Herz aus Glas // Thomas Bäumler

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Alte Glasfabrik in Altenstadt a.d. Waldnaab. Foto: Thomas Bäumler

Der in der „Stadt des Bleikristalls“ Neustadt a. d. Waldnaab geborene und aus einer Altenstädter Arbeiterfamilie stammende Dichter-Arzt Thomas Bäumler schlägt in seinem fünften Kriminalroman Glaslandblues. Eine oberpfälzisch-südtirolerische Mordsgeschichte (2019) einen Bogen von den Ereignissen in Südtirol im 15. Jahrhundert zu einem Umweltskandal in Oberpfälzer Glasfabriken in den 1980er-Jahren. In dem fiktiven Handlungsort „Glasland“ erkennt man nicht von ungefähr die Glasmacher-Handlungsorte Altenstadt a.d. Waldnaab und Neustadt a.d. Waldnaab mit den einstigen namhaften Bleikristallfabriken.

Gottfried Richter, einst Lehrer im Ort und engagierter kritischer Fotograf, liiert mit einer tschechischen Lebensgefährtin, hat zu viel in der morbiden Ästhetik der untergegangenen Industriekultur gesehen, recherchiert und wird so zum ersten lokalen Mordopfer. Auch in diesem Kriminalroman ist Protagonistin wieder Gerti Zimmermann, eine aufstrebende Jungjournalistin der Weidener Heimatzeitung – parallel begleitet vom Weidener Hauptkommissar Franz Lederer. Die brisante Thematik führt Krimi-Fans zu einer wilden Jagd durch das mystische Naturschutz- und Erholungsgebiet „Doost“ entlang des Girnitzbachs bei Floß im Lkr. Neustadt a.d. Waldnaab. Nicht zuletzt erfährt man, was ein rechtspopulistischer Politiker („Dr. jur. Bernhard Siegfried Höfner, Enkel des früheren Glasfabrikanten, der sich mehr zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt und seine Gelüste im Geheimen in Karlsbad befriedigte“) über seine Wähler denkt. Thomas Bäumler zeigt in diesem psychologischen Wirtschaftskrimi behördliche Versäumnisse auf, schuldhafte Verstrickungen und uralte Rechnungen, die von den Akteuren beglichen werden müssen.

Der Roman ist mehr als nur ein Lokalkrimi. Glaslandblues ist ein literarischer Abgesang auf eine einst blühende Glasindustrie, die – basierend auf einer alten Glasschleife – in der Gründerzeit entstanden, durch die neuen Eisenbahnlinien des Gustav von Schlör, die Nähe des Wassers der Waldnaab und die erreichbaren böhmischen Kohlenlager möglich wurde. Ihren Höhepunkt hatte die Glasindustrie in den 1970er-Jahren dank nach 1945 zugezogener sudetendeutscher und schlesischer Heimatvertriebener, gefolgt von türkischen und jugoslawischen Gastarbeitern in den 1960ern, merkantil vertieft durch organisierte Einkaufstouren der nahen US-Army-Garnison Grafenwöhr. Aber nach Umweltskandalen und dem Fall des Eisernen Vorhangs waren die Glasfabriken nicht mehr rentabel, ihr Niedergang vorprogrammiert. Die Arbeiter wurden schließlich entlassen.

Verfasst von: Bernhard M. Baron / Bayerische Staatsbibliothek

Sekundärliteratur:

www.heimatverein-altenstadt.de/Glasindustrie.php, (11.12.2019).

Christoph, Rainer (2019): Zeugen der Industriegeschichte. Nichts ist geblieben von der Glasmacher-Tradition in Altenstadt/WN. In: Der neue Tag (Weiden i.d. OPf.), 29. Mai.

Eichl, Gabi (2019): Neue Gift-Schwerpunkte bei alten Bleikristallfabriken Beyer und Hofbauer. In: Der neue Tag (Weiden i.d. OPf.), 20. November.

Gräf, Tobias (2019): Oberpfälzer Altlasten bleiben weiter gefährlich. Zwei Bleikristallfabriken im Kreis Neustadt/WN gehören zu den schwersten Fällen. In: Der neue Tag (Weiden i.d. OPf.), 17. Dezember.

Müller, Gerhard (1988): Arbeiterleben und Arbeiterbewegung in der Oberpfalz 1848 – 1919 (Schriftenreihe des Bergbau- und Industriemuseums Ostbayern, 15). Weiden i.d. OPf.



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