Deutschland sucht den neuen Franzen

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Isolde Ohlbaum/Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv

Jonathan Franzens Blick auf Deutschland ist besonders. Zum einen weiß er viel über das Land, seine Geschichte und nicht zuletzt seine Literatur, hat hierzulande Freunde, zum anderen hat er die nicht Außenperspektive des weitgereisten amerikanischen Weltstars. Im SPIEGEL-Gespräch vom 23.11.2014 reflektiert Franzen folgendermaßen über Deutschland und die hiesige Sprache: „Es ist erstaunlich. Eine pazifistische Nation, in Sorge über jeden Krieg in der Welt, über Jahrzehnte geteilt, dann wiedervereint, was bedeutet, dass Milliarden Euro von einem Landesteil in den anderen fließen müssen – dieses Land, das keine guten Voraussetzungen hat und gar nicht stark sein will, führt auf einmal Europa. Verrückt! Fantastisch! … Dieses Land ist außergewöhnlich in allem. Irgendetwas ist da mit euch. Eure Sprache hat eine solche Kraft …“

Franzen sieht sich als Botschafter der USA in Deutschland, so wie er zuvor zeitweise als Botschafter seiner vorübergehenden Wahlheimat New York City gegenüber seinen Eltern fungiert. Er legt dies in den 2000er-Jahren, zur Zeit der Präsidentschaft von George W. Bush, im Interview mit der ZEIT dar (4.8.2005): „Ich fühle Deutschland und meiner deutschen Prägung gegenüber ähnlich, wie ich meinen Eltern gegenüber empfinde: Ich bin mit ihnen aufgewachsen. Durch Deutschland und deutsche Literatur bin ich zum Autor geworden. So fühle ich diese Zuneigung für das Land, seine Sprache und Literatur.“

Verfasst von: Thomas Steierer