Schaubude (1880-1938)

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K. H.: Die Wunderbude. In: Die Auster 2 (1904) 26

Die erste Schaubude auf der Theresienwiese war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Wachsfigurenkabinett auf dem Oktoberfest von 1838. Bis in die 1850er Jahre hinein spielten Schaustellungen auf der Wiesn kaum eine Rolle, im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erfuhr die Schaustellerei auch insgesamt einen Aufschwung. Mit der Gewerbefreiheit, der Reisefreiheit durch den Zusammenschluss des deutschen Reichs und immer besseren Transportmöglichkeiten, konnten sich die Betriebe entfalten und eine immer größere Vielfalt entwickeln. 1899 verloste der Münchner Magistrat Plätze für 12 Photographiebuden, 15 für Schießbuden, 5 für Schiffschaukeln und 6 für Karussells ohne Dampfbetrieb. Ende des 19. Jahrhunderts war das Angebot auf der Theresienwiese von Zurschaustellungen verschiedenster Völker und Abnormitäten, Wachsfiguren, Sammlungen, Theatern und Menagerien geprägt.

Das war in München beim Oktoberfeste,
da die Theresienwiese voll vom Schrein
und Schwall der Schauer ist. Da bunte Gäste
aus der Provinz der Kunst der Rindermäste
verständnisvoll ein Mund voll Worte leihn.

[...]

Bier gabs und Wein in Strömen allerorten,
und viel Verständge prüften dran; es ließ
die Blume gelten der und der die Borten.
Marktschreier prahlten an den Bretterpforten
und priesen ihre Wunder weit mit Worten,
als wären sie mit Noah und Konsorten
zurückgekehrt ins echte Paradies.

[...]

Wie ich mich so durch das Getümmel wand,
da stand ich plötzlich an der Wiese Rand
vor einer Bude. Überm Eingang stand
in kargen Lettern zaghaft und bescheiden:
„Das Leben Jesu Christi und sein Leiden.“
Und – ich weiß nicht warum, ich trat hinein.
Schon hielt ich in der Hand den blauen Schein,
der für zehn Pfennig Einlaß mir gewährte.
Ich fragte mich, was den Besitzer nährte;
denn in der Bude war ich ganz allein.

Rainer Maria Rilke: Jahrmarkt aus Christus Elf Visionen (1896). Sämtliche Werke. Band 2. Insel Verlag, Wiesbaden 1957

 

In der Mänascheri sind aber keine inlendischen Rindfiecher sontern auslendische Rauptire, wo Menschen fräsen bald sie heraus sind, haber es giebd auch Leide, wo zu ienen hineingehn und ein Weisbild ist auch zu ienen in den Kefich und had einen gans kurtzen Rohk angehabd bis zu die Kniehe und fäste Wahdeln, das du geschaugt häzt, was fier Wahdeln disses wahren und sie had mid einer grosen Hunzbeitschen auf die Löben und Thieger gehaud das sie gewimpseld haben und bald einer sein Fozmäu aufreist und brillt haut sie iem auf die Nasse als wen es plos eine hauskaz wehre.

Ludwig Thoma: Jozef Filsers Briefwexel. Langen Müller Verlag, München 1912

 

Hereinspaziert, meine Herrschaften – 'ziert, meine Herrschaften – 'ziert, meine Herrschaften – 'ziert, meine 'schaften – 'schaften! Was die sämtlichen Weltteile, was Amerika und der Ozean wirklich Gediegenes bieten – hier wird es gezeigt und sieht man es, hier entrollt es dem staunenden Besucher. Hier amüsiert man sich, hier unterhält man sich, hier ist das Vergnügen zu Haus, die Wonne, Seligkeit und Unterhaltung. – Kuriositäten, Raritäten, Athleten, Magneten samt Geräten.

Alexander Roda Roda: Die Schaubude auf dem Oktoberfest. In: Roda Roda und die vierzig Schurken. Paul Zsolnay Verlag, Wien u.a. 1932

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek