15. Kapitel
Es hatte die Nacht über geregnet, aber mit der Dämmerung zog der Himmel auf und rot ergoss sich das Licht der Morgensonne über die Welt. Obwohl der Felsvorsprung über ihm ihn halbwegs trocken gehalten hatte und die Kräutersalbe auf seinen Wunden den Schmerz linderte, hatte Kidogo kaum ein Auge zugetan. Der vom Wetter geschützte Platz war gering, in der Kälte der Nacht hatte Aki sich immer enger an ihn geschmiegt. Zwar hatte Kidogo gegen die unvorhergesehene Wärme nichts einzuwenden, aber gleichzeitig überforderte es ihn, Akis Körper so nah an seinem zu spüren. Klar, gemäß der Lehre der Mandrêbanim stand kein Mensch über einem anderen – aber das war leichter gesagt als verinnerlicht, wenn man neben der Tochter einer Königin lag. In der Sorge, sie aufzuwecken, hatte er nicht die kleinste Bewegung gewagt, hatte stocksteif ausgeharrt, während seine Gliedmaßen in zäher Abwechslung verkrampften und einschliefen.
Letztendlich war es seine Blase, die ihn zum Handeln zwang. Mit aller Vorsicht löste er sich aus Akis Umklammerung und schlich sich davon. Während er Wasser ließ, betrachtete er kopfschüttelnd die im Morgenlicht blitzenden, gewaltigen Stacheln, die nach wie vor aus dem Berg ragten. Immer noch kein Traum. Er musste die Prinzessin auf jeden Fall überzeugen, dass sie weiter nach Süden zogen. Dieses Ding selbst mochte keine Gefahr sein – aber die Soldaten Ranuis würden wiederkommen.
Als er zum Lager zurückkehrte, saß Aki bereits aufrecht da und versuchte, mit den Fingern Ordnung in ihre Mähne zu bringen. Sobald sie ihn entdeckte, breitete sich ein Lächeln über ihrem schmalen Gesicht aus. »Gut geschlafen? Bereit für Frühstück?«
Es gab Nussmuss.
Während sie aßen, sprach Kidogo noch einmal die Möglichkeit an, nach Styrkur Dok zu fliehen. Doch so sehr er auch versuchte, Aki die Idee schmackhaft zu machen, blieb er doch erfolglos.
Schließlich rief sie verärgert: »Du musst nicht bei mir bleiben. Das habe ich dir gesagt. Aber wenn du es willst, dann übernimm auch Verantwortung für deine Entscheidung. Und fang bitte nicht wieder davon an, von Nichteinmischung und innerem Frieden zu faseln. Vielleicht gibt es ja noch andere Wahrheiten als die deines Meisters, hast du dir das schon mal überlegt? Und wohin hat ihn seine belämmerte Unentschiedenheit letztendlich gebracht?«
In stummem Entsetzen blickte Kidogo sie an. Keine Klinge hätte ihm so in den Leib fahren können wie Akis Worte.
Aki senkte den Blick. »Entschuldige. Das hätte ich nicht sagen dürfen. Entschuldige.«
»Vielleicht hast du recht. Vielleicht bin ich feige.« Eine traurige Erkenntnis hatte ihn erfasst. Bekümmert stand er auf, griff nach dem Ranzen seines Meisters. »Aber wenn ich es bin, wie wäre ich dir dann zunutze?« Er zog die Gurte über die Schultern. »Ich wünsche dir aus ganzem Herzen, dass du findest, was du suchst.« Mit schweren Beinen verließ er die Klamm.
»Kidogo!«, rief Aki hinter ihm her.
Er drehte sich nicht um, so schwer es ihm fiel, und mit jedem Schritt war er gewisser, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ein Teil seines Bewusstseins horchte darauf, ob Akis leichte Sohlen hinter ihm zu hören wären. Doch er musste dankbar sein, dass sie ihm nicht folgte. Mit einem Male verstand er, dass er all die Jahre nicht gegen seinen Meister angekämpft hatte, sondern gegen die Begierden seines unvollkommenen Selbst. Sein Meister hatte ihm nie erzählt, wie er ihn gefunden hatte – und jetzt, endlich, erst nach des Meisters Tod, verstand Kidogo, dass es nicht darum ging, wo man herkam. Denn es ging auch nicht darum, wo man hinging. Das Leben war keine Reise, es war einfach. Leben bedeutete nicht Veränderung, wer Veränderung suchte, floh vor dem Moment – und der Moment war alles, was es gab.
Indem er sich an den Ausläufern des Nebelgebirges entlangbewegte, kam Kidogo gut voran, und mit jeder Meile wurden seine Schritte leichter. Er war ein Mandrêb, und Frieden fand nur, wer seinen Platz im Gefüge der Welt klaglos einzunehmen vermochte.
Dann sah er den Dorn. Ein halbes Dutzend Schritt über ihm ragte er aus der Felswand, nur eine Elle weit, nicht mehr. Doch es bestand kein Zweifel: die glatte, silberne Oberfläche, in der das Licht sich spiegelte; die in makelloser Gleichmäßigkeit spitz zulaufende Form – der Dorn war von denselben Mächten geschaffen worden wie das Gebilde in der Klamm.
Über Kidogos Unterarme kroch eine Gänsehaut. Die Zeichen verfolgten ihn. Aberglaube!, rief warnend die Stimme seines Meisters, hüte dich davor, Bedeutung zu sehen, wo keine ist!
Und trotzdem, erwiderte Kidogo in Gedanken; auch wenn das Zeichen nicht für ihn aus dem Fels ragte – dass es da war, stand außer Frage. Aber was bezeichnete es? Seine ganze neugewonnene Selbstsicherheit war wie weggeblasen. Wie konnte man sich nicht einmischen in die Belange der Welt, wenn man doch selbst Teil der Welt war? Aki gab sich nicht mit ihrem Schicksal zufrieden, und war sie deshalb weniger lebendig? Aufgewühlt starrte er zu dem Dorn hoch, er spürte eine neue, beunruhigende Erkenntnis in sich wachsen: Es gab keine Möglichkeit, sich nicht einzumischen. Auch wenn man sich gegen etwas entschied – es blieb gleichwohl eine Entscheidung, und ihre Auswirkungen waren nicht absehbarer als diejenigen einer jeden anderen auch. Jeder Versuch, sich zu befreien aus den Ketten der kosmischen Verhältnisse, war zum Scheitern verurteilt. Hilflos lauschte Kidogo auf die Stimme in seinem Kopf, doch der Meister blieb still.
Ein paar Bäume weiter huschte ein Eichhörnchen einen Birkenstamm hinauf. Kidogo sah ihm zu, und sah es kaum. Zu aufgeregt sprangen seine Gedanken durcheinander. Ganz gleich, ob man wie das Eichhörnchen seinem Instinkt folgte oder sorgfältig Entscheidungen zu treffen versuchte – es gab keinen Weg, dem eigenen Schicksal zu entrinnen. Und wenn man seinen Platz in der Welt annehmen wollte, galt es dann nicht, das zu tun, was das Herz einem befahl?
Den Weg zurück beschritt er wie im Traum. Er hatte seinen Meister verlassen, er hatte Aki zu schützen versucht, hatte die ranaischen Soldaten vergiftet – doch so sehr diese Taten den Lehren der Mandrêbanim entgegenliefen, er hatte sie aus einem schieren Gefühl heraus begangen. Jetzt war es anders; jetzt stellte er sich bewusst gegen alles, wozu sein Meister ihn bestimmt hatte. Es war eine beklemmende, eine aufregende, eine befreiende Erfahrung.
Als er die Klamm erreichte, die er nur wenige Stunden zuvor verlassen hatte, um nie zurückzukehren, sah er gerade noch, wie Aki sich über die zwanzig Schritt hohe Kante der Felswand schwang. Der Fels war steil und glatt, wahrhaftig, die Prinzessin war eine tollkühne Kletterin.
»Heda!«, rief er ihr von unten zu.
Ihr Kopf erschien über der Kante, sie sah ihn und winkte.
»Ich bin zurückgekehrt.«
»Das seh ich«, rief sie zurück. »Komm hoch.« Und als er zögernd nach seiner Schulter tastete, fügte sie hinzu: »Sieht schwerer aus, als es ist.«
Unsicher spähte er in die Tiefe der Klamm hinein.
»Vergiss es«, rief es von oben. »Wird nicht einfacher, ich hab schon gesucht.«
Kidogo ergab sich in sein Schicksal, und mit Hilfe des Seiles, das Aki ihm herunterließ, kam er bis auf ein paar Schreckmomente unbeschadet zu ihr hoch. Eine hügelige Geröllebene, die sich in der Ferne zu höherem Gebirge aufschwang. Nachdem er sichergestellt hatte, dass die Naht seiner Wunde nicht aufgegangen war, ließ er sich schnaufend auf den Boden sinken.
»Also, in den Bergen bist du jedenfalls nicht zu Hause«, bemerkte Aki fröhlich, während sie das Seil aufrollte.
»Nein.« Auf dem Rücken liegend blickte er in den bewölkten Himmel und erinnerte sich schmerzlich daran, wie der Meister immer ein Geheimnis aus Kidogos Herkunft gemacht hatte. Nun, da Kidogo die Lehren der Mandrêbanim endgültig in Frage gestellt hatte, begann er zu zweifeln, ob es eine Gegenwart geben konnte, die losgelöst war von der Vergangenheit.
Ein Knuff in die Schulter holte ihn in den Moment zurück; neben ihm war Aki in die Hocke gegangen. »Ich freu mich, dass du zurückgekehrt bist.«
»Ja.«
Sie deutete auf den nächsten Dorn, der fünf Schritt entfernt aus dem Fels ragte. »Dann schauen wir uns die Krone deines Riesen Alateon doch mal genauer an.«
Während sie auf den Dorn zuging, stand Kidogo auf. »Es ist nicht seine Krone.«
»Was?«
»Oder er hat mehrere Kronen. Oder es gibt mehrere Riesen.«
Aki drehte sich nach ihm um. »Wovon redest du?«
Er schilderte ihr den Fund, den er gemacht hatte.
»Die Sache wird immer verrückter«, bemerkte sie nur, bevor sie sich wieder ihrem ursprünglichen Ziel zuwandte. Während die anderen Dornen weiter unten aus der Felswand in die Klamm ragten, stach derjenige vor ihnen direkt aus der Kante, etwa eine Körperlänge hoch. Damit war er deutlich kürzer als die anderen, aber dies mochte daran liegen, dass das Beben weniger von ihm freigelegt hatte. Wo er aus dem Felsen trat, war sein Umfang mit demjenigen von Akis Hüfte zu vergleichen; oben war er spitz wie eine Nadel. Von Nahem wirkte das glänzende Material noch unnatürlicher.
Aki hob die Hand.
»Nicht!«, rief Kidogo.
»Was soll schon passieren?« Mit ihren Fingerkuppen berührte sie den Dorn.
Kidogo hielt den Atem an. Er wusste nicht, was er erwartet hätte – trotzdem stieß er erleichtert die Luft aus, als nichts geschah. »Und?«
»Es fühlt sich kühl an«, antwortete sie. »Wie Eisen.«
Nun traute sich auch Kidogo, eine Hand an das Gebilde zu legen. Die Oberfläche war unwirklich glatt. »Wer hat das gebaut?«
»Ranui jedenfalls nicht ...« Aki schüttelte den Kopf. »Ein solcher Aufwand für etwas so Nutzloses.«
»Dass wir seinen Nutzen nicht erkennen, bedeutet nicht, dass es keinen hat.«
»Vielleicht gehört es wirklich zu einem Tempel?«
»Es muss von einem der versunkenen Völker stammen.«
»Unsere Priesterinnen sagen, kein Volk hat je das Wissen und die Fertigkeiten erlangt, mit denen Atua-Kore Tiratanga gesegnet hat ... und das hier geht über alles hinaus, wozu Tiratanga imstande wäre.«
»Wir Menschen verachten zu bereitwillig die Errungenschaften der Vergangenheit.« War dies nicht sogar eine Gemeinsamkeit der Mandrêbanim und der Priesterinnen Atua-Kores?
»Aber wenn ein Volk die Macht hatte, seinen Gottheiten solche Tempel zu errichten – wie konnte es dann untergehen?«
»Mein Meister würde sagen, das Göttliche ist nicht an die Werte der Menschen gebunden. Gesellschaften können untergehen, doch das Göttliche bleibt.«
»Und was sagst du?«
»Ich denke«, überlegte Kidogo, »es ist eine Waffe.«
»Wofür?«
»Keine Ahnung. Aber für ein Heiligtum kommt es mir zu kalt, zu abweisend vor; und wenn es keine Waffe ist – wofür sonst würde eine Gesellschaft diesen unglaublichen Aufwand betrieben haben?«
Aki kniete sich an den Fuß des Dorns, untersuchte den Fels, aus dem er hervorgebrochen war. »Zu gerne würde ich wissen, ob die Dornen eine gemeinsame Mitte haben.« Vorsichtig räumte sie etwas Geröll zur Seite. »Die Steine sind locker, wir können graben.«
»Selbst wenn der Boden weiter unten nicht fester werden würde, würde das Tage dauern, nur ein paar Schritt freizulegen. Was, wenn die Soldaten zurück sind, bevor wir eine verwertbare Erkenntnis gewonnen haben?«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Der andere Dorn, auf den ich gestoßen bin, ist noch schwieriger erreichbar.« Er überlegte. »Was ist, wenn es noch mehr gibt von diesen ...« Er suchte ein passendes Wort.
»... Kronen?«, schlug Aki vor.
»Ja. Vielleicht gibt es eine, die weniger vergraben ist.«
»Und wie finden wir sie?«
»Die Dornen bilden einen Ring, stehen alle im selben Winkel zueinander.« Um seine Gedanken zu verdeutlichen, spreizte er die Finger. »Wer immer das gebaut hat, hatte einen Sinn für Gleichmaß. Vielleicht liegen die Kronen wiederum selbst auf einem Ring?«
»Wir haben nur zwei mögliche Ansatzpunkte, wie sollen wir da einen Ring errechnen?«
Kidogo ließ seinen Blick über die Gerölllandschaft schweifen. »Der Weg nach Westen sieht gangbar aus.« Er selbst war am Vormittag nach Osten gewandert. »Wenn eine weitere Krone freigelegt ist, dürfte man sie hier oben schon von ferne sehen.« Vorausgesetzt, seine Annahme stimmte, und es gab überhaupt eine weitere Krone.
