32. Kapitel
Hua lag wach.
Nie hätte sie gedacht, dass so viele sie verraten hatten. Dennoch hatte es ihr in der Seele weh getan, den Befehl geben zu müssen, der einige der einflussreichsten Satrapanim ans Kreuz gebracht hatte – Frauen, die sie von Kindesbeinen an gekannt hatte. Mit manchen jüngeren hatte sie gespielt wie mit Schwestern, manche ältere waren wie freundliche Großmütter gewesen, immer mit Keksen ausgestattet, immer bereit, ihr eine Frisur zu flechten.
Aber Sokai hatte ihr versichert, es gebe keinen anderen Weg, als die Verräterinnen zu bestrafen, und wieder einmal hatte die Sprecherin recht behalten. In dem knappen halben Jahr, das Hua jetzt auf dem Goldenen Thron verbracht hatte, war es nie ruhiger gewesen als in den letzten vier Wochen seit der Kreuzigung.
Es waren nicht die Schatten der Vergangenheit, die Hua nicht schlafen ließen. Die Zukunft hielt sie wach, und gerne malte sie sich aus, was jene bringen würde; sie blickte mit einer Zuversicht nach vorn, die ihr vor ein paar Monden noch völlig fremd gewesen war.
Nur noch selten dachte sie an den Tod ihrer Tochter, fortwährend war etwas zu tun, womit sie sich ablenken konnte. Sie hatte das Gefühl, sie verstand immer besser, wie die Herausforderungen zu lösen waren, denen sie täglich gegenübertreten musste. So hilfreich Sokai war, bald würde Hua ohne sie auskommen. Der Platz der erhabenen Sprecherin war im Kuppelbau des Hohen Rates, nicht im Palast der Königin. Um jedoch den Einfluss der Sprecherin vermindern zu können, würde Hua die Hohepriesterin an ihrer Seite brauchen. Sie gluckste vor Stolz, als sie sich noch einmal ihren glänzenden Schachzug durch den Kopf gehen ließ, Kaïkopura die Grabung zu erlauben. Sokai war natürlich dagegen gewesen, denn wenn tatsächlich ein finsteres Übel in den Nebelzinnen hauste, und Kaïkopura es besiegte, würde die Macht des Tempels steigen – und die Hohepriesterin würde es nicht dem Rat zu verdanken haben, sondern allein der Königin. Sollte jedoch – und das war das Bestechende – die Grabung zu nichts führen, wäre die Hohepriesterin düpiert, und mit dem Rückhalt des Volkes könnte Hua die Macht des Tempels beschneiden; in ihrer Weitsicht hatte sie sichergestellt, dass die Besteuerung des dritten Tores auf die Hohepriesterin zurückfiel. Den Einfluss, den es dann neu zu verteilen geben würde, würde sie einigen gezielt ausgewählten Satrapanim zubilligen, die dann ein Gegengewicht zu Sokai bilden könnten. Das Haus Laki zum Beispiel. Es war eines der ältesten und angesehensten Ranuis. Aufgrund der verwandtschaftlichen Nähe zur verblichenen Königin Haika wurde Alandra Laki von vielen Satrapanim hofiert – ohne tatsächliche Macht zu besitzen. Und nach dem Fall von Haikas Töchtern würde Haus Laki auch die nächsten hundert Jahre nicht wagen, Anspruch auf den Thron zu erheben. Ausgezeichnete Voraussetzungen, um Alandra zur Sprecherin des Rates zu machen.
Nein, es war gar nicht so schlecht, dachte Hua selig, ihr Leben als Königin von Tiratanga, und schlummerte ein.
Stiefelgetrappel und das Schlagen von Türen riss sie aus dem Schlaf. Kohatu stand über ihr, die Mordaxt in der Hand.
Hua schrie auf, wich von der Kriegerin zurück, verhedderte sich in ihren Laken, kroch weiter, fiel vom Bett. Panisch rappelte sie sich auf, schrie verzweifelt um Hilfe. Alles war klar. Sokai, wer sonst, hatte Kohatu geschickt – jene war es ja gewesen, die darauf bestanden hatte, Torokahas Leibwächterin als Hauptfrau einzusetzen.
»Eure königliche Hoheit«, rief Kohatu, »beruhigt Euch.«
Hua dachte nicht daran, sie musste Zeit schinden, bis treuere Wachen zur Stelle wären.
»Meine Königin, still.«
Dermaßen überrumpelt, dass die Hauptfrau es wagte, ihr zu befehlen, vergaß Hua ihren Fluchtversuch. »Ihr wollt mich nicht töten?«
»Was? Nein ... wir werden angegriffen.«
»Von wem?«
»Styrkur.« Die Hauptfrau warf ihr ein Kleiderbündel zu. »Zieht das an.«
»Was ist das?«
»Gesindekleidung ...«
»Steht es so schlimm? Styrkur? Hier? In welchem Ring?«
»Sie sind schon im inneren Kreis. Überall brennt es. Sie sind mit Langschiffen den Korio heraufgekommen. Irgendwie müssen sie die Wachtürme flussabwärts ausgeschaltet haben.«
»Und jetzt?« Entgeistert zog sie Hemd und Hose auseinander. Grober Wollstoff, kratzig wie ein Wetzstein.
