Alexander Roda Roda über München

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Blick gegen Siegestor und Schwabing (Stadtarchiv München)

Bald wir uns jetzt dem königlich bayerischen Einwohner der Hauptstadt zuwenden, so zerfällt derselbe: a, in Menschen, b, in Zuagroaste. Die Menschen teilen sich in ordentliche Bürger einerseits, und andrerseits in Bayern, Franken, Schwaben, Pfälzer und Tiroler. Die Zuagroasten bestehen aus Preißen und Schlawinern. In die Klasse der Preißen fällt auch der Hesse, Sachse, Hanseate; die Schlawiner hingegen sein Baschkiren, Londoner, Walachen usw., und das bleibt sich ziemlich gleich. Während die Menschen die innere Stadt München bevölkern, dann Bogenhausen, Giesing, Gern und Nymphenburg – halten sich Preißen und Schlawiner am liebsten in Schwabing auf, im Norden, wo man bei Nacht die Orgien schon von weitem erkennt an den beleuchteten Atelierfenstern. Die Schlawiner und Preißen reden untereinander russisch, kaukasisch und schottisch, es ist eine große Sprachenwirrung, darum heißt der Stadtteil Schwabylon, und was dort vorgeht, davor muss sich die Jugend und der Bürger hüten, Überhaupts ist das nördlich vom Siegestor gar kein Bayern nicht, sondern es ist schon mehr Preißen.

Roda Roda, Xaver Hubers Münchener Heimatkunde für die untern Volksschulklassen, 1905 (Zit. aus: Alexander Roda Roda: Xaver Hubers Münchener Heimatkunde für die untern Volksschulklassen. In: Schwabing. Spinnete und erotische enorme und neurotische Moritaten und Verse. Hg. v. Oda Schäfer. München 1958, S. 7)

 

Alexander Roda Roda (1872-1945), österreichischer Schriftsteller und Publizist; Aufenthalt in München: zwischen 1906 und 1926

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek