – weiß, purpur und grün:

Im September 1912 veranstalteten wir in München die erste Frauenstimmrechtsfahrt, die ungeheures Aufsehen erregte. Zwölf von Rappen oder Schimmeln gezogene, mit Laubgirlanden, Fahnen und Plakaten geschmückte Wagen fuhren durch die Hauptstraßen, den einen zur Freude, den anderen zum Ärger und Spott. Viele Frauen, die keine Versammlungen besuchten, und Münchner Männer, die ihre Politik am Biertisch trieben, erfuhren an diesem Tage zum ersten Mal, dass Frauen aus ganz Deutschland das Stimmrecht forderten.

(Lida Gustava Heymann in Zusammenarbeit mit Dr. jur. Anita Augspurg: Erlebtes Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850-1940. Hg. v. Margrit Twellmann. Ulrike Helmer Verlag, Frankfurt am Main 1992, S. 121)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl