Glückshafen (1880-1938)
Aus einer immer wieder erweiterten Szenenfolge ist in den Jahren von 1919 bis 1949 das Stück „Oktoberfest. Warum sich Karl Valentin aufs Oktoberfest freut“ entstanden. Ursprünglich traten in der „Oktoberfestschau“ Karl Valentin als „Taffit, das Wunder mit den Riesenohren“ und Liesl Karlstadt als Rekommandeur im schwarzen Frack mit seidenen Aufschlägen auf. Die übrigen Mitspieler saßen als Blaskapelle vor der Dekoration einer Schaubude. 1919 spielte Karl Valentin Posaune und der junge Bert Brecht Klarinette.
Er: Da Hast a Mark und zwanzig Pfennig – geh hin und nimm zwölf Los.
Sie: Bitte zwölf Lose.
Er: Bin neugierig, ob a Treffa dabei is!
Sie: Uni i bin neugierig, ob ma's Gas dahoam zuagmacht ham. (Aufgeregt) Da schau her, Benedikt – Nummer 38. (Sie hält jedes Mal triumphierend das Los mit der Nummer in die Höhe.)
Er: Ja, was is' des!
Sie: Da schau her – Nummer 176.
Er: Ja, was is' des!
Sie: Scho wieder a Treffa – da schau her – Nummer 18.
Er: Ja, was is' des!
[...]
Sie: Ja freilich, Benedikt, des sind alles die unsern, heut kommen überhaupt nur Gewinste, wo wir ham. Schau her, Nummer 30 hab i aa und die nächste Nummer 10 hab i aa und jetzt bin i gspannt, ob die letzten – Schau, akrat kemma jetzt unsere letzten Nummern heraus: 6, 36 und 46.
Er: Lass da glei die Gewinste geb'n – i bin neugieri, was ma alles gwonna ham.
Der Glückshafenmann: Bitte, Nummer 38 – ein Regulator.
Er: Ja, was is des! – Und a Zifferblatt is a drauf!
Der Glückshafenmann: Nummer 176 – ein Nudelholz und ein hölzerner Kochlöffel.
Er: Ja, was is des! A Lebenswecker!
Der Glückshafenmann: Nummer 18 – ein Vogelbauer.
Sie: Ja, was is des! A leerer Vogelbauer, den Vogel dazu hast eh scho in dein Hirn drin!
Der Glückshafenmann: Nummer 78 – eine rote Gießkanne.
Er: Ja, was is des! Da d'rmit kannst du dem deinigen Vogel a Wasser geben.
Der Glückshafenmann: Nummer 78 – ein Teddybär.
Sie: Ja, was is des! Des is was für d' Kinder.
Der Glückshafenmann: Nummer 95 – ein Karton Kämme.
Er: Ja, was is des! Na ham ma glei an Vorrat für die lausigen Zeiten.
[...]
Er: Wie wuist denn des überhaupt alles hoambringa?
Sie: Woaßt was, Benedikt, die Kleinigkeiten schiabst in dei Taschn eini.
(Sie stopft ihm das Nudelholz, den Kochlöffel und den Teddybär links und rechts in die Taschen und unter den Arm schiebt sie ihm den Karton mit den aufgehefteten Kämmen und den Kleiderrechen. Den Vogelbauer gibt sie ihm in die rechte Hand und unter den linken Arm den Regulator. Endlich muß er die Gieskanne und den Nachttopf in die linke Hand nehmen. Sie selbst trägt den Putzkübel, den Schrubber und das Waschschaff.)
Komm, jetzt gehn ma!
Er: A solchenes Glück, mehra Treffa als wie Los! (Er geht mühsam weiter.)
Karl Valentin: Panoptikum. In: Gerhard Pallmann (Hg.): Karl Valentins Panoptikum. Neun Stehgreifkomödien. Piper Verlag, München 1952
Weitere Kapitel:
Aus einer immer wieder erweiterten Szenenfolge ist in den Jahren von 1919 bis 1949 das Stück „Oktoberfest. Warum sich Karl Valentin aufs Oktoberfest freut“ entstanden. Ursprünglich traten in der „Oktoberfestschau“ Karl Valentin als „Taffit, das Wunder mit den Riesenohren“ und Liesl Karlstadt als Rekommandeur im schwarzen Frack mit seidenen Aufschlägen auf. Die übrigen Mitspieler saßen als Blaskapelle vor der Dekoration einer Schaubude. 1919 spielte Karl Valentin Posaune und der junge Bert Brecht Klarinette.
Er: Da Hast a Mark und zwanzig Pfennig – geh hin und nimm zwölf Los.
Sie: Bitte zwölf Lose.
Er: Bin neugierig, ob a Treffa dabei is!
Sie: Uni i bin neugierig, ob ma's Gas dahoam zuagmacht ham. (Aufgeregt) Da schau her, Benedikt – Nummer 38. (Sie hält jedes Mal triumphierend das Los mit der Nummer in die Höhe.)
Er: Ja, was is' des!
Sie: Da schau her – Nummer 176.
Er: Ja, was is' des!
Sie: Scho wieder a Treffa – da schau her – Nummer 18.
Er: Ja, was is' des!
[...]
Sie: Ja freilich, Benedikt, des sind alles die unsern, heut kommen überhaupt nur Gewinste, wo wir ham. Schau her, Nummer 30 hab i aa und die nächste Nummer 10 hab i aa und jetzt bin i gspannt, ob die letzten – Schau, akrat kemma jetzt unsere letzten Nummern heraus: 6, 36 und 46.
Er: Lass da glei die Gewinste geb'n – i bin neugieri, was ma alles gwonna ham.
Der Glückshafenmann: Bitte, Nummer 38 – ein Regulator.
Er: Ja, was is des! – Und a Zifferblatt is a drauf!
Der Glückshafenmann: Nummer 176 – ein Nudelholz und ein hölzerner Kochlöffel.
Er: Ja, was is des! A Lebenswecker!
Der Glückshafenmann: Nummer 18 – ein Vogelbauer.
Sie: Ja, was is des! A leerer Vogelbauer, den Vogel dazu hast eh scho in dein Hirn drin!
Der Glückshafenmann: Nummer 78 – eine rote Gießkanne.
Er: Ja, was is des! Da d'rmit kannst du dem deinigen Vogel a Wasser geben.
Der Glückshafenmann: Nummer 78 – ein Teddybär.
Sie: Ja, was is des! Des is was für d' Kinder.
Der Glückshafenmann: Nummer 95 – ein Karton Kämme.
Er: Ja, was is des! Na ham ma glei an Vorrat für die lausigen Zeiten.
[...]
Er: Wie wuist denn des überhaupt alles hoambringa?
Sie: Woaßt was, Benedikt, die Kleinigkeiten schiabst in dei Taschn eini.
(Sie stopft ihm das Nudelholz, den Kochlöffel und den Teddybär links und rechts in die Taschen und unter den Arm schiebt sie ihm den Karton mit den aufgehefteten Kämmen und den Kleiderrechen. Den Vogelbauer gibt sie ihm in die rechte Hand und unter den linken Arm den Regulator. Endlich muß er die Gieskanne und den Nachttopf in die linke Hand nehmen. Sie selbst trägt den Putzkübel, den Schrubber und das Waschschaff.)
Komm, jetzt gehn ma!
Er: A solchenes Glück, mehra Treffa als wie Los! (Er geht mühsam weiter.)
Karl Valentin: Panoptikum. In: Gerhard Pallmann (Hg.): Karl Valentins Panoptikum. Neun Stehgreifkomödien. Piper Verlag, München 1952