Zum Titel „Schwertzauber“: Schiller und das Schwert
Hochtechnisierter Krieg und Schwerter? Der Titel Schwertzauber scheint gar nicht zum Ersten Weltkrieg zu passen, der doch der erste Krieg der „Materialschlachten“ war. Tatsächlich ist die Verwendung des Wortes „Schwert“ Teil öffentlicher Rhetorik und erscheint im Verbund weiterer propagandistisch verwendeter Begriffe wie „Vaterlandsverteidiger“, „Held“ und „Heldentod“. Nicht nur die Ideologie der gehobenen und oberen Dienstgrade ist davon geprägt, sondern auch das Gros der Soldaten von Begriffen dieser Art geleitet, zumindest zu Beginn des Ersten Weltkrieges. Ein Paradebeispiel dafür ist der Aufruf Kaiser Wilhelms II. vom 6. August 1914 An das deutsche Volk. Darunter finden sich die Worte:
So muss denn das Schwert entscheiden. Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf! Zu den Waffen! Jedes Schwanken, jedes Zögern wäre Verrat am Vaterlande. Um sein oder Nichtsein unseres Reiches handelt es sich, das unsere Väter neu sich gründeten. Um Sein oder Nichtsein deutscher Macht und deutschen Wesens.
„Schwert“ ist damals also ein durchaus üblicher Begriff für Waffen und steht für Kampf, Krieg und Schlacht. Rudolf erklärt die eingetretenen Veränderungen im Wesen der Menschen später als Folge des „Schwertzaubers“:
Denn im Schwert liegt ein geheimer Zauber verborgen, der aufflammt, wenn es aus der Scheide springt, und alle Stimmen, die in der Menschenbrust liegen, müssen ihm antworten, die alltäglichen wie die nie gehörten. Aber wenn sich das Schwert wieder zur Scheide kehrt, verlischt sein Zauber, und die nie gehörten Stimmen verstummen.
Ihm zufolge entwickelt das Schwert, sobald es aus der Scheide gezogen wird, eine Eigendynamik und führt zu tiefgreifenden Veränderungen in der Persönlichkeit. Und so wird denn im Roman tatsächlich auch vorgeführt, wie in den Protagonisten nach Kriegsausbruch unbekannte „Ichs“ und Identitäten wach werden und sich Gehör verschaffen.
Möglicherweise hat sich Carry Brachvogel zur Idee, ihren Roman unter den Leitgedanken des „Schwertzaubers“ zu stellen, dazu von Schiller und dessen Jungfrau von Orleans anregen lassen. Im achten Auftritt findet sich folgender Ausspruch der Johanna von Orleans: „Und nimmer irrend in der zitternden Hand regiert das Schwert sich selbst, als wär' es ein lebend'ger Geist.“ Auch hier findet sich der Gedanke, dass das gezogene Schwert eine Eigendynamik entwickelt, ja wie ein eigenständiges Wesen wirkt und agiert. Schon mit 11 Jahren schwärmte Carry Brachvogel für Schiller und noch 1924, mit sechzig Jahren, bezeichnet sie ihn als den „größten Reichtum“ ihres Lebens. Eine gedankliche Nähe zu Schillers Diktum lässt sich jedenfalls nicht leugnen, wenn es in Schwertzauber heißt: „Denn im Schwert liegt ein geheimer Zauber verborgen, der aufflammt, wenn es aus der Scheide springt. [...] Aber wenn sich das Schwert wieder zur Scheide kehrt, verlischt sein Zauber.“
Weitere Kapitel:
Hochtechnisierter Krieg und Schwerter? Der Titel Schwertzauber scheint gar nicht zum Ersten Weltkrieg zu passen, der doch der erste Krieg der „Materialschlachten“ war. Tatsächlich ist die Verwendung des Wortes „Schwert“ Teil öffentlicher Rhetorik und erscheint im Verbund weiterer propagandistisch verwendeter Begriffe wie „Vaterlandsverteidiger“, „Held“ und „Heldentod“. Nicht nur die Ideologie der gehobenen und oberen Dienstgrade ist davon geprägt, sondern auch das Gros der Soldaten von Begriffen dieser Art geleitet, zumindest zu Beginn des Ersten Weltkrieges. Ein Paradebeispiel dafür ist der Aufruf Kaiser Wilhelms II. vom 6. August 1914 An das deutsche Volk. Darunter finden sich die Worte:
So muss denn das Schwert entscheiden. Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf! Zu den Waffen! Jedes Schwanken, jedes Zögern wäre Verrat am Vaterlande. Um sein oder Nichtsein unseres Reiches handelt es sich, das unsere Väter neu sich gründeten. Um Sein oder Nichtsein deutscher Macht und deutschen Wesens.
„Schwert“ ist damals also ein durchaus üblicher Begriff für Waffen und steht für Kampf, Krieg und Schlacht. Rudolf erklärt die eingetretenen Veränderungen im Wesen der Menschen später als Folge des „Schwertzaubers“:
Denn im Schwert liegt ein geheimer Zauber verborgen, der aufflammt, wenn es aus der Scheide springt, und alle Stimmen, die in der Menschenbrust liegen, müssen ihm antworten, die alltäglichen wie die nie gehörten. Aber wenn sich das Schwert wieder zur Scheide kehrt, verlischt sein Zauber, und die nie gehörten Stimmen verstummen.
Ihm zufolge entwickelt das Schwert, sobald es aus der Scheide gezogen wird, eine Eigendynamik und führt zu tiefgreifenden Veränderungen in der Persönlichkeit. Und so wird denn im Roman tatsächlich auch vorgeführt, wie in den Protagonisten nach Kriegsausbruch unbekannte „Ichs“ und Identitäten wach werden und sich Gehör verschaffen.
Möglicherweise hat sich Carry Brachvogel zur Idee, ihren Roman unter den Leitgedanken des „Schwertzaubers“ zu stellen, dazu von Schiller und dessen Jungfrau von Orleans anregen lassen. Im achten Auftritt findet sich folgender Ausspruch der Johanna von Orleans: „Und nimmer irrend in der zitternden Hand regiert das Schwert sich selbst, als wär' es ein lebend'ger Geist.“ Auch hier findet sich der Gedanke, dass das gezogene Schwert eine Eigendynamik entwickelt, ja wie ein eigenständiges Wesen wirkt und agiert. Schon mit 11 Jahren schwärmte Carry Brachvogel für Schiller und noch 1924, mit sechzig Jahren, bezeichnet sie ihn als den „größten Reichtum“ ihres Lebens. Eine gedankliche Nähe zu Schillers Diktum lässt sich jedenfalls nicht leugnen, wenn es in Schwertzauber heißt: „Denn im Schwert liegt ein geheimer Zauber verborgen, der aufflammt, wenn es aus der Scheide springt. [...] Aber wenn sich das Schwert wieder zur Scheide kehrt, verlischt sein Zauber.“