»Na gut, versuchen wir es.«
Vier Stunden später, der Nachmittag war bereits halb vorüber, hatten ihre Bemühungen immer noch keinen Erfolg gezeitigt. Mehrere Rinnsale hatten immerhin ihren Durst löschen können, doch den letzten Proviant hatten sie lange verzehrt, zusätzlich zehrte der beschwerliche Untergrund ihre Kräfte auf.
»Wir sollten umkehren«, sagte Aki.
»Noch eine Meile«, bat Kidogo, der nicht wahrhaben wollte, falschgelegen zu haben.
»Dann kommen wir vor Nachteinbruch nicht mehr zurück in die Klamm.«
»Wir können hier oben übernachten.«
»Hast du hier irgendwelche Beerensträucher gesehen? In der Klamm könnten wir jagen.«
Tatsächlich ein verlockender Gedanke. »In Ordnung«, gab Kidogo nach. »Aber lass uns einen Bogen gehen, der uns näher an die Berge bringt.« Jenseits der Hochebene stachen die Gipfel der Nebelzinnen stolz aus dem namensgebenden Dunst.
»Das wäre ein riesiger Umweg.«
»Wir könnten ihn trotzdem bis zur Dunkelheit schaffen. Und vielleicht finden wir die Mitte, um die die Kronen angeordnet sind.«
»Falls dort irgendwas ist. Falls es überhaupt eine Mitte gibt. Falls es überhaupt mehr als zwei Kronen gibt. Falls der Dorn, den du gefunden hast, überhaupt zu einer Krone gehört.«
»Ja.«
Aki seufzte. »Gehen wir.«
»Sag mal«, fragte Kidogo, während sie durch eine Mulde kletterten, »hast du eigentlich Verwandte in Ranui? Jemanden, den du vermisst?«
»Meine Schwester natürlich, Torokaha. Aber ob ich sie vermisse? Wir wurden getrennt erzogen, ich habe sie kaum gekannt. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob ich sie erkennen würde, wenn sie hier vor uns stünde. Unsere Linie stammt aus dem Haus Laki, aber auch dort kenne ich niemanden. Selbst meine Großtante Alandra, die Erste ihres Hauses, habe ich nur von Weitem gesehen, im Hohen Rat, wenn ich Mutter begleiten durfte.«
»Hattest du Freundinnen?«
»Als Kind. Später nicht mehr. Die Priesterinnen halten es für unangemessen, wenn eine Kronprinzessin Freundschaften pflegt. Jede Verbindlichkeit gegenüber einem Menschen sehen sie als Gefahr für die Verbindlichkeit gegenüber dem Reich.«
»Du musst eine traurige Jugend gehabt zu haben.«
»Früchte aus Orofar, heiße Bäder, Daunendecken – es gab auch gute Seiten.«
»Dennoch.«
»Was ist mit dir? Du vermisst deinen Meister. Aber warst du ihm nahe? Warst du jemals einem Menschen nahe?«
Nachdenklich betrachtete Kidogo seine vom Klettern geschundenen Hände. »Ist es nicht merkwürdig – wir entspringen den unterschiedlichsten Welten, die man sich vorstellen kann. Und sind uns doch so ähnlich ...«
»Wie meinst du das?«
»Uns wird jeweils gesagt, dass unser Weg der Einzige ist, um frei zu sein – und beide sind wir die für uns vorgesehenen Wege nicht gegangen, weil wir das Gefängnis fürchten, in das sie uns jeweils führen.«
»Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir es miteinander aushalten.« Sie lachte. »Du bist schon ein komischer Kauz, weißt du das. Predigst die Leere des Geistes und grübelst mehr über deine Entscheidungen als Sprecherin Sokai über ihre Frisur.«
»Du hingegen«, gab Kidogo halb beleidigt, halb belustigt zurück, »fliehst Hals über Kopf im allerletzten Moment vor deiner Inthronisierung, ohne jede Vorbereitung, obwohl du dein Leben lang wusstest, was kommen würde.«
»Ich sag doch«, grinste Aki, »wir passen gut zusammen. Wir sind wie Feuer und Wasser, aber eben auf eine ... oh, sieh mal dort!«
Als Kidogo ihrer Geste folgte, traute er seinen Augen kaum. Aber sein Herz hüpfte. Er hatte recht behalten, sie hatten sie gefunden: die Mitte der Kronen.
Der Grat der bemoosten Anhöhe, die sie überschritten hatten, lief nicht einfach aus, sondern knickte wiederholt nach innen weg, so dass er die Fassung einer Senke bildete. Auch wenn die Winkel kaum zu erahnen waren, meinte Kidogo, ein Siebeneck zu erkennen. Der Durchmesser mochte eine halbe Meile betragen. An einer Seite war der Wall durchbrochen, vermutlich eine Gerölllawine früherer Zeit.
Kidogo befasste sich nicht damit – seine Aufmerksamkeit wurde von dem Bild gefesselt, das sich in der Mitte der Senke bot: Aus dem Geröll ragten die Spitzen sieben glänzender Dornen zehn Schritt hoch auf. Im Gegensatz zu der fast waagrechten Anordnung derjeniger in der Klamm standen diese hier aufrecht, erzeugten einen Kreis von der Fläche eines kleinen Gehöfts. In dem Kreis selbst lagen drei hausgroße, unterschiedlich hohe Würfel, die aus einem dunkleren, matteren Material bestanden als die Dornen.
»Was im Namen des Lichts ist das?«, murmelte Aki.
Kidogo wusste keine Antwort, starrte stumm auf das größte Geheimnis, auf das er während all seiner Reisen je gestoßen war.
Es war Aki, die zuerst ihre Haltung wiedergefunden hatte. »Sehen wir es uns an.«
Als sie sich daran machte, in die Senke hinunterzusteigen, hielt Kidogo sie am Arm fest. »Was, wenn es wirklich eine Waffe ist?«
»Dann wurde sie auf jeden Fall nicht gebaut, um uns zwei kleinen Mäuse zu erledigen.«
»Vielleicht wurden Fallen gelegt, um Eindringlinge aufzuhalten. Was übrigens auch gemacht worden sein könnte, wenn es sich doch um ein Heiligtum handelt.«
»Du kannst hier auf mich warten, wenn du Angst hast«, sagte Aki und wandte sich wieder der Senke zu.
Widerwillig stieg Kidogo ihr hinterher.
Als sie näher zu dem seltsamen Bauwerk kamen, zeigte sich, dass die Dornen hier nicht so makellos waren wie die vorherigen; an manchen Stellen hatte das Silber sich milchig verfärbt, in der Oberfläche waren Dellen erkennbar, Grübchen, kleine Risse. Von einer der Säulen war die Spitze abgebrochen.
