Christian Schüle: Wurffbains Ostindische Reise

Die wahrhaftige, fast barocke, in jedem Fall höchst lehrreiche Geschichte des Nürnberger Kaufmanns Johann Sigmund Wurffbain, der mitten im Dreißigjährigen Krieg in die unerforschte Fremde zog, um im Auftrag des damals größten Unternehmens der Welt Muskatnüsse zu erbeuten. 

 

Wurffbain wurde 47 Jahre alt. Der Rest ist Legende.

Als er achtzehn war, verließ er das Haus der Eltern, wo er seinen Vater, Doktor Leonhart Wurffbain – seinerzeit Consilarius der Republik Nürnberg und, als wäre das nicht genug, auch noch ‚Genannter des Größeren Raths’ – zum Abschied die Hand reichte, wie es damals innerfamiliärer Anstand empfahl, während nicht weit entfernt, auf dem heutigen Stadtgebiet von Fürth, die Truppen Gustav Adolphs gegen die kaiserlichen Katholiken kämpften und Menschen aller Nationen reihenweise zerstört und zerstückelt wurden. 

Vermutlich über Würzburg westwärts, durch das vom Dreißigjährigen Krieg bereits übel verwüstete Deutschland (auf welchem Wege genau, ist heute wirklich nicht mehr zu eruieren), ging oder fuhr Johann Sigmund Wurffbain im Frühjahr 1632 Richtung Amsterdam, aus dessen Hafen Texel er vier Monate später, nach viel Warterei und gelegentlicher Wollust in den Pensionen und Kneipen der Stadt, auf ein Schiff kommen, Richtung Ostindien aufbrechen und vierzehn Jahre später mit kaum noch erträglicher Sehnsucht in seine Heimat zurückkehren würde. Am Ende starb er eines natürlichen Todes, was damals alles andere als selbstverständlich war.

Ich war auf Wurffbain gestoßen, als ich von der Geschichte des einst mächtigsten Unternehmens der Welt gehört hatte und kaum glauben konnte, dass diese weltbeherrschende Companie aus den vergleichsweise kleinen Niederlanden stammen sollte. Was ich darüber in Erfahrung gebracht hatte, war verblüffend, faszinierend und im eigentlichen unglaublich, und allein diese Verstörung wäre Motivation genug gewesen, auf Spurensuche zu gehen und auf wundersame Weise in den Sog einer nur aus Büchern bekannten Erzählung vom Goldenen Zeitalter Europas Anfang des 17. Jahrhunderts zu geraten, um wertvolle Rückschlüsse für die Gegenwart zu ziehen. In einem der zahlreichen Archive, die ich, um ins Licht höherer Erkenntnis zu gelangen, aufsuchte, stieß ich auf Johan Sigmund Wurffbain aus Nürnberg.

Verfasst von: Christian Schüle

Sekundärliteratur:

Johann Siegmund Wurffbain in der Wikipedia



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Allegorisches Frontispiz des Reisebuchs von J. S. Wurffbain (Druck von 1686). Der Engel auf der linken Seite hält vermutlich ein Porträt Wurffbains.
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