»Wir haben den Palast mit fünfzig Wachen umstellt. Trotzdem sollten wir uns aus Euren Privatgemächern zurückziehen ...«
»Fünfzig, nur? Ich dachte, du befiehlst über tausend Schwerter?!«
»Die meisten schlafen oder patrouillieren in den äußeren Ringen – wie Ihr befohlen habt ...«
Schreie, Waffenklirren. Wieder wurde die Tür aufgestoßen, ein Soldat mit blutbespritztem Panzer rannte herein. »Im Palast«, keuchte er, »sie sind im Palast.«
»So schnell?« Der Schrecken in der Stimme ihrer Hauptfrau ließ Hua die Haare zu Berge stehen.
»Sie sind durch die Keller gekommen«, gab der Soldat zurück. »Aber auch draußen halten wir nicht mehr lange stand, es sind Hunderte.«
»Vergesst das Einkleiden«, rief Kohatu Hua zu und rannte bereits zur Tür. »Bleibt immer zwei Schritt hinter mir.«
»Wohin ...?«
Kohatu fuhr herum, Raubtierfunkeln in den Augen. »Stellt keine Fragen, denkt nicht nach«, zischte sie. »Eure einzige Aufgabe ist, zwei Schritt hinter mir zu bleiben. Nicht einen, nicht drei. Verstanden?«
Niemals zuvor hatte eine aus dem Volk Hua so unverschämt angefahren. Von Kohatu hätte sie es am allerwenigsten erwartet. Doch ihr Zorn wurde von der Angst davongespült. Wehrlos nickte sie.
Schon stürmte Kohatu durch die Tür, den Soldaten an ihrer Seite. Notgedrungen hastete Hua hinterher. Der Gang war leer, aber von der Treppenhalle drang Geschrei herauf. Kohatu bog in eine andere Richtung ab, eilte durch Aufenthaltsräume und Schreibstuben. Hua glaubte inzwischen, von allen Seiten Kampflärm zu hören. Immer wieder blieb Kohatu stehen, lauschte, wechselte die Richtung. Sie schien jeden Winkel des Palastes zu kennen, in vielen der Kammern, durch die sie eilten, war Hua noch nie gewesen. Ein schmales Stiegenhaus ging es hinab, Gesindestuben, Speisekammern, Tanzsäle, alles verschwamm.
In einem Teezimmer wurden sie von einer Truppe Styrkur überrascht, halbnackten Hünen mit blutrünstigem Blick und grell bemalten Gesichtern. Brüllend stürmten sie herbei. Benommen vor Angst wich Hua zurück, stolperte über den Saum ihres Nachtgewands, fiel. Es gab kein Entkommen vor der Finsternis. Höhnisch lachte der Tod.
»Meine Königin«, befahl Kohatu, »steht auf.«
Die Stimme war ein Halt in einem Meer der Verzweiflung. Starke Hände packten sie, zogen sie auf die Beine. Was war passiert? Hua zwang ihre Sinne zurück in den Raum. Die Styrkur lagen erschlagen in ihrem Blut, der Soldat kniete daneben, einen dunklen Spalt im Oberschenkel. Huas Magen stülpte sich nach außen. Noch während sie sich übergab, wurde sie von Kohatu weggezogen. »Wir müssen weiter.«
Sie stiegen eine enge Wendeltreppe hinunter, gelangten in ein Gewölbe, dessen Boden fingerdick mit Staub bedeckt war. Von irgendwoher hatte Kohatu eine Fackel in der Hand; in der anderen hielt sie nicht mehr ihre gewaltige Axt, sondern ein Schwert, Hua hatte keine Ahnung, wann das geschehen war. Endlos lang ging es kreuz und quer durch dunkle Gänge, bald hatte sie jegliche Orientierung verloren.
Dann, ein neues Licht, über ihnen. Sie kletterten einen schmalen Tritt hinauf; gelangten in ein Lager, in dem sich morsche Kisten stapelten, die von Spinnweben überzogen waren. Die Wände waren nicht gemauert, sondern aus gewaltigen Steinblöcken gefügt.
»Der Tempel?«, fragte Hua überrascht.
»Kein Gebäude Ranuis ist leichter zu verteidigen.« Sie traten auf einen mit Öllampen erleuchteten Flur, fast wären sie mit einer Akolythin zusammengestoßen, die mit geraffter Robe den Gang entlanggeeilt war. »Eure königliche Hoheit ... ich ... ich danke Atua-Kore für Euren Besuch.«
»Der Tempel ist gesichert?«, fragte Kohatu.
