Antizyklisch zur richtigen Zeit
Jonathan Franzen schreibt, lebt und denkt in gewisser Hinsicht antizyklisch und passt dadurch wohl besonders gut zur heutigen unübersichtlich-komplexen Zeit. Der Schriftsteller Jan Brandt schreibt in der ZEIT vom 8.10.2015 in der Serie über ausgewählte Romane des 21. Jahrhunderts „Meisterwerke, die bleiben werden“ unter dem Titel „Der analoge Triumph“ über Die Korrekturen: „In seiner ungebrochenen charlesdickenshaften Welterklärungsunbedingtheit orientiert sich Franzen stilistisch eher am 19. Jahrhundert als an zeitgenössischen opulenten Experimenten wie Unendlicher Spaß von David Foster Wallace, Mason & Dixon von Thomas Pynchon oder Underworld von Don DeLillo.“
Durch diese stilistische Rückbesinnung auf das 19. Jahrhundert sowie seine Skepsis gegenüber dem Internet, Social Media und technologischen Entwicklungen sowie seiner Begeisterung für das analoge, entschleunigende Vergnügen der Vogelbeobachtung wirkt Jonathan Franzen ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Michael Maar würdigt in seinem Beitrag „Der Kontrakt des Dichters“ in der Süddeutschen Zeitung vom 17.9.2022, dass Franzen präzise aktuelle Zeitgeistdiagnose mit dem Antizyklischen in Einklang bringt: „Einerseits schildert Franzen akribisch genau und mit allen Schwebeteilchen des Zeitgeists eine bestimmte amerikanische Dekade. Andererseits ist der dabei höchst unzeitgemäß. Es ist unzeitgemäß, den Roman als komponierte Großform ernst zu nehmen und nicht zerfallen zu lassen in einzelne Segmente.“
Die Teile zwei und drei der mit Crossroads begonnenen Trilogie mit dem Titel „Ein Schlüssel zu allen Mythologien“ hat Jonathan Franzen als seine beiden letzten Romane vorgesehen. Der Autor äußert dazu im FAZ-Interview vom 1.10.2021: „Ich habe mir nie vorstellen können, mehr als sechs Romane zu schreiben, da mir keine anderen Autoren einfallen, die mehr als sechs herausragende Romane verfasst haben. Und doch habe ich diese Trilogie begonnen, werde also vielleicht zwei weitere Romane schreiben. Im Gegenzug dürfen Sie zwei andere wieder abziehen, die ich heute als Lernübung bezeichnen würde.“ Auf die Frage, welche das seien, antwortet Franzen: „Schweres Beben von 1988 und Die 27ste Stadt von 1992".
Ich gehe davon aus, dass der antizyklisch agierende Schriftsteller und Mensch Jonathan Franzen seine nächsten Texte wieder zur richtigen Zeit veröffentlichen wird.
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Jonathan Franzen schreibt, lebt und denkt in gewisser Hinsicht antizyklisch und passt dadurch wohl besonders gut zur heutigen unübersichtlich-komplexen Zeit. Der Schriftsteller Jan Brandt schreibt in der ZEIT vom 8.10.2015 in der Serie über ausgewählte Romane des 21. Jahrhunderts „Meisterwerke, die bleiben werden“ unter dem Titel „Der analoge Triumph“ über Die Korrekturen: „In seiner ungebrochenen charlesdickenshaften Welterklärungsunbedingtheit orientiert sich Franzen stilistisch eher am 19. Jahrhundert als an zeitgenössischen opulenten Experimenten wie Unendlicher Spaß von David Foster Wallace, Mason & Dixon von Thomas Pynchon oder Underworld von Don DeLillo.“
Durch diese stilistische Rückbesinnung auf das 19. Jahrhundert sowie seine Skepsis gegenüber dem Internet, Social Media und technologischen Entwicklungen sowie seiner Begeisterung für das analoge, entschleunigende Vergnügen der Vogelbeobachtung wirkt Jonathan Franzen ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Michael Maar würdigt in seinem Beitrag „Der Kontrakt des Dichters“ in der Süddeutschen Zeitung vom 17.9.2022, dass Franzen präzise aktuelle Zeitgeistdiagnose mit dem Antizyklischen in Einklang bringt: „Einerseits schildert Franzen akribisch genau und mit allen Schwebeteilchen des Zeitgeists eine bestimmte amerikanische Dekade. Andererseits ist der dabei höchst unzeitgemäß. Es ist unzeitgemäß, den Roman als komponierte Großform ernst zu nehmen und nicht zerfallen zu lassen in einzelne Segmente.“
Die Teile zwei und drei der mit Crossroads begonnenen Trilogie mit dem Titel „Ein Schlüssel zu allen Mythologien“ hat Jonathan Franzen als seine beiden letzten Romane vorgesehen. Der Autor äußert dazu im FAZ-Interview vom 1.10.2021: „Ich habe mir nie vorstellen können, mehr als sechs Romane zu schreiben, da mir keine anderen Autoren einfallen, die mehr als sechs herausragende Romane verfasst haben. Und doch habe ich diese Trilogie begonnen, werde also vielleicht zwei weitere Romane schreiben. Im Gegenzug dürfen Sie zwei andere wieder abziehen, die ich heute als Lernübung bezeichnen würde.“ Auf die Frage, welche das seien, antwortet Franzen: „Schweres Beben von 1988 und Die 27ste Stadt von 1992".
Ich gehe davon aus, dass der antizyklisch agierende Schriftsteller und Mensch Jonathan Franzen seine nächsten Texte wieder zur richtigen Zeit veröffentlichen wird.