Heidelberg
Jean Paul und Heidelberg
Vom 2. Juli bis 26. August 1817 unternimmt Jean Paul eine Reise nach Heidelberg, die längste seiner Sommerreisen. Bei seiner Ankunft steigt er im Gasthof Goldener Hecht ab und logiert dort vierzehn Tage. Auf dem Platz davor versammelt sich am 12. Juli ein Fackelzug von über 200 Studenten, die Jean Paul als »Lieblingsdichter der Deutschen« und »Kämpfer für Freiheit und Recht« feiern. Am Tag danach wird Jean Paul vom Prinzen von Waldeck und seinem Hofmeister zu einer Fahrt auf dem Neckar geladen. Zwei Tage später gibt der Philosoph Hegel zu Ehren des Dichters einen Punschabend, der dazu führt, dass Jean Paul von der Universität Heidelberg zum Ehrendoktor gekürt wird.
Während der Heidelberger Wochen ist Jean Paul täglich mit seinem Freund und organisatorischen Helfer seines Aufenthalts Heinrich Voß zusammen. Er trifft auch seine Verehrerin Henriette von Ende (1770-1848) wieder, die er bereits im September 1814 in Bayreuth kennengelernt hat. Mit der Familie des Theologieprofessors Heinrich Eberhard Gottlob Paulus (1781-1851) verkehrt Jean Paul ebenfalls. Die Schwärmerei von dessen Tochter Sophie wird er bald erwidern.
»Ich habe hier Stunden erlebt, wie ich sie nie unter dem schönsten Himmel gefunden«, resümiert Jean Paul gegenüber Karoline seinen Heidelberg-Aufenthalt. Am 21. Juli verlässt er den Gasthof Goldener Hecht und mietet sich beim Theologieprofessor und Pädagogen Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766-1837) an der Plöck 36/38 ein. Unweit davon steht das Schützenhäuschen auf dem Weg zum Riesenstein, wo Jean Paul hingeht, um zu schreiben. Die Heidelberger Bürger beobachten ihn per Fernrohr beim Dichten oder besuchen ihn persönlich, vor allem die Frauen. Als Musikliebhaber nimmt er in dieser Zeit vermehrt an den wöchentlichen Singabenden bei Professor Thibaut (1772-1840) teil.
Kurz nach seiner Rückkehr nach Bayreuth schreibt Jean Paul einen Text, in dem die Heidelberger Tage poesievoll nachklingen: ÜBER DAS IMMERGRÜN UNSERER GEFÜHLE (1819). Persönlich bringen sie ihm indes kein Glück. Als er im Juni 1818 noch einmal nach Heidelberg reist, interessiert sich die gelehrte Welt nur wenig für ihn, und Sophie Paulus will seinen Erzfeind August Wilhelm Schlegel heiraten.
[Jean Paul an Karoline, Heidelberg, Sonntag, den 20. Juni 1818]
Heute wird mir und Schlegel zugleich ein Vivat gebracht. Ich muß schließen. -
Ich gehe diesesmal ganz anders von Heidelberg fort, als das vorigemal, wiewohl auch da nichts in mir war, was Dir unlieb hätte sein sollen. Fast gar zu prosaisch seh´ ich jetzo alles an und die »poetische Blumenliebe des vorigen Iahrs« ist leider! (denn sie war so unschuldig) ganz und gar verflogen, eben, weil sie ihrer Natur nach keine Dauer und Wiederholung kennt. Was ich mir aber immer wärmer ausmale, sind unsre Abendmahlzeiten. Ach wahrlich! wir sollten diese Freuden eines noch unzerbrochnen Kreises höher halten und genießen. Wie lange währt es, so zieht Max fort! Allmählig ziehen ihm die andern nach und dann sitzen wir beide allein da und zuletzt Du ganz allein! Ach laß uns lieben, so lange noch Zeit zu lieben ist. Ewig der Deinige.
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Jean Paul und Heidelberg
Vom 2. Juli bis 26. August 1817 unternimmt Jean Paul eine Reise nach Heidelberg, die längste seiner Sommerreisen. Bei seiner Ankunft steigt er im Gasthof Goldener Hecht ab und logiert dort vierzehn Tage. Auf dem Platz davor versammelt sich am 12. Juli ein Fackelzug von über 200 Studenten, die Jean Paul als »Lieblingsdichter der Deutschen« und »Kämpfer für Freiheit und Recht« feiern. Am Tag danach wird Jean Paul vom Prinzen von Waldeck und seinem Hofmeister zu einer Fahrt auf dem Neckar geladen. Zwei Tage später gibt der Philosoph Hegel zu Ehren des Dichters einen Punschabend, der dazu führt, dass Jean Paul von der Universität Heidelberg zum Ehrendoktor gekürt wird.
Während der Heidelberger Wochen ist Jean Paul täglich mit seinem Freund und organisatorischen Helfer seines Aufenthalts Heinrich Voß zusammen. Er trifft auch seine Verehrerin Henriette von Ende (1770-1848) wieder, die er bereits im September 1814 in Bayreuth kennengelernt hat. Mit der Familie des Theologieprofessors Heinrich Eberhard Gottlob Paulus (1781-1851) verkehrt Jean Paul ebenfalls. Die Schwärmerei von dessen Tochter Sophie wird er bald erwidern.
»Ich habe hier Stunden erlebt, wie ich sie nie unter dem schönsten Himmel gefunden«, resümiert Jean Paul gegenüber Karoline seinen Heidelberg-Aufenthalt. Am 21. Juli verlässt er den Gasthof Goldener Hecht und mietet sich beim Theologieprofessor und Pädagogen Friedrich Heinrich Christian Schwarz (1766-1837) an der Plöck 36/38 ein. Unweit davon steht das Schützenhäuschen auf dem Weg zum Riesenstein, wo Jean Paul hingeht, um zu schreiben. Die Heidelberger Bürger beobachten ihn per Fernrohr beim Dichten oder besuchen ihn persönlich, vor allem die Frauen. Als Musikliebhaber nimmt er in dieser Zeit vermehrt an den wöchentlichen Singabenden bei Professor Thibaut (1772-1840) teil.
Kurz nach seiner Rückkehr nach Bayreuth schreibt Jean Paul einen Text, in dem die Heidelberger Tage poesievoll nachklingen: ÜBER DAS IMMERGRÜN UNSERER GEFÜHLE (1819). Persönlich bringen sie ihm indes kein Glück. Als er im Juni 1818 noch einmal nach Heidelberg reist, interessiert sich die gelehrte Welt nur wenig für ihn, und Sophie Paulus will seinen Erzfeind August Wilhelm Schlegel heiraten.
[Jean Paul an Karoline, Heidelberg, Sonntag, den 20. Juni 1818]
Heute wird mir und Schlegel zugleich ein Vivat gebracht. Ich muß schließen. -
Ich gehe diesesmal ganz anders von Heidelberg fort, als das vorigemal, wiewohl auch da nichts in mir war, was Dir unlieb hätte sein sollen. Fast gar zu prosaisch seh´ ich jetzo alles an und die »poetische Blumenliebe des vorigen Iahrs« ist leider! (denn sie war so unschuldig) ganz und gar verflogen, eben, weil sie ihrer Natur nach keine Dauer und Wiederholung kennt. Was ich mir aber immer wärmer ausmale, sind unsre Abendmahlzeiten. Ach wahrlich! wir sollten diese Freuden eines noch unzerbrochnen Kreises höher halten und genießen. Wie lange währt es, so zieht Max fort! Allmählig ziehen ihm die andern nach und dann sitzen wir beide allein da und zuletzt Du ganz allein! Ach laß uns lieben, so lange noch Zeit zu lieben ist. Ewig der Deinige.