»Ja, die Garde hält beide Eingänge, bisher wurden wir nicht angegriffen.«
»Gut, sag ihnen, sie sollen den Schacht unter diesem Lager versperren. Wo ist die Hohepriesterin?«
»Im Allerheiligsten. Sie wirft die Münzen.«
Kohatu hielt sich nicht weiter auf, zog Hua den Flur hinunter bis zu einem Aufgang. Schon unter normalen Umständen hasste Hua die umständliche, einengende Gestaltung des Pyramideninneren, die kaum Platz zum Atmen ließ. Jetzt, nach der überstürzten Flucht, ließ jede Stufe ihre zermürbten Oberschenkel brennen.
Plötzlich, sie hatten bereits den Vorraum des Allerheiligsten erreicht, blieb Kohatu wie angewurzelt stehen. »Atua-Kore, sei uns gnädig«, flüsterte sie, schlug das Schutzzeichen wider die vollkommene Finsternis.
Und dann sah Hua die ermordeten Akolythinnen. Wie Puppen lagen sie auf dem Stein – doch das Blut und die klaffenden Wunden verrieten den Alptraum.
»Zurück«, befahl Kohatu, drückte Hua in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Doch es war zu spät, schon drängten Styrkur auf den Gang, drangen mit bluttropfenden Äxten auf sie ein. Nun gab es nur noch die Flucht ins Allerheiligste, eigentlich ein verbotener Ort für ungeweihte Füße – doch Kohatu scherte sich nicht darum, und Hua widersetzte sich nicht. Durch die Feuerrinne, die an seinen sechs Seiten entlanglief, war der Saal hell erleuchtet; von seinen Wänden strahlten die magischen Zeichen, spiegelten sich zusätzlich im polierten Basalt des Bodens.
Ganz allein, ohne eine einzige weitere Priesterin oder auch nur Akolythin, saß Kaïkopura in der Mitte des Ritualkreises und betete. Als sie Huas gewahr wurde, blickte sie auf. Ihre Augen weiteten sich. »Nein«, flüsterte sie. »Warum seid Ihr hierhergekommen?«
Es fand sich keine Zeit für eine Antwort, denn hinter ihnen stürmten die Styrkur in den Saal.
»Zurück«, schrie Kohatu und stieß Hua in Richtung der rückseitigen Wand. Kaïkopura war aufgesprungen, folgte ebenfalls Kohatus Befehl.
Mit erhobenem Schwert stellte sich die Hauptfrau vor Hua und die Hohepriesterin, machte sich auf den Angriff gefasst. Mit einem Kampfschrei warf sich der erste Styrkur auf sie, sie fällte ihn mit einem einzigen Schlag. Schon war der zweite heran, ging so rasch zu Boden wie der erste. Brüllend griffen die nächsten an, Kohatus Klinge kreiste so schnell, dass sie kaum noch zu sehen war, nur noch ein Blitzen im Lichte der Öllampen. Dem lebenslangen Drill der Soldatin waren ihre Gegner nicht gewachsen, innerhalb von Wimpernschlägen fanden sie den Tod.
Doch immer neue Styrkur brachen herein, mehr und mehr, stiegen todesverachtend über die Leiber ihrer gefallenen Kameraden, drangen von allen Seiten auf Kohatu ein. Es war ausweglos. Ein Axthieb traf sie zwischen die Lamellen ihres Brustpanzers, ein Wurfbeil prallte gegen ihren Helm. Starr vor Furcht klammerte sich Hua an die Hohepriesterin.
Dann ein Laut wie das Knurren eines Wolfes, und augenblicklich ließen die Styrkur von Kohatu ab. Es war höchste Zeit, sie hielt ihr Schwert nur noch halb so hoch wie zu Anfang des Kampfes, schwankte, als könne sie sich kaum noch auf den Beinen halten.
Durch die Reihen der Styrkur trat ein Krieger, dessen nackter Oberkörper zum Bäumeausreißen gemacht schien. Aus dem Helm, den er trug, bogen sich die Hörner eines Steinbocks.
Mit kühlem Auge musterte er den Ring aus Verletzten und Toten, der sich um Kohatu gebildet hatte. Dann sah er auf, blickte Kohatu an. Aus seiner Kehle krochen eine Handvoll kratziger Laute.
Ein anderer Krieger mit einer Augenklappe trat neben ihn, sagte auf Ranuk: »König Mattur bewundert deine Kampfkunst. Leg deine Waffe ab, und er wird dich verschonen.«
»Was wird mit mir?«, rief Hua bang. Keiner der Krieger beachtete sie. Kohatu hingegen sah sich nach ihr um, zögerte. »Was wird aus der Königin?«
»Es gibt nur eine Königin von Tiratanga«, erklärte der Gehörnte über seinen Dolmetscher. »Die Thronräuberin muss sterben.«
»Dann holt Euch mein Schwert aus meinen kalten Fingern.«
Der Gehörnte nickte. »Du bist eine große Kriegerin«, ließ er ausrichten. »Ich werde dir die Ehre erweisen, von der Hand eines Königs zu sterben.« Er knurrte einen Befehl, seine Männer traten zurück, machten Platz.
Ein Funken Hoffnung stahl sich in Huas Herz. Was, wenn Kohatu den König der Styrkur besiegte? Ließe sich mit seinen Kriegern ein Handel schließen? Es gab ja sogar einen, der Ranuk sprach, womöglich waren diese Wilden mit Gold zu locken.
In Huas verzweifelte Überlegungen hinein kam der Angriff des Gehörnten. Sein gewaltiges Breitschwert fuhr wie die leibhaftige Finsternis auf Kohatu herunter, diese parierte, wurde trotzdem von der Wucht zurückgeschleudert, fing sich auf einem Knie ab. Der Gehörnte wartete, gab ihr Zeit, sich wieder aufzurichten. Doch als Hua sah, wie schwerfällig Kohatu wieder auf die Beine kam, sank ihre Hoffnung.
»Hauptfrau«, erscholl es da aus Richtung des Vorraums. Obwohl die Styrkur die Sprecherin verdeckten, erkannte Hua die Stimme sofort: Torokaha.
Als sich deren magere Gestalt kurz darauf zwischen den Reihen der Krieger zeigte, schwindelte es Hua vor dieser Niedertracht.
Doch Torokaha besaß die Unverschämtheit, sie zu missachten. »Hauptfrau«, wiederholte sie, »wem dienst du?«
Hua sah Kohatus Gesicht nicht, aber sie bildete sich ein, ihren Schrecken spüren zu können.
»Ich diene meiner Königin«, sagte Kohatu so leise, dass Hua es kaum verstehen konnte, »und ich diene Euch, Torokaha.«
Torokaha trat an dem Gehörnten vorbei, stand jetzt so nah vor der Hauptfrau, dass diese sie mit einem Schwertstreich in die Finsternis hätte schicken können. »Ich bin deine Königin, Kohatu.«
Die Angesprochene schwieg, doch ihr Schwertarm sank weiter.
Mit einem Wink Torokahas öffneten sich die Reihen der Styrkur ein weiteres Mal. Ein Krieger zerrte an den Haaren Sokai hinter sich her, schleuderte sie in den Saal. Diese kam sogleich auf die Knie, sah sich mit zerschundenem Gesicht um. »Du hast uns alle?«, fragte sie fassungslos. »Wie ...?«
»Dank meiner Hauptfrau. Sie hat mir oft genug eingebläut, dass der Tempel im Falle eines Aufstands der sicherste Rückzugsort sei. Zum Glück hat sie mir auch die entsprechenden Tunnel gezeigt. Dich hier zu finden, war eine erfreuliche Überrraschung.«
Sokai richtete sich vollends auf. »Du bist das Ende Ranuis ...«
»Ich bin seine Königin.«
»Du bist Abschaum«, zischte die erhabene Sprecherin des Hohen Rates und spie Torokaha ins Gesicht.
Diese wischte sich den Speichel ab. »Glaubst du ...«
Weiter kam sie nicht, denn das Breitschwert des Gehörnten flog durch die Luft – und bevor noch irgendjemand zu der kleinsten Regung fähig war, spaltete es Sokais Schädel. Schreckerstarrt beobachtete Hua, wie die Sprecherin noch einen Augenblick lang dastand, als sei nichts gewesen; sich dann aber zur Seite neigte und schließlich fiel, ohne dass noch ein letzter Reflex ihren Fall gebremst hätte.
»König Mattur steht an der Seite von Königin Torokaha«, sagte der dolmetschende Krieger ruhig, »wer sie beleidigt, beleidigt auch ihn.«
Hua stierte auf Sokais gespaltenen Schädel, unfähig, das Bild zu deuten. Alles, was sinnvoll war, löste sich auf. Alles Gefühl und jeder Gedanke waren verloren, nur Angst und Dunkelheit waren geblieben.
»Hohepriesterin Kaïkopura«, drang Torokahas Stimme dumpf an Huas Ohr, »du bist der Mund Atua-Kores. Sage, wen hat die Göttin als Hüterin des Goldenen Throns erwählt?«
Stumpf blickte Hua zu Kaïkopura neben ihr. Würde auch diese sie verraten? Kaïkopura sah sie nicht an.
»Sprecht.«
»Ich muss die Münzen befragen.«
»Gut. Aber beeilt Euch.«
Ungläubig verfolgte Hua, wie die Styrkur ihre gefallenen Kameraden aus dem Vorraum schleppten; wie sich Kaïkopura anschließend in den Ritualkreis kniete und begann, die Münzen zu werfen.
Es dauerte nur wenige Minuten. Und an Kaïkopuras Miene erkannte Hua, dass sie verraten war.
»Die Zeichen haben gesprochen«, sagte die heuchlerische Priesterin, »Ihr, Torokaha aus dem Hause Atua-Kore, seid die Erwählte der Göttin.«
Weitere Kapitel:
Hua lag wach.
Nie hätte sie gedacht, dass so viele sie verraten hatten. Dennoch hatte es ihr in der Seele weh getan, den Befehl geben zu müssen, der einige der einflussreichsten Satrapanim ans Kreuz gebracht hatte – Frauen, die sie von Kindesbeinen an gekannt hatte. Mit manchen jüngeren hatte sie gespielt wie mit Schwestern, manche ältere waren wie freundliche Großmütter gewesen, immer mit Keksen ausgestattet, immer bereit, ihr eine Frisur zu flechten.
Aber Sokai hatte ihr versichert, es gebe keinen anderen Weg, als die Verräterinnen zu bestrafen, und wieder einmal hatte die Sprecherin recht behalten. In dem knappen halben Jahr, das Hua jetzt auf dem Goldenen Thron verbracht hatte, war es nie ruhiger gewesen als in den letzten vier Wochen seit der Kreuzigung.
Es waren nicht die Schatten der Vergangenheit, die Hua nicht schlafen ließen. Die Zukunft hielt sie wach, und gerne malte sie sich aus, was jene bringen würde; sie blickte mit einer Zuversicht nach vorn, die ihr vor ein paar Monden noch völlig fremd gewesen war.
Nur noch selten dachte sie an den Tod ihrer Tochter, fortwährend war etwas zu tun, womit sie sich ablenken konnte. Sie hatte das Gefühl, sie verstand immer besser, wie die Herausforderungen zu lösen waren, denen sie täglich gegenübertreten musste. So hilfreich Sokai war, bald würde Hua ohne sie auskommen. Der Platz der erhabenen Sprecherin war im Kuppelbau des Hohen Rates, nicht im Palast der Königin. Um jedoch den Einfluss der Sprecherin vermindern zu können, würde Hua die Hohepriesterin an ihrer Seite brauchen. Sie gluckste vor Stolz, als sie sich noch einmal ihren glänzenden Schachzug durch den Kopf gehen ließ, Kaïkopura die Grabung zu erlauben. Sokai war natürlich dagegen gewesen, denn wenn tatsächlich ein finsteres Übel in den Nebelzinnen hauste, und Kaïkopura es besiegte, würde die Macht des Tempels steigen – und die Hohepriesterin würde es nicht dem Rat zu verdanken haben, sondern allein der Königin. Sollte jedoch – und das war das Bestechende – die Grabung zu nichts führen, wäre die Hohepriesterin düpiert, und mit dem Rückhalt des Volkes könnte Hua die Macht des Tempels beschneiden; in ihrer Weitsicht hatte sie sichergestellt, dass die Besteuerung des dritten Tores auf die Hohepriesterin zurückfiel. Den Einfluss, den es dann neu zu verteilen geben würde, würde sie einigen gezielt ausgewählten Satrapanim zubilligen, die dann ein Gegengewicht zu Sokai bilden könnten. Das Haus Laki zum Beispiel. Es war eines der ältesten und angesehensten Ranuis. Aufgrund der verwandtschaftlichen Nähe zur verblichenen Königin Haika wurde Alandra Laki von vielen Satrapanim hofiert – ohne tatsächliche Macht zu besitzen. Und nach dem Fall von Haikas Töchtern würde Haus Laki auch die nächsten hundert Jahre nicht wagen, Anspruch auf den Thron zu erheben. Ausgezeichnete Voraussetzungen, um Alandra zur Sprecherin des Rates zu machen.
Nein, es war gar nicht so schlecht, dachte Hua selig, ihr Leben als Königin von Tiratanga, und schlummerte ein.
Stiefelgetrappel und das Schlagen von Türen riss sie aus dem Schlaf. Kohatu stand über ihr, die Mordaxt in der Hand.
Hua schrie auf, wich von der Kriegerin zurück, verhedderte sich in ihren Laken, kroch weiter, fiel vom Bett. Panisch rappelte sie sich auf, schrie verzweifelt um Hilfe. Alles war klar. Sokai, wer sonst, hatte Kohatu geschickt – jene war es ja gewesen, die darauf bestanden hatte, Torokahas Leibwächterin als Hauptfrau einzusetzen.
»Eure königliche Hoheit«, rief Kohatu, »beruhigt Euch.«
Hua dachte nicht daran, sie musste Zeit schinden, bis treuere Wachen zur Stelle wären.
»Meine Königin, still.«
Dermaßen überrumpelt, dass die Hauptfrau es wagte, ihr zu befehlen, vergaß Hua ihren Fluchtversuch. »Ihr wollt mich nicht töten?«
»Was? Nein ... wir werden angegriffen.«
»Von wem?«
»Styrkur.« Die Hauptfrau warf ihr ein Kleiderbündel zu. »Zieht das an.«
»Was ist das?«
»Gesindekleidung ...«
»Steht es so schlimm? Styrkur? Hier? In welchem Ring?«
»Sie sind schon im inneren Kreis. Überall brennt es. Sie sind mit Langschiffen den Korio heraufgekommen. Irgendwie müssen sie die Wachtürme flussabwärts ausgeschaltet haben.«
»Und jetzt?« Entgeistert zog sie Hemd und Hose auseinander. Grober Wollstoff, kratzig wie ein Wetzstein.
