Thomas von Steinaecker: Verknüpfung statt Adaption
Thomas von Steinaecker, geboren 1977 in Traunstein, ist ein mittlerweile mehrfach preisgekrönter Autor, dessen Werk eng mit Comics und der Relation von Text und Bild verbunden ist. Er promovierte über Literarische Foto-Texte. Zur Funktion der Fotografien bei Brinkmann, Kluge und Sebald. Zu seinen journalistischen Tätigkeiten gehören regelmäßig Comic-Rezensionen, und seit 2015 sitzt er in der Jury zum Comicbuchpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung.
Bereits in seinem Debütroman Wallner beginnt zu fliegen haben Comics eine für die Handlung relevante Komponente, eine der Figuren flüchtet sich in mediale Visionen aus der defizitären Realität und darf dann im Tod darin aufgehen. Eine Sequenz, die im Buch als abgedruckte Bilderfolge sichtbar wird.
In Geister spielen Comics dann eine tragende und sinnstiftende Rolle für den Gesamttext. Die Geschichte handelt von der Auflösung von Grenzen, jenen der eigenen Person und der eigenen Identität und jenen der medial entworfenen Realität. Wie Steinaecker es in einem Interview mit DIE ZEIT formuliert: „Das Buch funktioniert als ständige mediale Transformation“. Sowohl textintern als auch -extern, möchte man hinzufügen. Die Geschichte von Jürgen, dessen Schwester Ulrike vor seiner Geburt entführt und wahrscheinlich ermordet wurde, eine Lücke, die er in den folgenden Jahrzehnten zu bewältigen sucht, wird von ihm selbst mediatisiert. Bezüge zu Filmen und Texten sind in den Roman eingebaut.
Das Schicksal einer Familie ist zum Bestandteil eines Dokumentarfilms geworden und so zum medialen Ereignis. Immer wieder gehen Leben und Film ineinander über, springt der Protagonist zwischen möglichem und realem Leben hin und her. Die Bekanntschaft mit der Comiczeichnerin Ute, die einen Comic gestaltet, dessen Auslöser Ulrikes Geschichte war, scheint diesen Prozess zu verändern. Die Comicstrips selbst (gezeichnet von Daniela Kohl) sind im Text abgedruckt. Doch auch diese Alltagsflucht erweist sich als Konstrukt. Der reale Jürgen und sein gezeichnetes Pendant sind und können nicht identisch sein.
Inzwischen baut von Steinaecker nicht nur Comics in seine literarischen Texte ein, sondern hat als Autor zusammen mit Barbara Yelin den Web-Comic Der Sommer ihres Lebens verfasst, der die räumlichen Besonderheiten der Internetveröffentlichung in seine Struktur einbezieht.
Diese schriftstellerische Entwicklung spiegelt in gewisser Weise seine Positionen wieder. Steinaecker äußert sich in seinen Rezensionen für DIE WELT oft kritisch über Literaturadaptionen in Graphic Novels. Zeichner seien jedoch keine ausgebildeten Schriftsteller, so dass auch Autorencomics ihn nicht immer überzeugen und er vielmehr eine im Film übliche Arbeitsteilung propagiert.
Quellen:
Thomas von Steinaecker: Wallner beginnt zu fliegen. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2007.
Thomas von Steinaecker: Geister. btb, München 2010.
Externe Links:
WELT-Artikel Comic-Kultur im Netz
Interview mit Thomas von Steinaecker in Die Zeit
Weitere Kapitel:
Thomas von Steinaecker, geboren 1977 in Traunstein, ist ein mittlerweile mehrfach preisgekrönter Autor, dessen Werk eng mit Comics und der Relation von Text und Bild verbunden ist. Er promovierte über Literarische Foto-Texte. Zur Funktion der Fotografien bei Brinkmann, Kluge und Sebald. Zu seinen journalistischen Tätigkeiten gehören regelmäßig Comic-Rezensionen, und seit 2015 sitzt er in der Jury zum Comicbuchpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung.
Bereits in seinem Debütroman Wallner beginnt zu fliegen haben Comics eine für die Handlung relevante Komponente, eine der Figuren flüchtet sich in mediale Visionen aus der defizitären Realität und darf dann im Tod darin aufgehen. Eine Sequenz, die im Buch als abgedruckte Bilderfolge sichtbar wird.
In Geister spielen Comics dann eine tragende und sinnstiftende Rolle für den Gesamttext. Die Geschichte handelt von der Auflösung von Grenzen, jenen der eigenen Person und der eigenen Identität und jenen der medial entworfenen Realität. Wie Steinaecker es in einem Interview mit DIE ZEIT formuliert: „Das Buch funktioniert als ständige mediale Transformation“. Sowohl textintern als auch -extern, möchte man hinzufügen. Die Geschichte von Jürgen, dessen Schwester Ulrike vor seiner Geburt entführt und wahrscheinlich ermordet wurde, eine Lücke, die er in den folgenden Jahrzehnten zu bewältigen sucht, wird von ihm selbst mediatisiert. Bezüge zu Filmen und Texten sind in den Roman eingebaut.
Das Schicksal einer Familie ist zum Bestandteil eines Dokumentarfilms geworden und so zum medialen Ereignis. Immer wieder gehen Leben und Film ineinander über, springt der Protagonist zwischen möglichem und realem Leben hin und her. Die Bekanntschaft mit der Comiczeichnerin Ute, die einen Comic gestaltet, dessen Auslöser Ulrikes Geschichte war, scheint diesen Prozess zu verändern. Die Comicstrips selbst (gezeichnet von Daniela Kohl) sind im Text abgedruckt. Doch auch diese Alltagsflucht erweist sich als Konstrukt. Der reale Jürgen und sein gezeichnetes Pendant sind und können nicht identisch sein.
Inzwischen baut von Steinaecker nicht nur Comics in seine literarischen Texte ein, sondern hat als Autor zusammen mit Barbara Yelin den Web-Comic Der Sommer ihres Lebens verfasst, der die räumlichen Besonderheiten der Internetveröffentlichung in seine Struktur einbezieht.
Diese schriftstellerische Entwicklung spiegelt in gewisser Weise seine Positionen wieder. Steinaecker äußert sich in seinen Rezensionen für DIE WELT oft kritisch über Literaturadaptionen in Graphic Novels. Zeichner seien jedoch keine ausgebildeten Schriftsteller, so dass auch Autorencomics ihn nicht immer überzeugen und er vielmehr eine im Film übliche Arbeitsteilung propagiert.
Quellen:
Thomas von Steinaecker: Wallner beginnt zu fliegen. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2007.
Thomas von Steinaecker: Geister. btb, München 2010.
Externe Links:
WELT-Artikel Comic-Kultur im Netz
Interview mit Thomas von Steinaecker in Die Zeit