Lena Christ und Lodovico Fabbri

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Kofferaufkleber Posthotel Partenkirchen (Foto: Privatbesitz)

An einem Vortragsabend für Verwundete des Landshuter Lazaretts lernte Lena Christ Lodovico Fabbri (eigentlich Ludwig Schmidt) kennen. Er war Kriegsinvalide und arbeitete im Gefangenenlager als Dolmetscher, denn er sprach perfekt Italienisch, Französisch und Deutsch. Er war er als Kind deutscher Eltern in Italien geboren und liebte es besonders, die Lieder seiner Heimat zu singen und sich dabei auf der Laute zu begleiten. Damit und mit seiner Heiterkeit, seinem mitreißenden Temperament, seiner Schlagfertigkeit und seinem Witz gewann er die Herzen seiner Zuhörer. Peter Jerusalem forderte Fabbri auf, sich in seiner Abwesenheit um seine Frau zu kümmern, weil er gemerkt hatte, dass ihr das Zusammensein mit dem lebensfrohen, humorvollen jungen Mann gut tat. Fabbri eröffnete ihr eine neue fremde und verlockende Welt und lenkte sie von ihren trüben Gedanken ab. Wie aus dem Nichts scheint Lodovico Fabbri in Lena Christs Leben aufgetaucht und nach einer Weile ebenso plötzlich und spurlos wieder verschwunden zu sein. Und so gut wie nichts ist von ihm überliefert: kein Bild, keine Daten, nur ein Plakat mit seinem Namen:

Heiterer bunter Abend
Am Pfingst-Montag, den 9. Juni 1919, abends um 8 Uhr veranstalten im Hotel Post in Partenkirchen Lena Christ, bayerische Schriftstellerin, und Lodovico Fabbri,
internationaler Sänger zur Laute, einen heiteren bunten Abend.
Eintrittskarte Mk 3,-

Lena Christ nannte Lodovico Fabbri ihren „Bub“. Durch seine Jugend verkörperte er für sie wohl auch den Sohn, den sie verlassen und verloren hatte. Doch vor allem war er einer wie sie – einer, der sich selbst erfunden hatte: Aus Ludwig Schmidt hatte er Lodovico Fabbri werden lassen. Er glich ihren Romanfiguren, die ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten und auf ihr Glück nicht verzichten wollten. Lena Christ trennte sich 1919 von Peter Jerusalem und wusste gleichzeitig, dass ihr Glück mit Fabbri nicht von Dauer sein würde. Der Sänger machte sich auf den Weg nach Frankreich, wo er ein Engagement bekommen hatte und verschwand aus ihrem Leben.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt