Gérard de Nerval über München II
Entsteigt man der Kutsche und verlässt das große Gebäude der Königlichen Post, befindet man sich auf dem schönsten Platz der Stadt der Residenz gegenüber ... Der Königsbau der Residenz ist genau nach dem Modell des Palazzo Pitti in Florenz gebaut, das Theater nach dem Odeon in Rom, das Postgebäude nach irgendeinem anderen klassischen Vorbild und alles ist von oben bis unten mit Rot, Grün und Himmelblau angemalt. Dieser Platz sieht aus wie eine jener unmöglichen Dekorationen, die Theater manchmal riskieren. Ein solides Denkmal aus rotem Kupfer in der Mitte, das den König Maximilian I. darstellt, stört als Einziges die Illusion. Die Post, ganz in Ochsenblut getüncht – hier heißt es antikes Rot –, von dem gelbe Säulen abstechen, wird durch einige Fresken in pompejanischem Stil mit Reiterdarstellungen aufgeheitert. Das Odeon zeigt in seinem Giebelfeld ein riesenhaftes Fresko in vorwiegend blauen und rosa Farbtönen, das unsere Paravents vor fünfzehn Jahren erinnert. Die Residenz hingegen ist einheitlich in einem schönen zarten Grün gestrichen. Die vierte Seite des Platzes nehmen verschiedenfarbige Häuser ein.
Gérard de Nerval, Auf Sand gebaut, Münchner Eindrücke eines Franzosen, 1840 (Zit. aus: Gérard de Nerval: Auf Sand gebaut. Münchner Eindrücke eines Franzosen im 19. Jahrhundert. In: Süddeutsche Zeitung. 20./21. Mai 1972, S. 128)
Cafés, Modistinnen, Juweliere und Buchhändler „geben; sich pariserisch“. Aber eine lange Reihe von Fresken, auf denen die heroischen Tage Bayerns, von Landschaften Italiens unterbrochen, dargestellt sind, zeugen von Arkade zu Arkade von der Leidenschaft des Ex-Königs dieses Landes für die Malerei, für jede Malerei, wie es scheint... Der von diesen lehrreichen Arkaden umrahmte Hofgarten ist schachbrettartig bepflanzt und von geringer Ausdehnung. Nach dieser Seite geht auch die Palastfassade, an der noch Handwerker arbeiten; sie weist eine recht imponierende Front auf. Geht man auf der Artenseite an ihr entlang, kommt man zu einer weiteren Fassade, bestehend aus lauter uneinheitlichen Gebäuden, zu denen auch die Allerheiligen-Hofkirche, das gelungenste moderne Bauwerk Münchens, gehört.
Gérard de Nerval, Auf Sand gebaut, Münchner Eindrücke eines Franzosen, 1840 (Zit. aus: Gérard de Nerval: Auf Sand gebaut. Münchner Eindrücke eines Franzosen im 19. Jahrhundert. In: Süddeutsche Zeitung. 20./21. Mai 1972, S. 128)
Gérard de Nerval (1808-1855), französischer Dichter; Aufenthalt in München: 1840
Weitere Kapitel:
Entsteigt man der Kutsche und verlässt das große Gebäude der Königlichen Post, befindet man sich auf dem schönsten Platz der Stadt der Residenz gegenüber ... Der Königsbau der Residenz ist genau nach dem Modell des Palazzo Pitti in Florenz gebaut, das Theater nach dem Odeon in Rom, das Postgebäude nach irgendeinem anderen klassischen Vorbild und alles ist von oben bis unten mit Rot, Grün und Himmelblau angemalt. Dieser Platz sieht aus wie eine jener unmöglichen Dekorationen, die Theater manchmal riskieren. Ein solides Denkmal aus rotem Kupfer in der Mitte, das den König Maximilian I. darstellt, stört als Einziges die Illusion. Die Post, ganz in Ochsenblut getüncht – hier heißt es antikes Rot –, von dem gelbe Säulen abstechen, wird durch einige Fresken in pompejanischem Stil mit Reiterdarstellungen aufgeheitert. Das Odeon zeigt in seinem Giebelfeld ein riesenhaftes Fresko in vorwiegend blauen und rosa Farbtönen, das unsere Paravents vor fünfzehn Jahren erinnert. Die Residenz hingegen ist einheitlich in einem schönen zarten Grün gestrichen. Die vierte Seite des Platzes nehmen verschiedenfarbige Häuser ein.
Gérard de Nerval, Auf Sand gebaut, Münchner Eindrücke eines Franzosen, 1840 (Zit. aus: Gérard de Nerval: Auf Sand gebaut. Münchner Eindrücke eines Franzosen im 19. Jahrhundert. In: Süddeutsche Zeitung. 20./21. Mai 1972, S. 128)
Cafés, Modistinnen, Juweliere und Buchhändler „geben; sich pariserisch“. Aber eine lange Reihe von Fresken, auf denen die heroischen Tage Bayerns, von Landschaften Italiens unterbrochen, dargestellt sind, zeugen von Arkade zu Arkade von der Leidenschaft des Ex-Königs dieses Landes für die Malerei, für jede Malerei, wie es scheint... Der von diesen lehrreichen Arkaden umrahmte Hofgarten ist schachbrettartig bepflanzt und von geringer Ausdehnung. Nach dieser Seite geht auch die Palastfassade, an der noch Handwerker arbeiten; sie weist eine recht imponierende Front auf. Geht man auf der Artenseite an ihr entlang, kommt man zu einer weiteren Fassade, bestehend aus lauter uneinheitlichen Gebäuden, zu denen auch die Allerheiligen-Hofkirche, das gelungenste moderne Bauwerk Münchens, gehört.
Gérard de Nerval, Auf Sand gebaut, Münchner Eindrücke eines Franzosen, 1840 (Zit. aus: Gérard de Nerval: Auf Sand gebaut. Münchner Eindrücke eines Franzosen im 19. Jahrhundert. In: Süddeutsche Zeitung. 20./21. Mai 1972, S. 128)
Gérard de Nerval (1808-1855), französischer Dichter; Aufenthalt in München: 1840