Die Würfel hatten von Weitem nur deshalb verschieden groß gewirkt, weil das Geröll sie verschieden hoch umschlossen hatte. Die prickelndste Entdeckung war jedoch eine andere: Die Seiten der Würfel waren von Einkerbungen übersät. Kidogo vergaß alle Vorbehalte, die er eben noch geäußert hatte, trat aufgeregt zwischen den Dornen hindurch, zum nächstgelegenen Würfel hin.
Seine Vermutung bestätigte sich: Die Einkerbungen waren nicht zufällig. Waren sie auch unterschiedlich heftig vom Zahn der Zeit angenagt worden, war die ursprüngliche Gestaltung doch zu klar in der Ausführung, um nicht von Menschenhand geschaffen worden zu sein.
»Zeichen«, flüsterte Aki, die neben Kidogo getreten war.
Kidogo ließ seine Finger über die Furchen gleiten. »Ich habe solche Buchstaben noch nirgendwo gesehen.«
»Die Schrift eines versunkenen Volkes«, murmelte Aki andächtig. »Es muss ein Tempel sein.«
»Wie gern würde ich wissen, was hier steht.«
»Zauberformeln, bestimmt ... glaubst du, sie haben Macht über uns?«
»Nein, das nicht. Ich glaube nicht einmal, dass es Zauberformeln sind. Eher ein Schlüssel.«
»Wofür?«
»Zum Verständnis dieser Bauten.«
»Wer so etwas baut, wird wohl wissen, wozu ... oder meinst du, es ist eine Nachricht an andere?«
»Sieh mal hier: Diese Zeichen sind anders geschwungen als diese hier. Und die hier unten haben im Gegensatz zu den anderen fast nur spitze Winkel.«
Aki verstand sogleich, worauf er hinauswollte. »Verschiedene Schriften.«
»Genau.« Ein Fieber hatte Kidogo ergriffen. »Und hier, die beiden Absätze: Sie teilen die Schrift, aber die Zeichenketten sind ganz anders.«
»Verschiedene Sprachen.«
»Ja.« Mit schwirrendem Kopf trat Kidogo einen Schritt zurück.
»Vielleicht haben mehrere Völker an der Anlage gebaut«, überlegte Aki.
»Aber so viele? Schau dir das an, es müssten Dutzende gewesen sein.«
»Oder es sind doch Schutzzeichen. Vielleicht dachten die Erbauer, die Formeln wirken besser, wenn sie in verschiedenen Sprachen verfasst sind.«
»Möglich.« Kidogo biss sich auf die Unterlippe, verschränkte unschlüssig die Arme.
»Du bist nicht überzeugt?«, fragte Aki.
»Ich frage mich, ob ein Volk, das solche Bauten errichten kann, Angst vor seinen Feinden haben muss. In den Dörfern und Städten, in denen ich war, gab es zahllose heilige Schreine, aber die sollten in der Regel nicht vor greifbaren Feinden schützen, sondern vor Krankheit und Tod, vor Missernte, Zwietracht oder Pech im Spiel.«
»Na ja, vielleicht können wir diese Bauten nicht mit dem Schrein in einem Bergdorf vergleichen.«
»Mein Punkt ist: Schutzzauber sollen die eigenen Ängste beruhigen. Ich verstehe nicht, warum man sie in einer fremden Sprache formulieren sollte.«
Mit ausgebreiteten Armen drehte sich Aki um die eigene Achse. »Ich verstehe nichts von allem hier.«
Ratlos starrte Kidogo vor sich auf den Würfel. Wie sollte er dessen Nachricht entziffern, wenn ihm jeder Anhaltspunkt fehlte?
»Bilder«, sagte Aki.
»Ja, die wären tatsächlich hilfreich«, pflichtete Kidogo bei. »Das wäre das Erste, was ich ...«
»Hier sind welche.«
»Was?« Kidogo sah sich nach Aki um, entdeckte sie bei dem nächsten Würfel. Er eilte zu ihr – und seine Aufregung erreichte einen neuen Höhepunkt. Wie schmachvoll, dass er sich von dem ersten Würfel bereits so hatte blenden lassen, dass die anderen beiden ihm völlig aus dem Sinn geraten waren. Denn Aki hatte nicht zu wenig versprochen: Die Kerben in Würfel Nummer zwei zeigten eine Abfolge bildlicher Darstellungen, geordnet in einem sorgfältig angelegten Kachelmuster.
»Das hier ist ein Mensch, oder?« Aki zeigte auf eine waagrecht gezeichnete Strichfigur.
»Er liegt«, stellte Kidogo fest.
»Der Dreiklang des Gleichgewichts.« Aki zeigte auf drei Dreiecke, deren Spitzen sich in der Mitte eines vorgestellten Kreises trafen. »Aber warum liegt der Mensch? Ist er tot?«
»Er könnte auch schlafen«, wandte Kidogo ein.
»Hier steht er.« Sie deutete auf das nächste Bild. »Ich denke, der Dreiklang bezeichnet eine Gottheit, die den Menschen zum Leben erweckt hat. Und es ist eine Erdgottheit; siehst du, wie die Zeichen des Dreiklangs aus dem Boden steigen?«
»Aber es werden weniger. Die Kraft der Gottheit lässt nach.«
»Sie ist in den Menschen gefahren. Aber der Mensch fasst sich ins Gesicht, er ist undankbar.«
»Du könntest recht haben ...«, murmelte Kidogo. »Der Dreiklang zieht sich von der spottenden Figur zurück.«
»Aber das hier, was bedeutet das?«, fragte Aki. Das Bild, das sie meinte, zeigte den Menschen, wie er vor der Schlucht stand, in der die Erdgottheit verschwunden war. »Was hat er da in der Hand?«
»Ein Szepter?«, schlug Kidogo vor.
»Er schwingt sich auf über seine Gottheit.« Aki schlug das Schutzzeichen wider die zügellose Gier. »Und hier schließt sich die Schlucht. Der Weg zur Gottheit ist versperrt. Auch das Szepter ist nicht mehr da.«
»Es ist die Geschichte der Erbauer«, sagte Kidogo. Obwohl er Akis Aberglauben nicht teilte, lief ihm ein Schauer über den Rücken. »Sie haben sich von ihrer Göttin abgewandt, haben nur danach gestrebt, ihre eigene Macht zu vergrößern – und sind gefallen.«
»Und trotzdem hatten sie noch genug Kraft, um das hier zu bauen? Zu dem Zeitpunkt müssen sie ja schon gewusst haben, dass sie den falschen Weg gegangen sind. Das ergibt doch keinen Sinn. Wer verkündet denn in allen Sprachen der Welt seinen Untergang?«
»Es ist eine Warnung.«
»An wen denn?«, rief Aki ungeduldig. »Dieses Volk muss das mächtigste seiner Zeit gewesen sein. Selbst im Verfall dürfte kein anderes ihm gewachsen gewesen sein. Warum dieser unfassbare Aufwand?«
»Vielleicht galt die Warnung nicht zeitgenössischen Gesellschaften, sondern der Nachwelt«, flüsterte Kidogo. »Vielleicht galt sie uns.«
Weitere Kapitel:
Es hatte die Nacht über geregnet, aber mit der Dämmerung zog der Himmel auf und rot ergoss sich das Licht der Morgensonne über die Welt. Obwohl der Felsvorsprung über ihm ihn halbwegs trocken gehalten hatte und die Kräutersalbe auf seinen Wunden den Schmerz linderte, hatte Kidogo kaum ein Auge zugetan. Der vom Wetter geschützte Platz war gering, in der Kälte der Nacht hatte Aki sich immer enger an ihn geschmiegt. Zwar hatte Kidogo gegen die unvorhergesehene Wärme nichts einzuwenden, aber gleichzeitig überforderte es ihn, Akis Körper so nah an seinem zu spüren. Klar, gemäß der Lehre der Mandrêbanim stand kein Mensch über einem anderen – aber das war leichter gesagt als verinnerlicht, wenn man neben der Tochter einer Königin lag. In der Sorge, sie aufzuwecken, hatte er nicht die kleinste Bewegung gewagt, hatte stocksteif ausgeharrt, während seine Gliedmaßen in zäher Abwechslung verkrampften und einschliefen.
