Sie blickt ihren Gestalten bis ins Innerste: keine Regung entgeht ihr, kein Verdacht, kein Spiel mit den Gedanken. (Josef Hofmiller)
Neben der Bank der neuen Pinakothek war der Krankensaal des Schwabinger Krankenhauses ein weiterer exponierter Schreibplatz für Lena Christ. Zum Tagesablauf gehörten Visiten, das Ein- und Ausgehen der Schwestern und Besucher: „Das alles störte Lena nicht. Sie saß halb aufrecht im Bett, von Kissen im Rücken gestützt, und schrieb in das dicke, in schwarze Wachsleinwand gebundene Heft und fertigte während der Ruhepausen die drolligsten Figuren aus Resten bunter Wollfäden, die ihr ihre Bettnachbarin, die mit einer Strickarbeit beschäftigt war, überlassen hatte.“ (Peter Benedix, Der Weg der Lena Christ, S. 41)
Sie musste kein Thema suchen, sie wusste, warum und was sie schreiben wollte, verspürte die innere Notwendigkeit, ihre eigene Geschichte zu erzählen. Dafür gab es mehrere Gründe, primär den der Selbstvergewisserung, wie auch bei ihrer Zeitgenossin Franziska zu Reventlow. Was diese beim Schreiben von Ellen Olestjerne empfand – von der Verzweiflung bis zur Zufriedenheit, ja sogar zum Glück –, hat sie in Tagebuchaufzeichnungen und Briefen notiert. Im November 1902 triumphierte sie: „Roman fertig. In einer Art glückseligem Rausch. Was für eine Unsumme von Verstimmtheit, Nervosität, Unruhe etc. sind seit dem Ende des Romans von mir weg. – Möchte den ganzen Tag singen.“ (F. Gräfin zu Reventlow, Tagebücher 1895-1910, S. 273) Solche Äußerungen sind von Lena Christ nicht überliefert. Wie sie zum Schreiben stand, wie sie ihre Arbeit meisterte, lässt sich nur aus den Augenzeugenberichten ihres Ehemannes und ihrer ältesten Tochter rekonstruieren. Ein wichtiges Motiv war die Rettung ihrer Lebensgeschichte vor dem Vergessen. Sie sollte festgehalten werden, nicht einfach irgendwann mit ihr verschwinden. Bis heute fehlt die adäquate Würdigung Lena Christs in der Literaturgeschichte. Wenn man ihr einen bayerischen Schriftsteller zur Seite stellen will, dann sollte es Oskar Maria Graf sein. Der Weg von den Erinnerungen einer Überflüssigen zu Aus dem Leben meiner Mutter ist nicht weit.
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Neben der Bank der neuen Pinakothek war der Krankensaal des Schwabinger Krankenhauses ein weiterer exponierter Schreibplatz für Lena Christ. Zum Tagesablauf gehörten Visiten, das Ein- und Ausgehen der Schwestern und Besucher: „Das alles störte Lena nicht. Sie saß halb aufrecht im Bett, von Kissen im Rücken gestützt, und schrieb in das dicke, in schwarze Wachsleinwand gebundene Heft und fertigte während der Ruhepausen die drolligsten Figuren aus Resten bunter Wollfäden, die ihr ihre Bettnachbarin, die mit einer Strickarbeit beschäftigt war, überlassen hatte.“ (Peter Benedix, Der Weg der Lena Christ, S. 41)
Sie musste kein Thema suchen, sie wusste, warum und was sie schreiben wollte, verspürte die innere Notwendigkeit, ihre eigene Geschichte zu erzählen. Dafür gab es mehrere Gründe, primär den der Selbstvergewisserung, wie auch bei ihrer Zeitgenossin Franziska zu Reventlow. Was diese beim Schreiben von Ellen Olestjerne empfand – von der Verzweiflung bis zur Zufriedenheit, ja sogar zum Glück –, hat sie in Tagebuchaufzeichnungen und Briefen notiert. Im November 1902 triumphierte sie: „Roman fertig. In einer Art glückseligem Rausch. Was für eine Unsumme von Verstimmtheit, Nervosität, Unruhe etc. sind seit dem Ende des Romans von mir weg. – Möchte den ganzen Tag singen.“ (F. Gräfin zu Reventlow, Tagebücher 1895-1910, S. 273) Solche Äußerungen sind von Lena Christ nicht überliefert. Wie sie zum Schreiben stand, wie sie ihre Arbeit meisterte, lässt sich nur aus den Augenzeugenberichten ihres Ehemannes und ihrer ältesten Tochter rekonstruieren. Ein wichtiges Motiv war die Rettung ihrer Lebensgeschichte vor dem Vergessen. Sie sollte festgehalten werden, nicht einfach irgendwann mit ihr verschwinden. Bis heute fehlt die adäquate Würdigung Lena Christs in der Literaturgeschichte. Wenn man ihr einen bayerischen Schriftsteller zur Seite stellen will, dann sollte es Oskar Maria Graf sein. Der Weg von den Erinnerungen einer Überflüssigen zu Aus dem Leben meiner Mutter ist nicht weit.