Und da haben mir ihre lieben Zeilen recht wohl getan, umso mehr, als ich durchaus nicht die beneidenswerte Persönlichkeit bin, für die mich die meisten Leute halten. (Brief von Lena Christ an Annette Thoma, 1917, Monacensia Nachlass Lena Christ)

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Gedenktafel am Haus Maximilianstraße 8 in Landshut (Archiv Monacensia)

Ende August 1915 erhielt Peter Jerusalem den Gestellungsbefehl. Gleich nachdem das Schreiben bei ihnen eingetroffen war, versank Lena Christ in düstere Stimmung und lief bedrückt „wie von trüben, dunklen Ahnungen erfüllt umher.“ Sie sorgte sich um den geliebten Mann, sah die Sicherheit, in der sie sich dank seiner Unterstützung seit einigen Jahren befand, dahinschwinden. Vor allem fürchtete sie das Alleinsein. Sie glaubte, nicht ohne ihn existieren zu können. Sie bangte um sein Leben und davor, „allen dunklen Mächten preisgegeben zu sein.“ Doch sie versuchte tapfer, ihren Zustand vor ihm und den Kindern zu verbergen, und lief hinaus ins Feld, wenn sie spürte, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten.

Der einzige Mensch, dem sie sich anvertraute, war Annette Thoma. „Mein lieber Peter ist heut an die Front gekommen. Ich bin recht traurig und ganz mit den Nerven herunter; aber grad kommt mir ihr lieber letzter Brief in die Hände und da muss ich sie herzlich grüßen“, schrieb Lena Christ an die Ehefrau des Malers Emil Thoma. Im Sommer 1917 hatten sich die beiden Frauen kennengelernt. Die Musik – vor allem der Gesang – war es, der sie zusammenschmiedete. Annette Thoma hatte Lena Christs außerordentliche Musikalität sofort entdeckt. Ihr eigener Einsatz galt der Bewahrung des geistlichen Volkliedes, sie war die Schöpferin der Deutschen Bauernmesse. Lena Christ schätzte ihre Klugheit und Sensibilität: „Es kommt ja nicht so sehr drauf an, was man jemandem sagt, sondern wie“, heißt es in einem ihrer Briefe. 

Lena Christ und Peter Jerusalem zogen im Herbst 1917 in eine möblierte Wohnung nach Landshut, wo er schon seit einiger Zeit stationiert war. In der Kleinstadt schien das Überleben zunächst viel leichter zu sein, denn dort bestand kein Mangel an Lebensmitteln. Davon zeugten allein die Auslagen in den Schaufenstern der Läden. „Landshut war ein Paradies. Dinge, die in München nur noch in der Erinnerung lebten, und deren man in schwachen Stunden wehmütig gedachte, gab es hier noch leibhaftig.“ (Peter Benedix, Der Weg der Lena Christ, S. 153)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt