Die Herbergen
Polizeioffiziant Thiel ermittelt in den unterschiedlichsten Stadtvierteln und lernt ein breites Spektrum an Menschen und Lebensformen kennen. Aus der Altstadt kommend, überquert er die Isar und erreicht Haidhausen.
Ohne groß auf den Weg zu achten, lief er an den immer dichter beieinanderstehenden Herbergshäuschen vorbei. Die Straßen wurden immer schlechter, gingen schließlich in enge, ungepflasterte Gassen über. Tiefe Rillen hatten sich in den Boden gegraben.
Er muss aufpassen, dass er nicht zu schwungvoll in eine Pfütze tritt und sich mit Spritzwasser die Uniform beschmutzt. Lehm bleibt schwer an seinen Stiefeln kleben.
Zwischen den Häuschen sprangen Kinder herum, Frauen mit schweren Weidekörben bahnten sich ihren Weg durch das Gewusel. Einige Alte werkelten in den winzigen Gärtchen, die die Herbergshäuschen umgaben. Trotz des Nieselregens herrschte emsige Geschäftigkeit. Über der ganzen Gegend hing herber Malzgeruch von den nahen Brauereien.
In den Herbergshäusern der Au leben die armen Leute. Diese Wohnform ist damals typisch für die Unterschicht: Eine Herberge besteht aus einem oder mehreren kleinen Zimmern, die gekauft werden müssen. Oft ist auch ein Stall dabei, in dem ein Haustier, zum Beispiel eine Ziege, gehalten wird.
Die Herbergshäuschen entlang der Straße ähnelten sich alle sehr. Durch die vielen Anbauten war oft gar nicht mehr so recht ersichtlich, wo das eine aufhörte und das nächste bereits anfing. In seltsamen Verschachtelungen waren Holzverschläge und Blechdächer an die ursprünglichen Hauswände angefügt. Jede Ecke wurde ausgenutzt, um Wohnraum zu schaffen.
(Heidi Rehn: Blutige Hände. Emons Verlag, Köln 2006, S. 55)
Thiels Ziel ist der Wiener Hof am Wiener Platz.
Viele bekannte Gesichter blickten erschrocken auf, als er durch die Reihen schritt. Einige von ihren gehörten zu den streikenden Schneidergehilfen, die er vor zwei Tagen in der Polizeidirektion hatte verhören lassen. Bekamen seit Wochen keinen Lohn, aber saßen im Wirtshaus beim Bier! Nicht eben freundlich grüßte er einige von ihnen, peinlich berührt schauten sie sofort weg. Er wusste genau, wen er suchte.
(S. 125ff.)
Weitere Kapitel:
Polizeioffiziant Thiel ermittelt in den unterschiedlichsten Stadtvierteln und lernt ein breites Spektrum an Menschen und Lebensformen kennen. Aus der Altstadt kommend, überquert er die Isar und erreicht Haidhausen.
Ohne groß auf den Weg zu achten, lief er an den immer dichter beieinanderstehenden Herbergshäuschen vorbei. Die Straßen wurden immer schlechter, gingen schließlich in enge, ungepflasterte Gassen über. Tiefe Rillen hatten sich in den Boden gegraben.
Er muss aufpassen, dass er nicht zu schwungvoll in eine Pfütze tritt und sich mit Spritzwasser die Uniform beschmutzt. Lehm bleibt schwer an seinen Stiefeln kleben.
Zwischen den Häuschen sprangen Kinder herum, Frauen mit schweren Weidekörben bahnten sich ihren Weg durch das Gewusel. Einige Alte werkelten in den winzigen Gärtchen, die die Herbergshäuschen umgaben. Trotz des Nieselregens herrschte emsige Geschäftigkeit. Über der ganzen Gegend hing herber Malzgeruch von den nahen Brauereien.
In den Herbergshäusern der Au leben die armen Leute. Diese Wohnform ist damals typisch für die Unterschicht: Eine Herberge besteht aus einem oder mehreren kleinen Zimmern, die gekauft werden müssen. Oft ist auch ein Stall dabei, in dem ein Haustier, zum Beispiel eine Ziege, gehalten wird.
Die Herbergshäuschen entlang der Straße ähnelten sich alle sehr. Durch die vielen Anbauten war oft gar nicht mehr so recht ersichtlich, wo das eine aufhörte und das nächste bereits anfing. In seltsamen Verschachtelungen waren Holzverschläge und Blechdächer an die ursprünglichen Hauswände angefügt. Jede Ecke wurde ausgenutzt, um Wohnraum zu schaffen.
(Heidi Rehn: Blutige Hände. Emons Verlag, Köln 2006, S. 55)
Thiels Ziel ist der Wiener Hof am Wiener Platz.
Viele bekannte Gesichter blickten erschrocken auf, als er durch die Reihen schritt. Einige von ihren gehörten zu den streikenden Schneidergehilfen, die er vor zwei Tagen in der Polizeidirektion hatte verhören lassen. Bekamen seit Wochen keinen Lohn, aber saßen im Wirtshaus beim Bier! Nicht eben freundlich grüßte er einige von ihnen, peinlich berührt schauten sie sofort weg. Er wusste genau, wen er suchte.
(S. 125ff.)