Noras Vorbild
Die Schriftstellerin Sophie Rützow, die 1943 das Buch Richard Wagner und Bayreuth veröffentlichte, hat sich in den 1950er Jahren auf Spurensuche in Sachen Ibsen und München begeben. Im Stadtarchiv befinden sich ihre unveröffentlichten Typoskripte zu unterschiedlichen Aspekten von Ibsens Leben und Werk. Ihr besonderes Interesse galt seinen ebenso selbstbewussten wie konfliktträchtigen Frauenfiguren, deren Vorbilder sie aufspürte.
Ibsen empfing zur Nora entscheidende Impulse in München. Laura Kieler, das Urbild der Nora, hatte als 19jähriges Mädchen ein Kampfgedicht gegen Brand verfasst und war auf diese Weise mit Ibsen bekannt geworden. Er nahm auch an ihrem Schicksal teil, als sie sich verheiratete mit dem pedantischen, kränklichen Victor Kieler. In München fiel Frau Suzannah Ibsen das Werk John Stuart Mills über die „untergeordnete Stellung der Frau“ in die Hand, sie drang in Ibsen, er solle ein Schauspiel über dieses Thema schreiben. Ibsen nahm Laura Kieler mit ihrem Drang nach Selbstständigkeit, nach Unabhängigkeit zum Vorbild; das Stück gedieh aber nur langsam. Da kam Laura Kieler nach München zu Besuch auf der Durchreise und erzählte Suzannah Ibsen eingehend von den Schulden, die sie sich um ihres kranken Mannes Willen aufgeladen habe und welche Komplikationen draus entstanden seien. Dieser Besuch Laura Kielers in München war ausschlaggebend, nun kam „ein Zug“ in das Stück [...]
Ich bin Laura Kieler in Dänemark noch persönlich begegnet. Sie war eine alte Dame von 80 Jahren. Es wird außer mir in Deutschland kaum noch jemanden geben, der das Urbild der Nora gekannt hat.
Hedda Gabler: Schon vor der Uraufführung im Residenztheater am 31. Januar 1891 schwirrte es in München von Gerüchten, das Urbild der Hedda Gabler sei eine Münchnerin. Man nannte damals auch einen Namen, es war eine Dame der Gesellschaft, die sich kurz vorher vergiftete hatte.
Ibsen hat diesen Gerüchten nie widersprochen. Und in den letzten Jahren seines Lebens bestätigte er: „Die Urgestalt der Hedda gehört nach München. Ich bin ihr im Münchner Hofgarten begegnet!“
(Sophie Rützow: Ibsen und München, 4.5.1956. Typoskript, Stadtarchiv)
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Die Schriftstellerin Sophie Rützow, die 1943 das Buch Richard Wagner und Bayreuth veröffentlichte, hat sich in den 1950er Jahren auf Spurensuche in Sachen Ibsen und München begeben. Im Stadtarchiv befinden sich ihre unveröffentlichten Typoskripte zu unterschiedlichen Aspekten von Ibsens Leben und Werk. Ihr besonderes Interesse galt seinen ebenso selbstbewussten wie konfliktträchtigen Frauenfiguren, deren Vorbilder sie aufspürte.
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Ich bin Laura Kieler in Dänemark noch persönlich begegnet. Sie war eine alte Dame von 80 Jahren. Es wird außer mir in Deutschland kaum noch jemanden geben, der das Urbild der Nora gekannt hat.
Hedda Gabler: Schon vor der Uraufführung im Residenztheater am 31. Januar 1891 schwirrte es in München von Gerüchten, das Urbild der Hedda Gabler sei eine Münchnerin. Man nannte damals auch einen Namen, es war eine Dame der Gesellschaft, die sich kurz vorher vergiftete hatte.
Ibsen hat diesen Gerüchten nie widersprochen. Und in den letzten Jahren seines Lebens bestätigte er: „Die Urgestalt der Hedda gehört nach München. Ich bin ihr im Münchner Hofgarten begegnet!“
(Sophie Rützow: Ibsen und München, 4.5.1956. Typoskript, Stadtarchiv)