»Wir haben den Palast mit fünfzig Wachen umstellt. Trotzdem sollten wir uns aus Euren Privatgemächern zurückziehen ...«
»Fünfzig, nur? Ich dachte, du befiehlst über tausend Schwerter?!«
»Die meisten schlafen oder patrouillieren in den äußeren Ringen – wie Ihr befohlen habt ...«
Schreie, Waffenklirren. Wieder wurde die Tür aufgestoßen, ein Soldat mit blutbespritztem Panzer rannte herein. »Im Palast«, keuchte er, »sie sind im Palast.«
»So schnell?« Der Schrecken in der Stimme ihrer Hauptfrau ließ Hua die Haare zu Berge stehen.
»Sie sind durch die Keller gekommen«, gab der Soldat zurück. »Aber auch draußen halten wir nicht mehr lange stand, es sind Hunderte.«
»Vergesst das Einkleiden«, rief Kohatu Hua zu und rannte bereits zur Tür. »Bleibt immer zwei Schritt hinter mir.«
»Wohin ...?«
Kohatu fuhr herum, Raubtierfunkeln in den Augen. »Stellt keine Fragen, denkt nicht nach«, zischte sie. »Eure einzige Aufgabe ist, zwei Schritt hinter mir zu bleiben. Nicht einen, nicht drei. Verstanden?«
Niemals zuvor hatte eine aus dem Volk Hua so unverschämt angefahren. Von Kohatu hätte sie es am allerwenigsten erwartet. Doch ihr Zorn wurde von der Angst davongespült. Wehrlos nickte sie.
Schon stürmte Kohatu durch die Tür, den Soldaten an ihrer Seite. Notgedrungen hastete Hua hinterher. Der Gang war leer, aber von der Treppenhalle drang Geschrei herauf. Kohatu bog in eine andere Richtung ab, eilte durch Aufenthaltsräume und Schreibstuben. Hua glaubte inzwischen, von allen Seiten Kampflärm zu hören. Immer wieder blieb Kohatu stehen, lauschte, wechselte die Richtung. Sie schien jeden Winkel des Palastes zu kennen, in vielen der Kammern, durch die sie eilten, war Hua noch nie gewesen. Ein schmales Stiegenhaus ging es hinab, Gesindestuben, Speisekammern, Tanzsäle, alles verschwamm.
In einem Teezimmer wurden sie von einer Truppe Styrkur überrascht, halbnackten Hünen mit blutrünstigem Blick und grell bemalten Gesichtern. Brüllend stürmten sie herbei. Benommen vor Angst wich Hua zurück, stolperte über den Saum ihres Nachtgewands, fiel. Es gab kein Entkommen vor der Finsternis. Höhnisch lachte der Tod.
»Meine Königin«, befahl Kohatu, »steht auf.«
Die Stimme war ein Halt in einem Meer der Verzweiflung. Starke Hände packten sie, zogen sie auf die Beine. Was war passiert? Hua zwang ihre Sinne zurück in den Raum. Die Styrkur lagen erschlagen in ihrem Blut, der Soldat kniete daneben, einen dunklen Spalt im Oberschenkel. Huas Magen stülpte sich nach außen. Noch während sie sich übergab, wurde sie von Kohatu weggezogen. »Wir müssen weiter.«
Sie stiegen eine enge Wendeltreppe hinunter, gelangten in ein Gewölbe, dessen Boden fingerdick mit Staub bedeckt war. Von irgendwoher hatte Kohatu eine Fackel in der Hand; in der anderen hielt sie nicht mehr ihre gewaltige Axt, sondern ein Schwert, Hua hatte keine Ahnung, wann das geschehen war. Endlos lang ging es kreuz und quer durch dunkle Gänge, bald hatte sie jegliche Orientierung verloren.
Dann, ein neues Licht, über ihnen. Sie kletterten einen schmalen Tritt hinauf; gelangten in ein Lager, in dem sich morsche Kisten stapelten, die von Spinnweben überzogen waren. Die Wände waren nicht gemauert, sondern aus gewaltigen Steinblöcken gefügt.
»Der Tempel?«, fragte Hua überrascht.
»Kein Gebäude Ranuis ist leichter zu verteidigen.« Sie traten auf einen mit Öllampen erleuchteten Flur, fast wären sie mit einer Akolythin zusammengestoßen, die mit geraffter Robe den Gang entlanggeeilt war. »Eure königliche Hoheit ... ich ... ich danke Atua-Kore für Euren Besuch.«
»Der Tempel ist gesichert?«, fragte Kohatu.