Letztendlich war es seine Blase, die ihn zum Handeln zwang. Mit aller Vorsicht löste er sich aus Akis Umklammerung und schlich sich davon. Während er Wasser ließ, betrachtete er kopfschüttelnd die im Morgenlicht blitzenden, gewaltigen Stacheln, die nach wie vor aus dem Berg ragten. Immer noch kein Traum. Er musste die Prinzessin auf jeden Fall überzeugen, dass sie weiter nach Süden zogen. Dieses Ding selbst mochte keine Gefahr sein – aber die Soldaten Ranuis würden wiederkommen.
Als er zum Lager zurückkehrte, saß Aki bereits aufrecht da und versuchte, mit den Fingern Ordnung in ihre Mähne zu bringen. Sobald sie ihn entdeckte, breitete sich ein Lächeln über ihrem schmalen Gesicht aus. »Gut geschlafen? Bereit für Frühstück?«
Es gab Nussmuss.
Während sie aßen, sprach Kidogo noch einmal die Möglichkeit an, nach Styrkur Dok zu fliehen. Doch so sehr er auch versuchte, Aki die Idee schmackhaft zu machen, blieb er doch erfolglos.
Schließlich rief sie verärgert: »Du musst nicht bei mir bleiben. Das habe ich dir gesagt. Aber wenn du es willst, dann übernimm auch Verantwortung für deine Entscheidung. Und fang bitte nicht wieder davon an, von Nichteinmischung und innerem Frieden zu faseln. Vielleicht gibt es ja noch andere Wahrheiten als die deines Meisters, hast du dir das schon mal überlegt? Und wohin hat ihn seine belämmerte Unentschiedenheit letztendlich gebracht?«
In stummem Entsetzen blickte Kidogo sie an. Keine Klinge hätte ihm so in den Leib fahren können wie Akis Worte.
Aki senkte den Blick. »Entschuldige. Das hätte ich nicht sagen dürfen. Entschuldige.«
»Vielleicht hast du recht. Vielleicht bin ich feige.« Eine traurige Erkenntnis hatte ihn erfasst. Bekümmert stand er auf, griff nach dem Ranzen seines Meisters. »Aber wenn ich es bin, wie wäre ich dir dann zunutze?« Er zog die Gurte über die Schultern. »Ich wünsche dir aus ganzem Herzen, dass du findest, was du suchst.« Mit schweren Beinen verließ er die Klamm.
»Kidogo!«, rief Aki hinter ihm her.
Er drehte sich nicht um, so schwer es ihm fiel, und mit jedem Schritt war er gewisser, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ein Teil seines Bewusstseins horchte darauf, ob Akis leichte Sohlen hinter ihm zu hören wären. Doch er musste dankbar sein, dass sie ihm nicht folgte. Mit einem Male verstand er, dass er all die Jahre nicht gegen seinen Meister angekämpft hatte, sondern gegen die Begierden seines unvollkommenen Selbst. Sein Meister hatte ihm nie erzählt, wie er ihn gefunden hatte – und jetzt, endlich, erst nach des Meisters Tod, verstand Kidogo, dass es nicht darum ging, wo man herkam. Denn es ging auch nicht darum, wo man hinging. Das Leben war keine Reise, es war einfach. Leben bedeutete nicht Veränderung, wer Veränderung suchte, floh vor dem Moment – und der Moment war alles, was es gab.
Indem er sich an den Ausläufern des Nebelgebirges entlangbewegte, kam Kidogo gut voran, und mit jeder Meile wurden seine Schritte leichter. Er war ein Mandrêb, und Frieden fand nur, wer seinen Platz im Gefüge der Welt klaglos einzunehmen vermochte.
Dann sah er den Dorn. Ein halbes Dutzend Schritt über ihm ragte er aus der Felswand, nur eine Elle weit, nicht mehr. Doch es bestand kein Zweifel: die glatte, silberne Oberfläche, in der das Licht sich spiegelte; die in makelloser Gleichmäßigkeit spitz zulaufende Form – der Dorn war von denselben Mächten geschaffen worden wie das Gebilde in der Klamm.
Über Kidogos Unterarme kroch eine Gänsehaut. Die Zeichen verfolgten ihn. Aberglaube!, rief warnend die Stimme seines Meisters, hüte dich davor, Bedeutung zu sehen, wo keine ist!
Und trotzdem, erwiderte Kidogo in Gedanken; auch wenn das Zeichen nicht für ihn aus dem Fels ragte – dass es da war, stand außer Frage. Aber was bezeichnete es? Seine ganze neugewonnene Selbstsicherheit war wie weggeblasen. Wie konnte man sich nicht einmischen in die Belange der Welt, wenn man doch selbst Teil der Welt war? Aki gab sich nicht mit ihrem Schicksal zufrieden, und war sie deshalb weniger lebendig? Aufgewühlt starrte er zu dem Dorn hoch, er spürte eine neue, beunruhigende Erkenntnis in sich wachsen: Es gab keine Möglichkeit, sich nicht einzumischen. Auch wenn man sich gegen etwas entschied – es blieb gleichwohl eine Entscheidung, und ihre Auswirkungen waren nicht absehbarer als diejenigen einer jeden anderen auch. Jeder Versuch, sich zu befreien aus den Ketten der kosmischen Verhältnisse, war zum Scheitern verurteilt. Hilflos lauschte Kidogo auf die Stimme in seinem Kopf, doch der Meister blieb still.
Ein paar Bäume weiter huschte ein Eichhörnchen einen Birkenstamm hinauf. Kidogo sah ihm zu, und sah es kaum. Zu aufgeregt sprangen seine Gedanken durcheinander. Ganz gleich, ob man wie das Eichhörnchen seinem Instinkt folgte oder sorgfältig Entscheidungen zu treffen versuchte – es gab keinen Weg, dem eigenen Schicksal zu entrinnen. Und wenn man seinen Platz in der Welt annehmen wollte, galt es dann nicht, das zu tun, was das Herz einem befahl?
Den Weg zurück beschritt er wie im Traum. Er hatte seinen Meister verlassen, er hatte Aki zu schützen versucht, hatte die ranaischen Soldaten vergiftet – doch so sehr diese Taten den Lehren der Mandrêbanim entgegenliefen, er hatte sie aus einem schieren Gefühl heraus begangen. Jetzt war es anders; jetzt stellte er sich bewusst gegen alles, wozu sein Meister ihn bestimmt hatte. Es war eine beklemmende, eine aufregende, eine befreiende Erfahrung.
Als er die Klamm erreichte, die er nur wenige Stunden zuvor verlassen hatte, um nie zurückzukehren, sah er gerade noch, wie Aki sich über die zwanzig Schritt hohe Kante der Felswand schwang. Der Fels war steil und glatt, wahrhaftig, die Prinzessin war eine tollkühne Kletterin.
»Heda!«, rief er ihr von unten zu.
Ihr Kopf erschien über der Kante, sie sah ihn und winkte.
»Ich bin zurückgekehrt.«
»Das seh ich«, rief sie zurück. »Komm hoch.« Und als er zögernd nach seiner Schulter tastete, fügte sie hinzu: »Sieht schwerer aus, als es ist.«
Unsicher spähte er in die Tiefe der Klamm hinein.
»Vergiss es«, rief es von oben. »Wird nicht einfacher, ich hab schon gesucht.«
Kidogo ergab sich in sein Schicksal, und mit Hilfe des Seiles, das Aki ihm herunterließ, kam er bis auf ein paar Schreckmomente unbeschadet zu ihr hoch. Eine hügelige Geröllebene, die sich in der Ferne zu höherem Gebirge aufschwang. Nachdem er sichergestellt hatte, dass die Naht seiner Wunde nicht aufgegangen war, ließ er sich schnaufend auf den Boden sinken.
»Also, in den Bergen bist du jedenfalls nicht zu Hause«, bemerkte Aki fröhlich, während sie das Seil aufrollte.
»Nein.« Auf dem Rücken liegend blickte er in den bewölkten Himmel und erinnerte sich schmerzlich daran, wie der Meister immer ein Geheimnis aus Kidogos Herkunft gemacht hatte. Nun, da Kidogo die Lehren der Mandrêbanim endgültig in Frage gestellt hatte, begann er zu zweifeln, ob es eine Gegenwart geben konnte, die losgelöst war von der Vergangenheit.
Ein Knuff in die Schulter holte ihn in den Moment zurück; neben ihm war Aki in die Hocke gegangen. »Ich freu mich, dass du zurückgekehrt bist.«
»Ja.«
Sie deutete auf den nächsten Dorn, der fünf Schritt entfernt aus dem Fels ragte. »Dann schauen wir uns die Krone deines Riesen Alateon doch mal genauer an.«
Während sie auf den Dorn zuging, stand Kidogo auf. »Es ist nicht seine Krone.«
»Was?«
»Oder er hat mehrere Kronen. Oder es gibt mehrere Riesen.«
Aki drehte sich nach ihm um. »Wovon redest du?«
Er schilderte ihr den Fund, den er gemacht hatte.
»Die Sache wird immer verrückter«, bemerkte sie nur, bevor sie sich wieder ihrem ursprünglichen Ziel zuwandte. Während die anderen Dornen weiter unten aus der Felswand in die Klamm ragten, stach derjenige vor ihnen direkt aus der Kante, etwa eine Körperlänge hoch. Damit war er deutlich kürzer als die anderen, aber dies mochte daran liegen, dass das Beben weniger von ihm freigelegt hatte. Wo er aus dem Felsen trat, war sein Umfang mit demjenigen von Akis Hüfte zu vergleichen; oben war er spitz wie eine Nadel. Von Nahem wirkte das glänzende Material noch unnatürlicher.
Aki hob die Hand.
»Nicht!«, rief Kidogo.
»Was soll schon passieren?« Mit ihren Fingerkuppen berührte sie den Dorn.
Kidogo hielt den Atem an. Er wusste nicht, was er erwartet hätte – trotzdem stieß er erleichtert die Luft aus, als nichts geschah. »Und?«
»Es fühlt sich kühl an«, antwortete sie. »Wie Eisen.«
Nun traute sich auch Kidogo, eine Hand an das Gebilde zu legen. Die Oberfläche war unwirklich glatt. »Wer hat das gebaut?«
»Ranui jedenfalls nicht ...« Aki schüttelte den Kopf. »Ein solcher Aufwand für etwas so Nutzloses.«
»Dass wir seinen Nutzen nicht erkennen, bedeutet nicht, dass es keinen hat.«
»Vielleicht gehört es wirklich zu einem Tempel?«
»Es muss von einem der versunkenen Völker stammen.«
»Unsere Priesterinnen sagen, kein Volk hat je das Wissen und die Fertigkeiten erlangt, mit denen Atua-Kore Tiratanga gesegnet hat ... und das hier geht über alles hinaus, wozu Tiratanga imstande wäre.«
»Wir Menschen verachten zu bereitwillig die Errungenschaften der Vergangenheit.« War dies nicht sogar eine Gemeinsamkeit der Mandrêbanim und der Priesterinnen Atua-Kores?
»Aber wenn ein Volk die Macht hatte, seinen Gottheiten solche Tempel zu errichten – wie konnte es dann untergehen?«
»Mein Meister würde sagen, das Göttliche ist nicht an die Werte der Menschen gebunden. Gesellschaften können untergehen, doch das Göttliche bleibt.«
»Und was sagst du?«
»Ich denke«, überlegte Kidogo, »es ist eine Waffe.«
»Wofür?«
»Keine Ahnung. Aber für ein Heiligtum kommt es mir zu kalt, zu abweisend vor; und wenn es keine Waffe ist – wofür sonst würde eine Gesellschaft diesen unglaublichen Aufwand betrieben haben?«
Aki kniete sich an den Fuß des Dorns, untersuchte den Fels, aus dem er hervorgebrochen war. »Zu gerne würde ich wissen, ob die Dornen eine gemeinsame Mitte haben.« Vorsichtig räumte sie etwas Geröll zur Seite. »Die Steine sind locker, wir können graben.«
»Selbst wenn der Boden weiter unten nicht fester werden würde, würde das Tage dauern, nur ein paar Schritt freizulegen. Was, wenn die Soldaten zurück sind, bevor wir eine verwertbare Erkenntnis gewonnen haben?«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Der andere Dorn, auf den ich gestoßen bin, ist noch schwieriger erreichbar.« Er überlegte. »Was ist, wenn es noch mehr gibt von diesen ...« Er suchte ein passendes Wort.
»... Kronen?«, schlug Aki vor.
»Ja. Vielleicht gibt es eine, die weniger vergraben ist.«
»Und wie finden wir sie?«
»Die Dornen bilden einen Ring, stehen alle im selben Winkel zueinander.« Um seine Gedanken zu verdeutlichen, spreizte er die Finger. »Wer immer das gebaut hat, hatte einen Sinn für Gleichmaß. Vielleicht liegen die Kronen wiederum selbst auf einem Ring?«
»Wir haben nur zwei mögliche Ansatzpunkte, wie sollen wir da einen Ring errechnen?«
Kidogo ließ seinen Blick über die Gerölllandschaft schweifen. »Der Weg nach Westen sieht gangbar aus.« Er selbst war am Vormittag nach Osten gewandert. »Wenn eine weitere Krone freigelegt ist, dürfte man sie hier oben schon von ferne sehen.« Vorausgesetzt, seine Annahme stimmte, und es gab überhaupt eine weitere Krone.
»Na gut, versuchen wir es.«
Vier Stunden später, der Nachmittag war bereits halb vorüber, hatten ihre Bemühungen immer noch keinen Erfolg gezeitigt. Mehrere Rinnsale hatten immerhin ihren Durst löschen können, doch den letzten Proviant hatten sie lange verzehrt, zusätzlich zehrte der beschwerliche Untergrund ihre Kräfte auf.
»Wir sollten umkehren«, sagte Aki.
»Noch eine Meile«, bat Kidogo, der nicht wahrhaben wollte, falschgelegen zu haben.
»Dann kommen wir vor Nachteinbruch nicht mehr zurück in die Klamm.«
»Wir können hier oben übernachten.«
»Hast du hier irgendwelche Beerensträucher gesehen? In der Klamm könnten wir jagen.«
Tatsächlich ein verlockender Gedanke. »In Ordnung«, gab Kidogo nach. »Aber lass uns einen Bogen gehen, der uns näher an die Berge bringt.« Jenseits der Hochebene stachen die Gipfel der Nebelzinnen stolz aus dem namensgebenden Dunst.
»Das wäre ein riesiger Umweg.«
»Wir könnten ihn trotzdem bis zur Dunkelheit schaffen. Und vielleicht finden wir die Mitte, um die die Kronen angeordnet sind.«
»Falls dort irgendwas ist. Falls es überhaupt eine Mitte gibt. Falls es überhaupt mehr als zwei Kronen gibt. Falls der Dorn, den du gefunden hast, überhaupt zu einer Krone gehört.«
»Ja.«
Aki seufzte. »Gehen wir.«
»Sag mal«, fragte Kidogo, während sie durch eine Mulde kletterten, »hast du eigentlich Verwandte in Ranui? Jemanden, den du vermisst?«
»Meine Schwester natürlich, Torokaha. Aber ob ich sie vermisse? Wir wurden getrennt erzogen, ich habe sie kaum gekannt. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, ob ich sie erkennen würde, wenn sie hier vor uns stünde. Unsere Linie stammt aus dem Haus Laki, aber auch dort kenne ich niemanden. Selbst meine Großtante Alandra, die Erste ihres Hauses, habe ich nur von Weitem gesehen, im Hohen Rat, wenn ich Mutter begleiten durfte.«
»Hattest du Freundinnen?«
»Als Kind. Später nicht mehr. Die Priesterinnen halten es für unangemessen, wenn eine Kronprinzessin Freundschaften pflegt. Jede Verbindlichkeit gegenüber einem Menschen sehen sie als Gefahr für die Verbindlichkeit gegenüber dem Reich.«
»Du musst eine traurige Jugend gehabt zu haben.«
»Früchte aus Orofar, heiße Bäder, Daunendecken – es gab auch gute Seiten.«
»Dennoch.«
»Was ist mit dir? Du vermisst deinen Meister. Aber warst du ihm nahe? Warst du jemals einem Menschen nahe?«
Nachdenklich betrachtete Kidogo seine vom Klettern geschundenen Hände. »Ist es nicht merkwürdig – wir entspringen den unterschiedlichsten Welten, die man sich vorstellen kann. Und sind uns doch so ähnlich ...«
»Wie meinst du das?«
»Uns wird jeweils gesagt, dass unser Weg der Einzige ist, um frei zu sein – und beide sind wir die für uns vorgesehenen Wege nicht gegangen, weil wir das Gefängnis fürchten, in das sie uns jeweils führen.«
»Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir es miteinander aushalten.« Sie lachte. »Du bist schon ein komischer Kauz, weißt du das. Predigst die Leere des Geistes und grübelst mehr über deine Entscheidungen als Sprecherin Sokai über ihre Frisur.«
»Du hingegen«, gab Kidogo halb beleidigt, halb belustigt zurück, »fliehst Hals über Kopf im allerletzten Moment vor deiner Inthronisierung, ohne jede Vorbereitung, obwohl du dein Leben lang wusstest, was kommen würde.«
»Ich sag doch«, grinste Aki, »wir passen gut zusammen. Wir sind wie Feuer und Wasser, aber eben auf eine ... oh, sieh mal dort!«
Als Kidogo ihrer Geste folgte, traute er seinen Augen kaum. Aber sein Herz hüpfte. Er hatte recht behalten, sie hatten sie gefunden: die Mitte der Kronen.
Der Grat der bemoosten Anhöhe, die sie überschritten hatten, lief nicht einfach aus, sondern knickte wiederholt nach innen weg, so dass er die Fassung einer Senke bildete. Auch wenn die Winkel kaum zu erahnen waren, meinte Kidogo, ein Siebeneck zu erkennen. Der Durchmesser mochte eine halbe Meile betragen. An einer Seite war der Wall durchbrochen, vermutlich eine Gerölllawine früherer Zeit.
Kidogo befasste sich nicht damit – seine Aufmerksamkeit wurde von dem Bild gefesselt, das sich in der Mitte der Senke bot: Aus dem Geröll ragten die Spitzen sieben glänzender Dornen zehn Schritt hoch auf. Im Gegensatz zu der fast waagrechten Anordnung derjeniger in der Klamm standen diese hier aufrecht, erzeugten einen Kreis von der Fläche eines kleinen Gehöfts. In dem Kreis selbst lagen drei hausgroße, unterschiedlich hohe Würfel, die aus einem dunkleren, matteren Material bestanden als die Dornen.
»Was im Namen des Lichts ist das?«, murmelte Aki.
Kidogo wusste keine Antwort, starrte stumm auf das größte Geheimnis, auf das er während all seiner Reisen je gestoßen war.
Es war Aki, die zuerst ihre Haltung wiedergefunden hatte. »Sehen wir es uns an.«
Als sie sich daran machte, in die Senke hinunterzusteigen, hielt Kidogo sie am Arm fest. »Was, wenn es wirklich eine Waffe ist?«
»Dann wurde sie auf jeden Fall nicht gebaut, um uns zwei kleinen Mäuse zu erledigen.«
»Vielleicht wurden Fallen gelegt, um Eindringlinge aufzuhalten. Was übrigens auch gemacht worden sein könnte, wenn es sich doch um ein Heiligtum handelt.«
»Du kannst hier auf mich warten, wenn du Angst hast«, sagte Aki und wandte sich wieder der Senke zu.
Widerwillig stieg Kidogo ihr hinterher.
Als sie näher zu dem seltsamen Bauwerk kamen, zeigte sich, dass die Dornen hier nicht so makellos waren wie die vorherigen; an manchen Stellen hatte das Silber sich milchig verfärbt, in der Oberfläche waren Dellen erkennbar, Grübchen, kleine Risse. Von einer der Säulen war die Spitze abgebrochen.
