Friedrich Hebbel über München II
So viel ist gewiss, bis jetzt gehört das Bier zum Münchner Bürger wie seine Seele. Dran knüpft sich denn vieles and're, was dem Fremden auffällt: der schlendernde Gang, der sich bei jedem Schritt nach dem Ziele umsieht, die Scheu vor weiten Spaziergängen, das Großväterlich-Behagliche des ganzen Körpers, der nur fürs Sitzen, fürs Ausruhen vom Nichtstun, geschaffen zu sein scheint. Das Gespräch dieser Leute, so wie es nur vom Bier erweckt wird, betrifft auch einzig und allein das Bier; maulfaul und verdrießlich-ernsthaft sitzen sie sich gegenüber und unterhalten sich, wie Liebende, mit Blicken; endlich schlägt der eine den zinnernen Deckel des Krugs zurück, nippt, schüttelt mit einer vielsagenden Miene den Kopf, nippt noch einmal und seufzt: Alles wird schlechter; der Gevatter legt die Pfeife aus der Hand, räuspert sich, trinkt ebenfalls und sagt: Ja, Ja! Dann schauen sie sich um, ob nicht irgendwo die Kellnerin sich blicken lässt.
Friedrich Hebbel, Reiseeindrücke, 1837 (Zit. aus: Friedrich Hebbel: Historische Schriften. Reiseeindrücke I. Berlin 1913, S. 412f.)
Friedrich Hebbel (1813-1863), deutscher Schriftsteller; Aufenthalt in München: 1836 bis 1839
Weitere Kapitel:
So viel ist gewiss, bis jetzt gehört das Bier zum Münchner Bürger wie seine Seele. Dran knüpft sich denn vieles and're, was dem Fremden auffällt: der schlendernde Gang, der sich bei jedem Schritt nach dem Ziele umsieht, die Scheu vor weiten Spaziergängen, das Großväterlich-Behagliche des ganzen Körpers, der nur fürs Sitzen, fürs Ausruhen vom Nichtstun, geschaffen zu sein scheint. Das Gespräch dieser Leute, so wie es nur vom Bier erweckt wird, betrifft auch einzig und allein das Bier; maulfaul und verdrießlich-ernsthaft sitzen sie sich gegenüber und unterhalten sich, wie Liebende, mit Blicken; endlich schlägt der eine den zinnernen Deckel des Krugs zurück, nippt, schüttelt mit einer vielsagenden Miene den Kopf, nippt noch einmal und seufzt: Alles wird schlechter; der Gevatter legt die Pfeife aus der Hand, räuspert sich, trinkt ebenfalls und sagt: Ja, Ja! Dann schauen sie sich um, ob nicht irgendwo die Kellnerin sich blicken lässt.
Friedrich Hebbel, Reiseeindrücke, 1837 (Zit. aus: Friedrich Hebbel: Historische Schriften. Reiseeindrücke I. Berlin 1913, S. 412f.)
Friedrich Hebbel (1813-1863), deutscher Schriftsteller; Aufenthalt in München: 1836 bis 1839