»Ja, die Garde hält beide Eingänge, bisher wurden wir nicht angegriffen.«
»Gut, sag ihnen, sie sollen den Schacht unter diesem Lager versperren. Wo ist die Hohepriesterin?«
»Im Allerheiligsten. Sie wirft die Münzen.«
Kohatu hielt sich nicht weiter auf, zog Hua den Flur hinunter bis zu einem Aufgang. Schon unter normalen Umständen hasste Hua die umständliche, einengende Gestaltung des Pyramideninneren, die kaum Platz zum Atmen ließ. Jetzt, nach der überstürzten Flucht, ließ jede Stufe ihre zermürbten Oberschenkel brennen.
Plötzlich, sie hatten bereits den Vorraum des Allerheiligsten erreicht, blieb Kohatu wie angewurzelt stehen. »Atua-Kore, sei uns gnädig«, flüsterte sie, schlug das Schutzzeichen wider die vollkommene Finsternis.
Und dann sah Hua die ermordeten Akolythinnen. Wie Puppen lagen sie auf dem Stein – doch das Blut und die klaffenden Wunden verrieten den Alptraum.
»Zurück«, befahl Kohatu, drückte Hua in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Doch es war zu spät, schon drängten Styrkur auf den Gang, drangen mit bluttropfenden Äxten auf sie ein. Nun gab es nur noch die Flucht ins Allerheiligste, eigentlich ein verbotener Ort für ungeweihte Füße – doch Kohatu scherte sich nicht darum, und Hua widersetzte sich nicht. Durch die Feuerrinne, die an seinen sechs Seiten entlanglief, war der Saal hell erleuchtet; von seinen Wänden strahlten die magischen Zeichen, spiegelten sich zusätzlich im polierten Basalt des Bodens.
Ganz allein, ohne eine einzige weitere Priesterin oder auch nur Akolythin, saß Kaïkopura in der Mitte des Ritualkreises und betete. Als sie Huas gewahr wurde, blickte sie auf. Ihre Augen weiteten sich. »Nein«, flüsterte sie. »Warum seid Ihr hierhergekommen?«
Es fand sich keine Zeit für eine Antwort, denn hinter ihnen stürmten die Styrkur in den Saal.
»Zurück«, schrie Kohatu und stieß Hua in Richtung der rückseitigen Wand. Kaïkopura war aufgesprungen, folgte ebenfalls Kohatus Befehl.
Mit erhobenem Schwert stellte sich die Hauptfrau vor Hua und die Hohepriesterin, machte sich auf den Angriff gefasst. Mit einem Kampfschrei warf sich der erste Styrkur auf sie, sie fällte ihn mit einem einzigen Schlag. Schon war der zweite heran, ging so rasch zu Boden wie der erste. Brüllend griffen die nächsten an, Kohatus Klinge kreiste so schnell, dass sie kaum noch zu sehen war, nur noch ein Blitzen im Lichte der Öllampen. Dem lebenslangen Drill der Soldatin waren ihre Gegner nicht gewachsen, innerhalb von Wimpernschlägen fanden sie den Tod.
Doch immer neue Styrkur brachen herein, mehr und mehr, stiegen todesverachtend über die Leiber ihrer gefallenen Kameraden, drangen von allen Seiten auf Kohatu ein. Es war ausweglos. Ein Axthieb traf sie zwischen die Lamellen ihres Brustpanzers, ein Wurfbeil prallte gegen ihren Helm. Starr vor Furcht klammerte sich Hua an die Hohepriesterin.
Dann ein Laut wie das Knurren eines Wolfes, und augenblicklich ließen die Styrkur von Kohatu ab. Es war höchste Zeit, sie hielt ihr Schwert nur noch halb so hoch wie zu Anfang des Kampfes, schwankte, als könne sie sich kaum noch auf den Beinen halten.
Durch die Reihen der Styrkur trat ein Krieger, dessen nackter Oberkörper zum Bäumeausreißen gemacht schien. Aus dem Helm, den er trug, bogen sich die Hörner eines Steinbocks.
Mit kühlem Auge musterte er den Ring aus Verletzten und Toten, der sich um Kohatu gebildet hatte. Dann sah er auf, blickte Kohatu an. Aus seiner Kehle krochen eine Handvoll kratziger Laute.
Ein anderer Krieger mit einer Augenklappe trat neben ihn, sagte auf Ranuk: »König Mattur bewundert deine Kampfkunst. Leg deine Waffe ab, und er wird dich verschonen.«
»Was wird mit mir?«, rief Hua bang. Keiner der Krieger beachtete sie. Kohatu hingegen sah sich nach ihr um, zögerte. »Was wird aus der Königin?«
»Es gibt nur eine Königin von Tiratanga«, erklärte der Gehörnte über seinen Dolmetscher. »Die Thronräuberin muss sterben.«
»Dann holt Euch mein Schwert aus meinen kalten Fingern.«
Der Gehörnte nickte. »Du bist eine große Kriegerin«, ließ er ausrichten. »Ich werde dir die Ehre erweisen, von der Hand eines Königs zu sterben.« Er knurrte einen Befehl, seine Männer traten zurück, machten Platz.
