Das Lied vom Bayerischen Hiasl
Die Erinnerung an Klostermair verdankt sich neben anderer Formen volkstümlicher Überlieferung vor allem dem Volkslied. Es wurde in einer Zeit ohne Selbstzeugnisse der unteren Schichten, als Geschichte zu schreiben in erster Linie bedeutete, die Geschichte der Herrschenden zu schreiben, zum Medium des Volkes. Im Volkslied finden sich die Geschichten des einfachen Volkes wieder. Das Volkslied ist der „Volksmund“ und die „Volksseele“, heißt es im Leibhaftigen Liederbuch. Es ist ein ausgezeichnetes Material, um eine längst vergangene ländliche Wirklichkeit zu rekonstruieren. Volkslieder sind authentische Überreste einer bäuerlichen Kultur, der es an schriftlichen Quellen fehlt. Dabei ist unerheblich, ob die geschilderten Ereignisse historisch haltbar sind. Ihr Erkenntniswert liegt vor allem darin, dass man aus ihnen die subjektive Einschätzung einer historischen Situation in der Meinung des Volkes herauslesen kann. Das Lied vom Bayerischen Hiasl wurde zunächst mündlich von Generation zu Generation weitergegeben, bis es Anfang des 20. Jahrhunderts in verschiedenen bayerischen Volksliedsammlungen schriftlich festgehalten wurde:
1. Ich bin der boarisch Hiasl,
Keine Kugel geht mir ein´, juche
Drum fürcht i aa kein Jager,
Und soll´s der Teufel sein.
2. Im Wald draußt is mein Heimat,
Im Wald draußt is mein Leben,
Da schiaß ich Reh und Hasn
Und Wildsau aa danebn.
3. Es gibt kan schöners Lebn,
Als ich führ´ auf der Welt,
Der Bauern gibt ma´ s Essn
Und wenns grad fehlt, noch Geld.
4. Drum tu ich die Felder schützen
Mit meinen tapfren Leut,
und wo ich grad nur hinkomm,
Uije, da is´s a Freud.
5. Und kommt mein letztes Wörtel,
Mach ich die Augen zu,
Soldaten, und ihr Jäger,
Erst nacher habt´s a Ruh!
6. Dann wird sich´s Wild vermehren
Und springen kreuzwohlauf, juchhe,
Und die Bauern werden rufen:
Hiasl, geh steh wieder auf!
(Gustav Jungbauer: Volkslieder aus dem Böhmerwald. J. G. Calve Verlag, Prag 1930, S. 40)
Sekundärliteratur:
Wolf, Klaus (2017): Matthias (Matthäus) Klostermayr – der ›Bayerische Hiasl‹ (1736-1771). Räuber, Wilderer und ein Phänomen der Literaturgeschichte (Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben, 19).
Weitere Kapitel:
Die Erinnerung an Klostermair verdankt sich neben anderer Formen volkstümlicher Überlieferung vor allem dem Volkslied. Es wurde in einer Zeit ohne Selbstzeugnisse der unteren Schichten, als Geschichte zu schreiben in erster Linie bedeutete, die Geschichte der Herrschenden zu schreiben, zum Medium des Volkes. Im Volkslied finden sich die Geschichten des einfachen Volkes wieder. Das Volkslied ist der „Volksmund“ und die „Volksseele“, heißt es im Leibhaftigen Liederbuch. Es ist ein ausgezeichnetes Material, um eine längst vergangene ländliche Wirklichkeit zu rekonstruieren. Volkslieder sind authentische Überreste einer bäuerlichen Kultur, der es an schriftlichen Quellen fehlt. Dabei ist unerheblich, ob die geschilderten Ereignisse historisch haltbar sind. Ihr Erkenntniswert liegt vor allem darin, dass man aus ihnen die subjektive Einschätzung einer historischen Situation in der Meinung des Volkes herauslesen kann. Das Lied vom Bayerischen Hiasl wurde zunächst mündlich von Generation zu Generation weitergegeben, bis es Anfang des 20. Jahrhunderts in verschiedenen bayerischen Volksliedsammlungen schriftlich festgehalten wurde:
1. Ich bin der boarisch Hiasl,
Keine Kugel geht mir ein´, juche
Drum fürcht i aa kein Jager,
Und soll´s der Teufel sein.
2. Im Wald draußt is mein Heimat,
Im Wald draußt is mein Leben,
Da schiaß ich Reh und Hasn
Und Wildsau aa danebn.
3. Es gibt kan schöners Lebn,
Als ich führ´ auf der Welt,
Der Bauern gibt ma´ s Essn
Und wenns grad fehlt, noch Geld.
4. Drum tu ich die Felder schützen
Mit meinen tapfren Leut,
und wo ich grad nur hinkomm,
Uije, da is´s a Freud.
5. Und kommt mein letztes Wörtel,
Mach ich die Augen zu,
Soldaten, und ihr Jäger,
Erst nacher habt´s a Ruh!
6. Dann wird sich´s Wild vermehren
Und springen kreuzwohlauf, juchhe,
Und die Bauern werden rufen:
Hiasl, geh steh wieder auf!
(Gustav Jungbauer: Volkslieder aus dem Böhmerwald. J. G. Calve Verlag, Prag 1930, S. 40)
Wolf, Klaus (2017): Matthias (Matthäus) Klostermayr – der ›Bayerische Hiasl‹ (1736-1771). Räuber, Wilderer und ein Phänomen der Literaturgeschichte (Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben, 19).