Das Jennerwein-Lied
Wie viele andere Wilderer lebte auch Georg Jennerwein nach seinem Tod in der Erinnerung des Volkes weiter. Der Verfasser der Jennerwein-Liedes, das aus dem 19. Jahrhundert datiert, ist zwar unbekannt geblieben, dennoch stellt dieses Lied das berühmteste literarische Zeugnis über den Wildschützen Jennerwein dar. Lieder über Wilderer waren zu allen Zeiten populär und hatten immer mehr als narrativen Wert. Sie waren keine rührseligen Heimatlieder und dürfen auch nicht als rein historische Volkslieder, die von Ereignissen und Personen erzählen, missverstanden werden. Wilderer-Lieder hatten vor allem im 18. und 19. Jahrhundert auch eine politische Funktion, drückte sich doch in ihnen der kollektive Protest einer gewissen Bevölkerungsschicht aus. Ob es sich nun um Moritaten handelte, die das Schicksal der Wilderer beweinten, oder um Spottlieder auf die Jäger, die von den Wilderern an der Nase herumgeführt wurden, immer waren sie eine offene Anklage gegen die herrschenden Verhältnisse und zugleich die Huldigung von Straftätern. Der Gesang aus den Wirtsstuben konnte eine politische Waffe von großer Reichweite sein. Der Aufschrei gegen die geschehenen Ungerechtigkeiten hallte aus allen Teilen des Landes wieder, da die Moritatensänger und fahrenden Händler die Lieder, die zum Teil textlichen und thematischen Veränderungen unterworfen waren, über die Grenzen Bayerns hinaus verbreiteten.
Es war ein Schütz in seinen besten Jahren,
er wurde weggeputzt von dieser Erd,
Man fand ihn erst am neunten Tage
bei Tegernsee am Peißenberg.
Auf den Bergen ist die Freiheit,
Auf den Bergen ist es schön,
Doch auf so eine schlechte Weise
Mußte Jennerwein zugrunde gehn!
Auf hartem Stein hat er sein Blut vergossen,
Am Bauche liegend fand man ihn,
Von hinten war er angeschossen,
Zersplittert war sein Unterkinn.
Und es war schrecklich anzusehen;
Als man ihm das Hemd zog aus,
Da dachte jeder bei sich selber:
Jäger, bleib mit'm Selbstmord z'Haus!
Du feiger Jäger, s’ ist eine Schande,
Du erwirbst dir wohl kein Ehrenkreuz;
Er fiel mit dir nicht im offnen Kampfe,
Wie es der Schuß von hint’ beweist.
Man bracht ihn dann noch auf den Wagen,
Bei finstrer Nacht ging es noch fort,
Begleitet von seinen Kameraden,
Nach Schliersee, seinem Lieblingsort.
Von der Höh ging’s langsam runter,
Denn der Weg war schlecht und weit;
Ein Jäger hat es gleich erfunden,
daß er sich hat selbst entleibt.
Und als man ihn dort in den Sarg wollt legen,
Und als man gsagt hat: Ist jetzt alles gut?
O nein! sprach einer von den Herren, o nein!
Auf seiner Brust, da klebt ja frisches Blut!
In Schliersee ruht er, wie ein jeder,
Bis an den großen jüngsten Tag,
Dann zeigt uns Jennerwein den Jäger,
Der ihn von hint’ erschossen hat.
Zum Schlusse Dank noch den Vet'ranen,
Da ihr den Trauermarsch so schön gespielt,
Ihr Jäger, tut Euch nun ermahnen,
Daß keiner mehr von hinten zielt.
Am jüngsten Tag da putzt ein jeder
Ja sein Gewissen und sein Gewehr.
Und dann marschiern viel Förster und auch Jäger
Aufs hohe Gamsgebirg, zum Luzifer!
(Jennerwein-Lied: Verfasser unbekannt. Entstehungszeit spätes 19. Jahrhundert)
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Wie viele andere Wilderer lebte auch Georg Jennerwein nach seinem Tod in der Erinnerung des Volkes weiter. Der Verfasser der Jennerwein-Liedes, das aus dem 19. Jahrhundert datiert, ist zwar unbekannt geblieben, dennoch stellt dieses Lied das berühmteste literarische Zeugnis über den Wildschützen Jennerwein dar. Lieder über Wilderer waren zu allen Zeiten populär und hatten immer mehr als narrativen Wert. Sie waren keine rührseligen Heimatlieder und dürfen auch nicht als rein historische Volkslieder, die von Ereignissen und Personen erzählen, missverstanden werden. Wilderer-Lieder hatten vor allem im 18. und 19. Jahrhundert auch eine politische Funktion, drückte sich doch in ihnen der kollektive Protest einer gewissen Bevölkerungsschicht aus. Ob es sich nun um Moritaten handelte, die das Schicksal der Wilderer beweinten, oder um Spottlieder auf die Jäger, die von den Wilderern an der Nase herumgeführt wurden, immer waren sie eine offene Anklage gegen die herrschenden Verhältnisse und zugleich die Huldigung von Straftätern. Der Gesang aus den Wirtsstuben konnte eine politische Waffe von großer Reichweite sein. Der Aufschrei gegen die geschehenen Ungerechtigkeiten hallte aus allen Teilen des Landes wieder, da die Moritatensänger und fahrenden Händler die Lieder, die zum Teil textlichen und thematischen Veränderungen unterworfen waren, über die Grenzen Bayerns hinaus verbreiteten.
Es war ein Schütz in seinen besten Jahren,
er wurde weggeputzt von dieser Erd,
Man fand ihn erst am neunten Tage
bei Tegernsee am Peißenberg.
Auf den Bergen ist die Freiheit,
Auf den Bergen ist es schön,
Doch auf so eine schlechte Weise
Mußte Jennerwein zugrunde gehn!
Auf hartem Stein hat er sein Blut vergossen,
Am Bauche liegend fand man ihn,
Von hinten war er angeschossen,
Zersplittert war sein Unterkinn.
Und es war schrecklich anzusehen;
Als man ihm das Hemd zog aus,
Da dachte jeder bei sich selber:
Jäger, bleib mit'm Selbstmord z'Haus!
Du feiger Jäger, s’ ist eine Schande,
Du erwirbst dir wohl kein Ehrenkreuz;
Er fiel mit dir nicht im offnen Kampfe,
Wie es der Schuß von hint’ beweist.
Man bracht ihn dann noch auf den Wagen,
Bei finstrer Nacht ging es noch fort,
Begleitet von seinen Kameraden,
Nach Schliersee, seinem Lieblingsort.
Von der Höh ging’s langsam runter,
Denn der Weg war schlecht und weit;
Ein Jäger hat es gleich erfunden,
daß er sich hat selbst entleibt.
Und als man ihn dort in den Sarg wollt legen,
Und als man gsagt hat: Ist jetzt alles gut?
O nein! sprach einer von den Herren, o nein!
Auf seiner Brust, da klebt ja frisches Blut!
In Schliersee ruht er, wie ein jeder,
Bis an den großen jüngsten Tag,
Dann zeigt uns Jennerwein den Jäger,
Der ihn von hint’ erschossen hat.
Zum Schlusse Dank noch den Vet'ranen,
Da ihr den Trauermarsch so schön gespielt,
Ihr Jäger, tut Euch nun ermahnen,
Daß keiner mehr von hinten zielt.
Am jüngsten Tag da putzt ein jeder
Ja sein Gewissen und sein Gewehr.
Und dann marschiern viel Förster und auch Jäger
Aufs hohe Gamsgebirg, zum Luzifer!
(Jennerwein-Lied: Verfasser unbekannt. Entstehungszeit spätes 19. Jahrhundert)