Ein Funken Hoffnung stahl sich in Huas Herz. Was, wenn Kohatu den König der Styrkur besiegte? Ließe sich mit seinen Kriegern ein Handel schließen? Es gab ja sogar einen, der Ranuk sprach, womöglich waren diese Wilden mit Gold zu locken.
In Huas verzweifelte Überlegungen hinein kam der Angriff des Gehörnten. Sein gewaltiges Breitschwert fuhr wie die leibhaftige Finsternis auf Kohatu herunter, diese parierte, wurde trotzdem von der Wucht zurückgeschleudert, fing sich auf einem Knie ab. Der Gehörnte wartete, gab ihr Zeit, sich wieder aufzurichten. Doch als Hua sah, wie schwerfällig Kohatu wieder auf die Beine kam, sank ihre Hoffnung.
»Hauptfrau«, erscholl es da aus Richtung des Vorraums. Obwohl die Styrkur die Sprecherin verdeckten, erkannte Hua die Stimme sofort: Torokaha.
Als sich deren magere Gestalt kurz darauf zwischen den Reihen der Krieger zeigte, schwindelte es Hua vor dieser Niedertracht.
Doch Torokaha besaß die Unverschämtheit, sie zu missachten. »Hauptfrau«, wiederholte sie, »wem dienst du?«
Hua sah Kohatus Gesicht nicht, aber sie bildete sich ein, ihren Schrecken spüren zu können.
»Ich diene meiner Königin«, sagte Kohatu so leise, dass Hua es kaum verstehen konnte, »und ich diene Euch, Torokaha.«
Torokaha trat an dem Gehörnten vorbei, stand jetzt so nah vor der Hauptfrau, dass diese sie mit einem Schwertstreich in die Finsternis hätte schicken können. »Ich bin deine Königin, Kohatu.«
Die Angesprochene schwieg, doch ihr Schwertarm sank weiter.
Mit einem Wink Torokahas öffneten sich die Reihen der Styrkur ein weiteres Mal. Ein Krieger zerrte an den Haaren Sokai hinter sich her, schleuderte sie in den Saal. Diese kam sogleich auf die Knie, sah sich mit zerschundenem Gesicht um. »Du hast uns alle?«, fragte sie fassungslos. »Wie ...?«
»Dank meiner Hauptfrau. Sie hat mir oft genug eingebläut, dass der Tempel im Falle eines Aufstands der sicherste Rückzugsort sei. Zum Glück hat sie mir auch die entsprechenden Tunnel gezeigt. Dich hier zu finden, war eine erfreuliche Überrraschung.«
Sokai richtete sich vollends auf. »Du bist das Ende Ranuis ...«
»Ich bin seine Königin.«
»Du bist Abschaum«, zischte die erhabene Sprecherin des Hohen Rates und spie Torokaha ins Gesicht.
Diese wischte sich den Speichel ab. »Glaubst du ...«
Weiter kam sie nicht, denn das Breitschwert des Gehörnten flog durch die Luft – und bevor noch irgendjemand zu der kleinsten Regung fähig war, spaltete es Sokais Schädel. Schreckerstarrt beobachtete Hua, wie die Sprecherin noch einen Augenblick lang dastand, als sei nichts gewesen; sich dann aber zur Seite neigte und schließlich fiel, ohne dass noch ein letzter Reflex ihren Fall gebremst hätte.
»König Mattur steht an der Seite von Königin Torokaha«, sagte der dolmetschende Krieger ruhig, »wer sie beleidigt, beleidigt auch ihn.«
Hua stierte auf Sokais gespaltenen Schädel, unfähig, das Bild zu deuten. Alles, was sinnvoll war, löste sich auf. Alles Gefühl und jeder Gedanke waren verloren, nur Angst und Dunkelheit waren geblieben.
»Hohepriesterin Kaïkopura«, drang Torokahas Stimme dumpf an Huas Ohr, »du bist der Mund Atua-Kores. Sage, wen hat die Göttin als Hüterin des Goldenen Throns erwählt?«
Stumpf blickte Hua zu Kaïkopura neben ihr. Würde auch diese sie verraten? Kaïkopura sah sie nicht an.
»Sprecht.«
»Ich muss die Münzen befragen.«
»Gut. Aber beeilt Euch.«
Ungläubig verfolgte Hua, wie die Styrkur ihre gefallenen Kameraden aus dem Vorraum schleppten; wie sich Kaïkopura anschließend in den Ritualkreis kniete und begann, die Münzen zu werfen.
Es dauerte nur wenige Minuten. Und an Kaïkopuras Miene erkannte Hua, dass sie verraten war.
»Die Zeichen haben gesprochen«, sagte die heuchlerische Priesterin, »Ihr, Torokaha aus dem Hause Atua-Kore, seid die Erwählte der Göttin.«