Penzberg

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Ansicht von Penzberg, Holzschnitt 1875. © Bayerische Staatsbibliothek, Porträtsammlung

Auch die im Bezirk Weilheim gelegene Stadt Penzberg und deren politisches Leben dürfte Horváth mit zur Zeichnung des Schauplatzes herangezogen haben. Die Vereinskultur in der „proletarischen Provinz“ Penzberg (Klaus Tenefelde) zeigt Ähnlichkeiten mit der „Gartenunterhaltung, diese unsere republikanische italienische Nacht“, die die Parteimitglieder des republikanischen Schutzverbandes mit Tanz und Theater trotz Aufmärschen der Faschisten[1] veranstalten wollen:

Nun ist es finster geworden und nun steigt die republikanische italienische Nacht. Mit Girlanden und Lampions, Blechmusik und Tanz. – Mitglieder und Sympathisierende ziehen mit Musik in das Gartenlokal ein, und zwar auf die Klänge des Gladiatorenmarsches; allen voran der Stadtrat Ammetsberger, Kranz, Betz, Engelbert mit ihren Damen. Auch Karl und Leni sind dabei. Und auch Martin kommt mit seinen Kameraden, finster und entschlossen – und setzt sich abseits mit ihnen.[2]

Während die junge revolutionäre Generation der Sozialdemokraten um Martin dem Fest eher fern bleibt, um antidemokratischen Bestrebungen entschieden entgegenzutreten („Daß mir nur keiner tanzt! Disziplin, muß ich schon bitten – Disziplin und Opposition!“), bekennen sich die älteren Herren des Schutzverband-Vorstands um den Stadtrat zum Fest, da sie keinen Grund zur Beunruhigung sehen: „Der Stadtrat, Betz, Kranz, Engelbert usw. mit ihren Damen tanzen nun eine Française – Martin und seine Kameraden sehen finster zu. Jetzt spielt die Musik einen Walzer.“[3]



[1] Siehe dazu Bartsch, Kurt (2000): Ödön von Horváth, S. 76: „Nicht bewusst wird dem politischen Spießer, dem an nichts mehr liegt, als sich in einem apolitischen Raum (Kartenspiel, Fest) zu bewegen, der Widerspruch von ‚republikanisch‘ und ‚italienisch‘, wiewohl sich ihm selbst angesichts der Demonstrationen der Faschisten und des Feierns eines republikanischen Festes unter dem Etikett ‚Italienisch‘ verräterischerweise der Name Mussolini unbewusst aufdrängt“: „Unsere republikanische italienische Nacht steigt heute nacht trotz Mussolini und Konsorten! Karo As!“ (Ö. v. H.: Gesammelte Werke. Bd. 3, S. 64)

[2] Ö. v. H.: Gesammelte Werke. Bd. 3, S. 90f.

[3] Vgl. Klaus Tenefelde: Proletarische Provinz. Radikalisierung und Widerstand in Penzberg/Oberbayern 1900 bis 1945. In: Bayern in der NS-Zeit IV. Teil C. München, Wien 1981, S. 159f., zit. nach ebda., S. 185f.: „Die Gruppe der sozialdemokratischen Vereine hing wie Kletten aneinander. Ein jeder verschönerte das Fest des anderen in der Gewißheit eines Gleichen; […] Umgekehrt schlugen sich politische Auseinandersetzungen und Verschiebungen der Kräfteverhältnisse im Vereinswesen besonders sensibel, und zwar nicht zuletzt in Gestalt persönlicher Querelen und Diffamierungen, nieder.“

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik