Bierzelt (1946-1980)
In der Ochsenbraterei auf dem Oktoberfest in München setzte ich mich zum einem Mann, der mir nicht durchaus oktoberfestlich gestimmt schien. Er begrüßte mich jedoch freundlich und deutete, das Gespräch beginnend, auf den Ochsen im Hintergrund der Halle, der eben im Drehen innehielt: „Jatzt is er ferti-iatzt können S'oan hab'n“, sagt er. [...] „Des war ein guater Ochs, kann ich Eahna sag'n – August hat er g'hoaß'n.“ „Warum?“ fragte ich nun doch, „haben Sie den Ochsen näher gekannt?“ Er rückte vertraulich zu mir heran.- „Freili hab i 'n näher kennt – weil er Eahna so guat schmeckt, iatzt sag i's Eahna: des war mei Ochs!“
Josef Maria Lutz: Der Ochse August. In: Ernst Hoferichter; Heinz Strobl: 150 Jahre Oktoberfest 1810-1960. Münchener Zeitungsverlag, München 1960, S. 149
Was die Weißwurst unter den Würsten, das sind die Bierzelte unter allen Buden der Wies'n. Sie sind Treffpunkte der gesteigerten Freude und ein Anfang vom Ende. Aus ihr wächst die „Wies'n-Maß“ als Nabel der Festlichkeit hervor. Um ihre Majestät scharen sich als Gefolge die Hendl, die Steckerlfische, gebratene Ochsen und gelaugte Brezen. Und der Münchner, der auf seinem Rundgang Subjekt der reinen Erfahrung war, wird jetzt Subjekt und Objekt zugleich. Das Ich setzt sich selbst – und möglichst nah an die Schenke. Jetzt hat alle Philosophie ein Ende, und die Weisheit des Genießens beginnt.
Ernst Hoferichter: Das schönste Volksfest der Welt. In: Mein bayerisches Leben. Langen Müller Verlag, München 1972, S. 266
Zum siebtenmal nach vielen Jahren
Is d'Wiesnstimmung wieder da
Den Grund dafür kannst leicht erfahren,
Denn jeder Münchner weiß es ja.
Nichts kann ihn mehr zur Freude locken
Als wie ein gutes volles Bier.
Da gibt es keine faden Nocken
Da schmeckt es ihm und schmeckt es ihr.
Das Vollbier ist zum Wiesn feiern
Der wahre Treibstoff der Natur,
Für dieses größte Fest der Bayern
Gibts dieses eine Mittel nur.
Selbst Steckerlfisch und bratne Hendeln
Samt Karussell und Achterbahn
Sie alle um den Maßkrug pendeln
Als gutes schönes Drum und Dran.
Michl Ehbauer: Wiesnsymphonie. In: Ernst Hürlimann (Hg.): Münchner Oktoberfest 1955: 's Wiesnbücherl. Eine kleine Erinnerung an das Oktoberfest 1955. Oktoberfestverlag, München 1955, S. 58f.
Ich gehe durch 1000 Musik der Wirtsbudenstraße zum Pschorrzelt, als einer von 7 Bauchladenträgern Zigaretten zu verkaufen. [...] Immer wenn die Zeit des Oktoberfestes kommt, ist die Zeit dazwischen wie ein kurzer Urlaub, und ich hebe den Bauchladen, lüfte den Schulterriemen. Setz dich nicht auf den Balken, geh weiter, geh in den Gang, auch wenn der andere gerade durchgegangen ist, die Angetrunkenen reagieren willkürlich. Zigarrn Zigarettn. Mann: Daher Spezi! Stuyvesant. Was machts? Hast keine kleine, 2 Mark du spinnst ja. [...] Heuer verkaufen wir alle die Doppelpackung zu 1,75, zehn Prozent Aufschlag, 1,95, aber ich spinn nicht, 2 Mark basta, das riskier ich, daß ein Kontrollör mich erwischt und ich wiesengesperrt werde und 5 Jahre nicht mehr auf dem Oktoberfest verkaufen darf.