Die Würfel hatten von Weitem nur deshalb verschieden groß gewirkt, weil das Geröll sie verschieden hoch umschlossen hatte. Die prickelndste Entdeckung war jedoch eine andere: Die Seiten der Würfel waren von Einkerbungen übersät. Kidogo vergaß alle Vorbehalte, die er eben noch geäußert hatte, trat aufgeregt zwischen den Dornen hindurch, zum nächstgelegenen Würfel hin.
Seine Vermutung bestätigte sich: Die Einkerbungen waren nicht zufällig. Waren sie auch unterschiedlich heftig vom Zahn der Zeit angenagt worden, war die ursprüngliche Gestaltung doch zu klar in der Ausführung, um nicht von Menschenhand geschaffen worden zu sein.
»Zeichen«, flüsterte Aki, die neben Kidogo getreten war.
Kidogo ließ seine Finger über die Furchen gleiten. »Ich habe solche Buchstaben noch nirgendwo gesehen.«
»Die Schrift eines versunkenen Volkes«, murmelte Aki andächtig. »Es muss ein Tempel sein.«
»Wie gern würde ich wissen, was hier steht.«
»Zauberformeln, bestimmt ... glaubst du, sie haben Macht über uns?«
»Nein, das nicht. Ich glaube nicht einmal, dass es Zauberformeln sind. Eher ein Schlüssel.«
»Wofür?«
»Zum Verständnis dieser Bauten.«
»Wer so etwas baut, wird wohl wissen, wozu ... oder meinst du, es ist eine Nachricht an andere?«
»Sieh mal hier: Diese Zeichen sind anders geschwungen als diese hier. Und die hier unten haben im Gegensatz zu den anderen fast nur spitze Winkel.«
Aki verstand sogleich, worauf er hinauswollte. »Verschiedene Schriften.«
»Genau.« Ein Fieber hatte Kidogo ergriffen. »Und hier, die beiden Absätze: Sie teilen die Schrift, aber die Zeichenketten sind ganz anders.«
»Verschiedene Sprachen.«
»Ja.« Mit schwirrendem Kopf trat Kidogo einen Schritt zurück.
»Vielleicht haben mehrere Völker an der Anlage gebaut«, überlegte Aki.
»Aber so viele? Schau dir das an, es müssten Dutzende gewesen sein.«
»Oder es sind doch Schutzzeichen. Vielleicht dachten die Erbauer, die Formeln wirken besser, wenn sie in verschiedenen Sprachen verfasst sind.«
»Möglich.« Kidogo biss sich auf die Unterlippe, verschränkte unschlüssig die Arme.
»Du bist nicht überzeugt?«, fragte Aki.
»Ich frage mich, ob ein Volk, das solche Bauten errichten kann, Angst vor seinen Feinden haben muss. In den Dörfern und Städten, in denen ich war, gab es zahllose heilige Schreine, aber die sollten in der Regel nicht vor greifbaren Feinden schützen, sondern vor Krankheit und Tod, vor Missernte, Zwietracht oder Pech im Spiel.«
»Na ja, vielleicht können wir diese Bauten nicht mit dem Schrein in einem Bergdorf vergleichen.«
»Mein Punkt ist: Schutzzauber sollen die eigenen Ängste beruhigen. Ich verstehe nicht, warum man sie in einer fremden Sprache formulieren sollte.«
Mit ausgebreiteten Armen drehte sich Aki um die eigene Achse. »Ich verstehe nichts von allem hier.«
Ratlos starrte Kidogo vor sich auf den Würfel. Wie sollte er dessen Nachricht entziffern, wenn ihm jeder Anhaltspunkt fehlte?
»Bilder«, sagte Aki.
»Ja, die wären tatsächlich hilfreich«, pflichtete Kidogo bei. »Das wäre das Erste, was ich ...«
»Hier sind welche.«
»Was?« Kidogo sah sich nach Aki um, entdeckte sie bei dem nächsten Würfel. Er eilte zu ihr – und seine Aufregung erreichte einen neuen Höhepunkt. Wie schmachvoll, dass er sich von dem ersten Würfel bereits so hatte blenden lassen, dass die anderen beiden ihm völlig aus dem Sinn geraten waren. Denn Aki hatte nicht zu wenig versprochen: Die Kerben in Würfel Nummer zwei zeigten eine Abfolge bildlicher Darstellungen, geordnet in einem sorgfältig angelegten Kachelmuster.
»Das hier ist ein Mensch, oder?« Aki zeigte auf eine waagrecht gezeichnete Strichfigur.
»Er liegt«, stellte Kidogo fest.
»Der Dreiklang des Gleichgewichts.« Aki zeigte auf drei Dreiecke, deren Spitzen sich in der Mitte eines vorgestellten Kreises trafen. »Aber warum liegt der Mensch? Ist er tot?«
»Er könnte auch schlafen«, wandte Kidogo ein.
»Hier steht er.« Sie deutete auf das nächste Bild. »Ich denke, der Dreiklang bezeichnet eine Gottheit, die den Menschen zum Leben erweckt hat. Und es ist eine Erdgottheit; siehst du, wie die Zeichen des Dreiklangs aus dem Boden steigen?«
»Aber es werden weniger. Die Kraft der Gottheit lässt nach.«
»Sie ist in den Menschen gefahren. Aber der Mensch fasst sich ins Gesicht, er ist undankbar.«
»Du könntest recht haben ...«, murmelte Kidogo. »Der Dreiklang zieht sich von der spottenden Figur zurück.«
»Aber das hier, was bedeutet das?«, fragte Aki. Das Bild, das sie meinte, zeigte den Menschen, wie er vor der Schlucht stand, in der die Erdgottheit verschwunden war. »Was hat er da in der Hand?«
»Ein Szepter?«, schlug Kidogo vor.
»Er schwingt sich auf über seine Gottheit.« Aki schlug das Schutzzeichen wider die zügellose Gier. »Und hier schließt sich die Schlucht. Der Weg zur Gottheit ist versperrt. Auch das Szepter ist nicht mehr da.«
»Es ist die Geschichte der Erbauer«, sagte Kidogo. Obwohl er Akis Aberglauben nicht teilte, lief ihm ein Schauer über den Rücken. »Sie haben sich von ihrer Göttin abgewandt, haben nur danach gestrebt, ihre eigene Macht zu vergrößern – und sind gefallen.«
»Und trotzdem hatten sie noch genug Kraft, um das hier zu bauen? Zu dem Zeitpunkt müssen sie ja schon gewusst haben, dass sie den falschen Weg gegangen sind. Das ergibt doch keinen Sinn. Wer verkündet denn in allen Sprachen der Welt seinen Untergang?«
»Es ist eine Warnung.«
»An wen denn?«, rief Aki ungeduldig. »Dieses Volk muss das mächtigste seiner Zeit gewesen sein. Selbst im Verfall dürfte kein anderes ihm gewachsen gewesen sein. Warum dieser unfassbare Aufwand?«
»Vielleicht galt die Warnung nicht zeitgenössischen Gesellschaften, sondern der Nachwelt«, flüsterte Kidogo. »Vielleicht galt sie uns.«