Wir fordern die Hälfte der Welt: Bayerische Suffragetten
Wie überall in Europa so waren Frauen auch in Bayern zu Beginn des 20. Jahrhunderts politisch, rechtlich und gesellschaftlich unterdrückt. Frauen aus allen Schichten litten unter ihrer gesellschaftlich erzwungenen Unmündigkeit. Der Zugang zu Bildungseinrichtungen wie Höhere Schulen und Universitäten blieb ihnen ebenso verwehrt wie die meisten Berufe. Das von der Gesellschaft propagierte Frauenbild war das der Ehefrau und Mutter. In den Ohren der meisten Frauen klang dieses Ideal allerdings wie Hohn. Nur ein geringer Teil, vorwiegend aus Großbürgertum und Adel, konnte es sich leisten, nicht zu arbeiten. Unzählige Frauen waren zur Erwerbsarbeit gezwungen, nicht nur Alleinstehende, sondern auch Ehefrauen waren in Handwerk, Gewerbe und Landwirtschaft als Arbeitskräfte unabkömmlich. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte mit der Industrialisierung der Landwirtschaft eine Abwanderung weiblicher Arbeitskräfte ein. Viele junge Frauen flüchteten aus der dörflichen Enge in die Städte, um dort als Dienstmädchen oder in den immer zahlreicher werdenden Fabriken zu arbeiten. Bereits 1907 war jeder fünfte Fabrikarbeitsplatz mit einer Frau besetzt. Dabei handelte es sich zumeist um unqualifizierte Tätigkeiten, die eine Voraussetzung zur maschinellen Weiterverarbeitung bildeten. Es waren Arbeiten von geringer Reputation und noch schlechterer Bezahlung.
Die industrielle Fabrikarbeit schuf neue Arbeitsfelder für Frauen und bot neue Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Allerdings lagen diese Arbeitsplätze außerhalb des Hauses und führten dazu, dass die Doppelbelastung von Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung zunahm. Die Hauptlast für Haushalt und Familie oblag auch weiterhin uneingeschränkt den Frauen.
Um die Situation der arbeitenden Frauen zu verbessern, wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Bayern die ersten Frauenvereine gegründet. Eine wirkliche Verbesserung der Situation der Arbeiterinnen konnten sie jedoch nicht erreichen. Bis zur Beseitigung vieler gravierender sozialer Missstände, Durchsetzung der rechtlichen und tariflichen Gleichstellung sowie der gesellschaftlichen Akzeptanz von Frauenarbeit war es ein weiter Weg.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt die Idee der Gleichberechtigung der Frau neuen Auftrieb. Immer mehr Menschen erkannten in der Ungleichbehandlung von Frauen ein Hemmnis bei der Entwicklung hin zum modernen Staatswesen. Bürgerliche Frauenvereine entstanden und begannen, die Bevölkerung auf Problemfelder wie Mädchenbildung, Frauenstudium, Frauenberufstätigkeit oder politische und rechtliche Gleichstellung der Frau in Staat und Gesellschaft aufmerksam zu machen.
(Karl, Michaela [2011]: Geschichte der Frauenbewegung. Reclam Verlag, Stuttgart)
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Wie überall in Europa so waren Frauen auch in Bayern zu Beginn des 20. Jahrhunderts politisch, rechtlich und gesellschaftlich unterdrückt. Frauen aus allen Schichten litten unter ihrer gesellschaftlich erzwungenen Unmündigkeit. Der Zugang zu Bildungseinrichtungen wie Höhere Schulen und Universitäten blieb ihnen ebenso verwehrt wie die meisten Berufe. Das von der Gesellschaft propagierte Frauenbild war das der Ehefrau und Mutter. In den Ohren der meisten Frauen klang dieses Ideal allerdings wie Hohn. Nur ein geringer Teil, vorwiegend aus Großbürgertum und Adel, konnte es sich leisten, nicht zu arbeiten. Unzählige Frauen waren zur Erwerbsarbeit gezwungen, nicht nur Alleinstehende, sondern auch Ehefrauen waren in Handwerk, Gewerbe und Landwirtschaft als Arbeitskräfte unabkömmlich. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte mit der Industrialisierung der Landwirtschaft eine Abwanderung weiblicher Arbeitskräfte ein. Viele junge Frauen flüchteten aus der dörflichen Enge in die Städte, um dort als Dienstmädchen oder in den immer zahlreicher werdenden Fabriken zu arbeiten. Bereits 1907 war jeder fünfte Fabrikarbeitsplatz mit einer Frau besetzt. Dabei handelte es sich zumeist um unqualifizierte Tätigkeiten, die eine Voraussetzung zur maschinellen Weiterverarbeitung bildeten. Es waren Arbeiten von geringer Reputation und noch schlechterer Bezahlung.
Die industrielle Fabrikarbeit schuf neue Arbeitsfelder für Frauen und bot neue Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Allerdings lagen diese Arbeitsplätze außerhalb des Hauses und führten dazu, dass die Doppelbelastung von Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung zunahm. Die Hauptlast für Haushalt und Familie oblag auch weiterhin uneingeschränkt den Frauen.
Um die Situation der arbeitenden Frauen zu verbessern, wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Bayern die ersten Frauenvereine gegründet. Eine wirkliche Verbesserung der Situation der Arbeiterinnen konnten sie jedoch nicht erreichen. Bis zur Beseitigung vieler gravierender sozialer Missstände, Durchsetzung der rechtlichen und tariflichen Gleichstellung sowie der gesellschaftlichen Akzeptanz von Frauenarbeit war es ein weiter Weg.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt die Idee der Gleichberechtigung der Frau neuen Auftrieb. Immer mehr Menschen erkannten in der Ungleichbehandlung von Frauen ein Hemmnis bei der Entwicklung hin zum modernen Staatswesen. Bürgerliche Frauenvereine entstanden und begannen, die Bevölkerung auf Problemfelder wie Mädchenbildung, Frauenstudium, Frauenberufstätigkeit oder politische und rechtliche Gleichstellung der Frau in Staat und Gesellschaft aufmerksam zu machen.
(Karl, Michaela [2011]: Geschichte der Frauenbewegung. Reclam Verlag, Stuttgart)