Paul Plotek
Die Wiesn spielt auch die Hauptrolle in Sobo Swobodniks Roman Oktoberfest. Der Protagonist Paul Plotek ist ein erfolgloser Schauspieler. Am liebsten verbringt er seine Zeit in seiner Lieblingsgaststätte „Froh und Munter“ in Neuhausen.
Da sitzt Plotek immer vor seinem Unertl-Weißbier und schaut in den Schaum hinein – wenn es ihm schlechtgeht. Auch wenn es ihm gut geht, sitzt er da und schaut. Eigentlich sitzt Plotek immer im Froh und Munter und schaut. In den Schaum vom Weißbier hinein, wie ein Schamane in eine Glaskugel. Und was er da alles sieht – die Welt, makro, mikro, Menschen, das Leben, viel Leid, wenig Glück, sich selbst und den ganzen Wahnsinn. Und noch viel mehr. [...] Am Pullover riechen und Plotek ist klar, wo er am Vorabend gewesen ist. So riecht nur seine Lieblingsgaststätte. Das ist ein Geruch aus Bier, Rauch, Schweiß und Bratfett. Vertraut, wohlig, radikal. Durch den Geruch wird man polarisiert. So riecht kein Käfer, kein Promi-Fresstempel, kein Tantris, keine Schickimicki-Spelunke in der Innenstadt, so riecht nur das Froh und Munter.
(Sobo Swobodnik: Oktoberfest. Heyne Verlag, München 2011, S. 8ff.)
Um Geld zu verdienen, nimmt Plotek eine Stelle als Kellner bei einem neuen Wiesnwirt an und erkennt, noch bevor er in einen Bestechungssumpf hineingezogen wird, dass es keine gute Idee war. Doch seine Neugier ist geweckt.
Wenn mehr als 30 Personen auf einem Haufen sind, bekommt Plotek immer Beklemmungen. Jetzt waren 4000 auf einem Haufen. Plotek war mittendrin. Das Oberländer-Zelt war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ploteks Kopf auch. Wenn man acht Weißbier und sechs Tequila getrunken hat, hat man kurz danach nicht nur einen Rausch, sondern etwas später auch einen Kater. Also Schädelweh! Ploteks Kopf war jetzt so groß wie das ganze Festzelt. Da ging es zu wie beim Sommerschlussverkauf bei Hertie. Die Blasmusik brachte die Nervenbahnen zum Glühen. Die Neurotransmitter waren Bierpfützen und die Rezeptoren gegrillte Hendl. Bloß nicht stehen bleiben, war Ploteks einziger Gedanke, sonst falle ich um. Immer weiterlaufen, Schritt für Schritt, Maßkrug für Maßkrug vorwärts, dem Kollaps entgegen. Wie unter Drogen donnerte Plotek die Maßkrüge auf den Tisch.
(S. 27)
Weitere Kapitel:
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Da sitzt Plotek immer vor seinem Unertl-Weißbier und schaut in den Schaum hinein – wenn es ihm schlechtgeht. Auch wenn es ihm gut geht, sitzt er da und schaut. Eigentlich sitzt Plotek immer im Froh und Munter und schaut. In den Schaum vom Weißbier hinein, wie ein Schamane in eine Glaskugel. Und was er da alles sieht – die Welt, makro, mikro, Menschen, das Leben, viel Leid, wenig Glück, sich selbst und den ganzen Wahnsinn. Und noch viel mehr. [...] Am Pullover riechen und Plotek ist klar, wo er am Vorabend gewesen ist. So riecht nur seine Lieblingsgaststätte. Das ist ein Geruch aus Bier, Rauch, Schweiß und Bratfett. Vertraut, wohlig, radikal. Durch den Geruch wird man polarisiert. So riecht kein Käfer, kein Promi-Fresstempel, kein Tantris, keine Schickimicki-Spelunke in der Innenstadt, so riecht nur das Froh und Munter.
(Sobo Swobodnik: Oktoberfest. Heyne Verlag, München 2011, S. 8ff.)
Um Geld zu verdienen, nimmt Plotek eine Stelle als Kellner bei einem neuen Wiesnwirt an und erkennt, noch bevor er in einen Bestechungssumpf hineingezogen wird, dass es keine gute Idee war. Doch seine Neugier ist geweckt.
Wenn mehr als 30 Personen auf einem Haufen sind, bekommt Plotek immer Beklemmungen. Jetzt waren 4000 auf einem Haufen. Plotek war mittendrin. Das Oberländer-Zelt war bis auf den letzten Platz gefüllt. Ploteks Kopf auch. Wenn man acht Weißbier und sechs Tequila getrunken hat, hat man kurz danach nicht nur einen Rausch, sondern etwas später auch einen Kater. Also Schädelweh! Ploteks Kopf war jetzt so groß wie das ganze Festzelt. Da ging es zu wie beim Sommerschlussverkauf bei Hertie. Die Blasmusik brachte die Nervenbahnen zum Glühen. Die Neurotransmitter waren Bierpfützen und die Rezeptoren gegrillte Hendl. Bloß nicht stehen bleiben, war Ploteks einziger Gedanke, sonst falle ich um. Immer weiterlaufen, Schritt für Schritt, Maßkrug für Maßkrug vorwärts, dem Kollaps entgegen. Wie unter Drogen donnerte Plotek die Maßkrüge auf den Tisch.
(S. 27)