Karl Kraus als Bezugspunkt
Karl Kraus‘ Kritik an den damaligen Massenmedien, den Zeitungen, überträgt Franzen in den umfangreichen Fußnoten zu seiner Übersetzung von Kraus‘ Aufsätzen in Das Kraus-Projekt auf das Internet, wie er im SPIEGEL-Gespräch vom 24.11.2014 erläutert: „Kraus hat das alles schon erkannt: Wenn man Geld, Technologie und Medien zusammenbringt und ein bisschen Ideologie dazutut, erschafft man etwas, was seiner inneren Logik nach ungesund ist. Ein Teufelswerk, das sich selbst perpetuiert. Hier in Amerika regen sich einige auf über meine doch eigentlich ganz ausgewogene Kritik. Hätte ich Zweifel gehabt, ob ich mit dieser Kritik richtigliege, hätten die Reaktionen darauf jeden Zweifel sofort zerstreut.“
Karl Kraus ist für Franzen dabei visionär, wie er im Interview mit dem SZ-Magazin (SZ-Magazin vom 5. Dezember 2014) erklärt: „Er erkannte als Erster die ungeheure Macht der Massenmedien und Technologie im Kapitalismus, und seine Kulturkritik wirkt gerade heute ungeheuer relevant. Fast mochte man sagen, er hätte seine Kritik nicht für die Presse seiner Zeit verschwenden sollen, sondern sie besser für Facebook, Steve Jobs und Fox News aufgehoben. Er hat vor hundert Jahren einige Gedanken über die Moderne vorweggenommen, die Kritiker wie Evgeny Morozov oder Jaron Lanier unabhängig von ihm neu formuliert haben. Außerdem ist Kraus mitunter unglaublich lustig. Aber die Leute hatten Angst vor ihm, weil er als der große Hasser galt, als schwierig.“
Franzen schreibt zugunsten seiner Konzentrationsfähigkeit grundsätzlich ohne Internetzugang und empfiehlt dies explizit auch anderen. In seinen „Zehn Regeln für den Romanautor“, im Essayband Das Ende vom Ende der Welt, lautet Regel acht: Es ist zu bezweifeln, dass jemand, der eine Internetverbindung an seinem Arbeitsplatz hat, gute Bücher schreibt.“ Die Aktualität mit der unheimlich anmutenden Entwicklungsgeschwindigkeit von Künstlicher Intelligenz (KI) und deren schon jetzt offensichtlich werdenden, in nicht allzu ferner Zukunft wohl nahezu unbegrenzten Manipulationsmöglichkeiten zeigt, dass Jonathan Franzens bereits seit Mitte der 1990er-Jahre geäußerte Skepsis gegenüber digitalen Innovationen und der Industrie dahinter mehr denn je relevant ist.
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Karl Kraus‘ Kritik an den damaligen Massenmedien, den Zeitungen, überträgt Franzen in den umfangreichen Fußnoten zu seiner Übersetzung von Kraus‘ Aufsätzen in Das Kraus-Projekt auf das Internet, wie er im SPIEGEL-Gespräch vom 24.11.2014 erläutert: „Kraus hat das alles schon erkannt: Wenn man Geld, Technologie und Medien zusammenbringt und ein bisschen Ideologie dazutut, erschafft man etwas, was seiner inneren Logik nach ungesund ist. Ein Teufelswerk, das sich selbst perpetuiert. Hier in Amerika regen sich einige auf über meine doch eigentlich ganz ausgewogene Kritik. Hätte ich Zweifel gehabt, ob ich mit dieser Kritik richtigliege, hätten die Reaktionen darauf jeden Zweifel sofort zerstreut.“
Karl Kraus ist für Franzen dabei visionär, wie er im Interview mit dem SZ-Magazin (SZ-Magazin vom 5. Dezember 2014) erklärt: „Er erkannte als Erster die ungeheure Macht der Massenmedien und Technologie im Kapitalismus, und seine Kulturkritik wirkt gerade heute ungeheuer relevant. Fast mochte man sagen, er hätte seine Kritik nicht für die Presse seiner Zeit verschwenden sollen, sondern sie besser für Facebook, Steve Jobs und Fox News aufgehoben. Er hat vor hundert Jahren einige Gedanken über die Moderne vorweggenommen, die Kritiker wie Evgeny Morozov oder Jaron Lanier unabhängig von ihm neu formuliert haben. Außerdem ist Kraus mitunter unglaublich lustig. Aber die Leute hatten Angst vor ihm, weil er als der große Hasser galt, als schwierig.“
Franzen schreibt zugunsten seiner Konzentrationsfähigkeit grundsätzlich ohne Internetzugang und empfiehlt dies explizit auch anderen. In seinen „Zehn Regeln für den Romanautor“, im Essayband Das Ende vom Ende der Welt, lautet Regel acht: Es ist zu bezweifeln, dass jemand, der eine Internetverbindung an seinem Arbeitsplatz hat, gute Bücher schreibt.“ Die Aktualität mit der unheimlich anmutenden Entwicklungsgeschwindigkeit von Künstlicher Intelligenz (KI) und deren schon jetzt offensichtlich werdenden, in nicht allzu ferner Zukunft wohl nahezu unbegrenzten Manipulationsmöglichkeiten zeigt, dass Jonathan Franzens bereits seit Mitte der 1990er-Jahre geäußerte Skepsis gegenüber digitalen Innovationen und der Industrie dahinter mehr denn je relevant ist.