Leise Servus
Zu Hause bläst er Sevi einen, kommt aber selber nicht. Er schläft durch in dieser Nacht, zum ersten Mal entspannt und tief in der fremden Stadt, vielleicht weil er so besoffen ist. Als morgens der Wecker läutet, lässt er sich von Sevi einen runterholen. Besonders viel Gefühl ist nicht dabei. Sevi muss zur Arbeit. Bart wird gegen Abend den Zug nach Hause nehmen. Gemeinsam verlassen sie die Wohnung und trennen sich an der U-Bahnstation. Die Verabschiedung ist freundlich, beinahe herzlich, enthält aber kein Bis bald oder Ähnliches. Bart spaziert zu Christophs Wohnung, wo noch ein paar Sachen von ihm geblieben sind. Christoph ist schon aus dem Haus. Er legt sich noch einmal zwei Stunden in Christophs grün lackiertes Bett, und als er wieder aufsteht, ist seine Grippe manifest. Mit einem riesen Dünnschiss entleeren sich seine Eingeweide. Er duscht, isst etwas und schreibt Christoph einen Zettel. Er hat ein Foto von Sevi eingesteckt. Sevi mit Freunden auf der Terrasse eines Hauses im Grünen. Sommer. Sevi ist nur von der Seite zu sehen, recht klein. Das sieht er sich jetzt an. Wir hatten alles, denkt er. Wir waren verliebt, wir hatten guten Sex. Bloß eins ist uns erspart geblieben: der Moment, wo man in einer Beziehung zum ersten Mal furzt. Er wählt Sevis Festnetznummer, obwohl er weiß, dass er nicht zu Hause ist, und bedankt sich beim Anrufbeantworter für die schönen Tage. Er meint es sehr ernst in diesem Augenblick. Dann legt er den Hörer auf und horcht in die Stille. Ich bin ein Entdecker, denkt er. Ich entdecke Dinge, die es nicht gibt. Ein negativer Entdecker, sozusagen. Eine Beziehung zwischen Sevi und mir zum Beispiel. Gibt es nicht. Gibt auch keinen Seeweg in die Schweiz. Und ich bin stolz auf meine Entdeckungen! Er packt seine Sachen in die Tasche, zieht die Wohnungstür hinter sich zu und wirft den Schlüssel in Christophs Briefkasten. Draußen scheint die Sonne. Es ist schon Nachmittag. Er schlendert, sein Gepäck über der Schulter, hinunter zum Naschmarkt, sieht an einem Stand durch Ferngläser der Sowjetarmee, kauft ungarische Tempotaschentücher mit Kamillenduft, geht am Café Savoy vorbei, das noch geschlossen ist, und spaziert schließlich die Mariahilfer Straße hinauf in Richtung Westbahnhof. Die Glühbirnensterne über der Straße schaukeln im lauen Wind. Frühling in Wien. Er spürt das dringende Bedürfnis, Sevis Handynummer zu wählen. Warum, denkt er dann. Ich will ja doch nur, dass er anders ist. Ich habe ein schönes Leben, das muss reichen. Ich habe das schönere Leben, auf jeden Fall.
Weitere Kapitel:
Zu Hause bläst er Sevi einen, kommt aber selber nicht. Er schläft durch in dieser Nacht, zum ersten Mal entspannt und tief in der fremden Stadt, vielleicht weil er so besoffen ist. Als morgens der Wecker läutet, lässt er sich von Sevi einen runterholen. Besonders viel Gefühl ist nicht dabei. Sevi muss zur Arbeit. Bart wird gegen Abend den Zug nach Hause nehmen. Gemeinsam verlassen sie die Wohnung und trennen sich an der U-Bahnstation. Die Verabschiedung ist freundlich, beinahe herzlich, enthält aber kein Bis bald oder Ähnliches. Bart spaziert zu Christophs Wohnung, wo noch ein paar Sachen von ihm geblieben sind. Christoph ist schon aus dem Haus. Er legt sich noch einmal zwei Stunden in Christophs grün lackiertes Bett, und als er wieder aufsteht, ist seine Grippe manifest. Mit einem riesen Dünnschiss entleeren sich seine Eingeweide. Er duscht, isst etwas und schreibt Christoph einen Zettel. Er hat ein Foto von Sevi eingesteckt. Sevi mit Freunden auf der Terrasse eines Hauses im Grünen. Sommer. Sevi ist nur von der Seite zu sehen, recht klein. Das sieht er sich jetzt an. Wir hatten alles, denkt er. Wir waren verliebt, wir hatten guten Sex. Bloß eins ist uns erspart geblieben: der Moment, wo man in einer Beziehung zum ersten Mal furzt. Er wählt Sevis Festnetznummer, obwohl er weiß, dass er nicht zu Hause ist, und bedankt sich beim Anrufbeantworter für die schönen Tage. Er meint es sehr ernst in diesem Augenblick. Dann legt er den Hörer auf und horcht in die Stille. Ich bin ein Entdecker, denkt er. Ich entdecke Dinge, die es nicht gibt. Ein negativer Entdecker, sozusagen. Eine Beziehung zwischen Sevi und mir zum Beispiel. Gibt es nicht. Gibt auch keinen Seeweg in die Schweiz. Und ich bin stolz auf meine Entdeckungen! Er packt seine Sachen in die Tasche, zieht die Wohnungstür hinter sich zu und wirft den Schlüssel in Christophs Briefkasten. Draußen scheint die Sonne. Es ist schon Nachmittag. Er schlendert, sein Gepäck über der Schulter, hinunter zum Naschmarkt, sieht an einem Stand durch Ferngläser der Sowjetarmee, kauft ungarische Tempotaschentücher mit Kamillenduft, geht am Café Savoy vorbei, das noch geschlossen ist, und spaziert schließlich die Mariahilfer Straße hinauf in Richtung Westbahnhof. Die Glühbirnensterne über der Straße schaukeln im lauen Wind. Frühling in Wien. Er spürt das dringende Bedürfnis, Sevis Handynummer zu wählen. Warum, denkt er dann. Ich will ja doch nur, dass er anders ist. Ich habe ein schönes Leben, das muss reichen. Ich habe das schönere Leben, auf jeden Fall.