Herbert Achternbusch: Zigarettenverkäufer. In: Hülle. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1969
Weitere Kapitel:
In der Ochsenbraterei auf dem Oktoberfest in München setzte ich mich zum einem Mann, der mir nicht durchaus oktoberfestlich gestimmt schien. Er begrüßte mich jedoch freundlich und deutete, das Gespräch beginnend, auf den Ochsen im Hintergrund der Halle, der eben im Drehen innehielt: „Jatzt is er ferti-iatzt können S'oan hab'n“, sagt er. [...] „Des war ein guater Ochs, kann ich Eahna sag'n – August hat er g'hoaß'n.“ „Warum?“ fragte ich nun doch, „haben Sie den Ochsen näher gekannt?“ Er rückte vertraulich zu mir heran.- „Freili hab i 'n näher kennt – weil er Eahna so guat schmeckt, iatzt sag i's Eahna: des war mei Ochs!“
Josef Maria Lutz: Der Ochse August. In: Ernst Hoferichter; Heinz Strobl: 150 Jahre Oktoberfest 1810-1960. Münchener Zeitungsverlag, München 1960, S. 149
Was die Weißwurst unter den Würsten, das sind die Bierzelte unter allen Buden der Wies'n. Sie sind Treffpunkte der gesteigerten Freude und ein Anfang vom Ende. Aus ihr wächst die „Wies'n-Maß“ als Nabel der Festlichkeit hervor. Um ihre Majestät scharen sich als Gefolge die Hendl, die Steckerlfische, gebratene Ochsen und gelaugte Brezen. Und der Münchner, der auf seinem Rundgang Subjekt der reinen Erfahrung war, wird jetzt Subjekt und Objekt zugleich. Das Ich setzt sich selbst – und möglichst nah an die Schenke. Jetzt hat alle Philosophie ein Ende, und die Weisheit des Genießens beginnt.
Ernst Hoferichter: Das schönste Volksfest der Welt. In: Mein bayerisches Leben. Langen Müller Verlag, München 1972, S. 266
Zum siebtenmal nach vielen Jahren
Is d'Wiesnstimmung wieder da
Den Grund dafür kannst leicht erfahren,
Denn jeder Münchner weiß es ja.
Nichts kann ihn mehr zur Freude locken
Als wie ein gutes volles Bier.
Da gibt es keine faden Nocken
Da schmeckt es ihm und schmeckt es ihr.
Das Vollbier ist zum Wiesn feiern
Der wahre Treibstoff der Natur,
Für dieses größte Fest der Bayern
Gibts dieses eine Mittel nur.
Selbst Steckerlfisch und bratne Hendeln
Samt Karussell und Achterbahn
Sie alle um den Maßkrug pendeln
Als gutes schönes Drum und Dran.
Michl Ehbauer: Wiesnsymphonie. In: Ernst Hürlimann (Hg.): Münchner Oktoberfest 1955: 's Wiesnbücherl. Eine kleine Erinnerung an das Oktoberfest 1955. Oktoberfestverlag, München 1955, S. 58f.
Ich gehe durch 1000 Musik der Wirtsbudenstraße zum Pschorrzelt, als einer von 7 Bauchladenträgern Zigaretten zu verkaufen. [...] Immer wenn die Zeit des Oktoberfestes kommt, ist die Zeit dazwischen wie ein kurzer Urlaub, und ich hebe den Bauchladen, lüfte den Schulterriemen. Setz dich nicht auf den Balken, geh weiter, geh in den Gang, auch wenn der andere gerade durchgegangen ist, die Angetrunkenen reagieren willkürlich. Zigarrn Zigarettn. Mann: Daher Spezi! Stuyvesant. Was machts? Hast keine kleine, 2 Mark du spinnst ja. [...] Heuer verkaufen wir alle die Doppelpackung zu 1,75, zehn Prozent Aufschlag, 1,95, aber ich spinn nicht, 2 Mark basta, das riskier ich, daß ein Kontrollör mich erwischt und ich wiesengesperrt werde und 5 Jahre nicht mehr auf dem Oktoberfest verkaufen darf.
Herbert Achternbusch: Zigarettenverkäufer. In: Hülle. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1969