Charles Burney über München III

Das Münchener Jesuitenkolleg in der Neuhausergasse galt als eine weithin berühmte und geschätzte Ausbil­dungsstätte für Musiker. Wenn auch keiner der großen Meister aus ihr hervorgegangen ist, so erfuhren hier doch zahlreiche Talente, so auch der größte Teil der bayerischen Klosterkomponisten, eine ausgezeichnete Schulung. Obwohl dieses Studienseminar ursprünglich die Musik nur neben den üblichen Gymnasialfächern be­rücksichtigte, wurde die Erstere mit der Zeit immer mehr zum Hauptfach, weshalb die Anstalt häufig auch als das „Seminarium musicale“ bezeichnet wurde. Als Musik­lehrer wirkten hier stets Mitglieder der Hofmusik. Das Seminar hatte seine eigene Kirchen-, Konzert- und Theatermusik. Neben der Kirchenmusik an St. Michael hatten die Zöglinge auch den Musikdienst bei verschiedenen Kongregationen zu versehen. Da konnte man die Semimaristen mit ihren Instrumenten bald nach Schwabing, bald nach Forstenried, bald nach Berg am Laim, bald nach Perlach wandern sehen, um die Gottesdienste, welche heute diese, ein andermal eine andere Kongregation in den dortigen Kirchen halten ließ, durch ihre Instru­mente auszuzieren. Auch bei Wallfahrten nach Andechs oder Tuntenhausen, oder etwa bei der Kirchweihe in der Jesuitenwallfahrtskirche Möschenfeld fehlten die Musik­schüler nicht. Die Komponisten, deren Werke von ihnen vorgetragen wurden, gehörten hauptsächlich dem Kur­fürstentum Bayern an.

Charles Burney, Reisetagebuch, Münchener Notizen, 1772 (Zit. aus: Aus dem Reisetagebuch des Charles Burney. [Robert Münster: Münchener Notizen 1772]. In: Bayrischer Rundfunk. Redaktion: Hörbild/Inland. Erstsendung: 17. März 1963, S. 13)

 

Burney wohnte der festlichen Aufführung einer Opera buffa im damaligen kleinen Hoftheater am Salvatorplatz bei. Auch der Hof war anwe­send:

Des Abends ging ich nach der komischen Oper auf dem kleinen Theater, wobei der Kurfürst, die Kurfürstin, die verwitwete Kurfürstin von Sachsen, der Markgraf von Baden und die Herzogin von Bayern anwesend waren ... Nach der Oper aß ich wieder zu Abend mit eben der Gesellschaft, womit ich zu Mittag gegessen hatte, und hatte wieder das Entzücken, Trios zu hören, die so gesun­gen wurden, dass man niemals hoffen kann, dergleichen öffentlich zu hören, und auch in vertraulicher Gesell­schaft möchte es sehr schwer halten.

Charles Burney, Reisetagebuch, Münchener Notizen, 1772 (Zit. aus: Aus dem Reisetagebuch des Charles Burney. [Robert Münster: Münchener Notizen 1772]. In: Bayrischer Rundfunk. Redaktion: Hörbild/Inland. Erstsendung: 17. März 1963, S. 3)

 

Charles Burney (1726-1814), englischer Musikhistoriker, Komponist und Organist; Aufenthalt in München: 1772

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek