Nora und Hedda

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Eleonora Duse als Ellida in "Die Frau vom Meer", Fotographie. (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)

Alfred Freiherr von Mensi-Klarbach (1854-1933), Redakteur der Allgemeinen Zeitung, stellt die beiden großen Frauenfiguren Ibsens und ihre schicksalhafte Wirkung auf das Leben des Dichters nebeneinander: Die Nora-Premiere 1880 brachte Ibsen Ruhm und Erfolg, die Hedda Gabler-Premiere 1891 veranlasste ihn zur Flucht aus München.

Kaum ein ausländischer Dichter ist so eng mit München und dessen Bühnen verknüpft gewesen wie Henrik Ibsen. Zu einer Zeit, als die übrigen deutschen Theater von ihm kaum etwas wissen wollten und Zuhörer und Leser sich vielfach vor solcher Ibsen-Revolution entsetzten, sind seine Dramen, vor allem seine Nora, im Münchner kgl. Residenztheater wiederholt aufgeführt worden [...] Mit dem Namen Nora ist für immer der Name Marie Conrad-Ramlo verknüpft, die Ibsen selbst als die beste deutsche Darstellerin dieser Rolle bezeichnet hat. Am 7. Juni 1893 spielte sie diese zum letzten Mal zu ihrem 25jährigen Jubiläum, zum ersten Mal am 3. März 1880, und zwar mit dem richtigen Schlusse, nicht mit dem „günstigen“, den Ibsen selbst für Frau Niemann-Raabe hergestellt hatte, nicht auf deren Wunsch, wie der von Ibsen aus München vom 18. Febr. 1880 datierte, seinerzeit vom „Literarischen Echo“ veröffentlichte Brief , wie der sich anschließende der Niemann-Raabe bezeugt, sondern auf die Bitte des damaligen Leiters des Hamburger Thalia-Theaters Chérie Maurice, der seinem Publikum den richtigen Schluss nicht vorzuführen wagte.  

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Verhängnisvoll war die am 31. Jan. 1891 im Residenztheater stattfindende Erstaufführung der 1888 entstandenen Hedda Gabler, für die Aufführung wie für den Dichter. Es war er erste und letzte Ibsen-Durchfall. Nach dem letzten Akt drohte ein Theaterskandal. Wohl konnte der Dichter unter dem Beifall seiner Verehrer erscheinen, aber das Stück konnte erst im Dezember 1900 neu einstudiert und ohne Anstand wieder erscheinen, auch die Duse brachte es 1908 italienisch ins Schauspielhaus, aber der Dichter verließ verärgert München, dem er jedoch eine große Anhänglichkeit bewahrte, wie uns der Schriftsteller Klinenberger, der ihn noch in Christiania besucht hatte, erzählte. Auf dessen Zuspruch „Gehen Sie doch wenigstens nach München; dort haben Sie sich immer wohlgefühlt“, antwortete Ibsen: „Ja, das ist wahr, München ist sehr schön.“

(Alfred Freiherr von Mensi-Klarbach: Münchner Ibsen-Premieren. In: Münchner Neueste Nachrichten, 17. März 1928)

 

Alfred Freiherr von Mensi-Klarbach wurde am 16. Dezember 1854 in Innsbruck geboren. Er war Redakteur der Allgemeinen Zeitung und starb am 13. März 1933 in München.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt