Bürgerliche Frauenwelt und die Frauenbewegung im 19. Jahrhundert. Die Suche der Frau nach einem neuen Selbstverständnis
Im Zuge der Aufklärung und der Französischen Revolution gerät die Forderung nach Gleichberechtigung der Frau erstmals in die öffentliche Diskussion.
Diese Forderungen sind aber nicht von Erfolg gekrönt, sondern fallen – als Folge des Sieges über Napoleon – dem erwachenden deutschen Nationalgefühl zum Opfer. Da der deutsche Nationalismus von einem Männlichkeitskult geprägt ist, hat dies paradoxe und negative Folgen für das weibliche Geschlecht:
Während Patriotismus von Männern und Frauen gleichermaßen erwartet wird, steht fest, dass die Frauen im öffentlichen Leben der Nation und im Rahmen der Politik nicht gleichberechtigt sind. Auch das Ideal der Romantik widerspricht jeglichen emanzipatorischen Bestrebungen: Emotionalität, Verklärung der Mütterlichkeit und das Wunschbild eines ordentlichen sicheren Heimes mit einer harmonischen Familie unter einem wohlhabenden patriarchalischen Vater und Ehemann sind geltende Werte und Ziele. Damit einher geht ein spezifisches Frauenbild mit entsprechenden Rollenerwartungen.
Ein zweiter Anlauf zur rechtlichen Gleichstellung der Frau erfolgt im Zuge der Revolution von 1848. Mit ihrem Scheitern unterbleibt ein weiteres Mal die Umsetzung der weiblichen Forderungen. Gerade die Schicht der bürgerlichen Frauen ist weiterhin vom öffentlichen Leben ausgegrenzt und dieses dem Mann vorbehalten.
Bürgerlichen Frauen erlaubt ist wohltätiges Engagement, zweckfreie künstlerische Betätigung in Form von Musizieren, Malen oder Sticken, oder Lektüre von schöngeistiger Literatur und Unterhaltungsillustrierten wie Die Gartenlaube oder Vom Fels zum Meer. Die Fortsetzungsromane der Illustrierten, zugleich Privileg und Statussymbol ihrer Klasse, behandeln vornehmlich Liebes- und Eheleid. Nach außen wird der zelebrierte Müßiggang der Frau zum Ideal erhoben. Dieses Ideal der Frau ist das soziale Statussymbol des Bürgertums. Attribute, die der Frau in diesem Geschlechterverhältnis zukommen und die über Generationen weitergegeben werden, sind Ergebenheit, Bescheidenheit und Abhängigkeit. Kennzeichnend ist eine stark auf häusliche Arbeit ausgerichtete, höchstens 10-jährige Schulausbildung mit Schwerpunkt auf Handarbeits- und Hauswirtschaftsunterricht. Gebildet sind eher die deutschen Jüdinnen infolge der Assimilationsbestrebungen des deutschen Judentums im 19. Jahrhundert. Nach der Schule heißt es für die bürgerlichen jungen Frauen auf einen Ehemann zu hoffen, wobei das Heiratsalter damals um die 25 Jahre beträgt. Alles Streben der Frauen richtet sich demzufolge auf den Mann als Ziel, darum, eine gute Partie zu machen. Eine Selbstverwirklichung durch Arbeit und Erwerbstätigkeit kommt in diesem Geschlechterverhältnis nicht in Frage.
Nach 1850 bekommen die emanzipatorischen Bestrebungen der Frauen Aufwind durch die Industrialisierung und die damit verbundenen sozialen Umwälzungen. Und so beginnt schließlich 1865 die organisierte Form der Frauenbewegung mit der Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) durch Louise Otto Peters und Auguste Schmidt in Leipzig. Ihre Trägerinnen sind vor allem bürgerlicher Herkunft. Sie greifen die traditionellen Rollenvorstellungen im Bürgertum an und treten für das Recht auf Bildung und Erwerbstätigkeit für bürgerliche Mädchen und Frauen ein, für deren gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben und der Berufswelt sowie für gleiche und gerechte Entlohnung. Das Mädchen-Schulwesen wird dabei fortan zu einem der elementarsten Felder der bürgerlichen Frauenbewegung.
Erwähnt sei, das neben der bürgerlichen Frauenbewegung im 19. Jahrhundert auch eine „proletarische Frauenbewegung“ entsteht, eine Bewegung der Arbeiterinnen, die sich zu den sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeitervereinigungen hin orientiert. Das Recht auf Arbeit ist für sie kein Thema mehr, sondern ihnen geht es bereits um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiterinnen im Kaiserreich.
Weitere Kapitel:
Im Zuge der Aufklärung und der Französischen Revolution gerät die Forderung nach Gleichberechtigung der Frau erstmals in die öffentliche Diskussion.
Diese Forderungen sind aber nicht von Erfolg gekrönt, sondern fallen – als Folge des Sieges über Napoleon – dem erwachenden deutschen Nationalgefühl zum Opfer. Da der deutsche Nationalismus von einem Männlichkeitskult geprägt ist, hat dies paradoxe und negative Folgen für das weibliche Geschlecht:
Während Patriotismus von Männern und Frauen gleichermaßen erwartet wird, steht fest, dass die Frauen im öffentlichen Leben der Nation und im Rahmen der Politik nicht gleichberechtigt sind. Auch das Ideal der Romantik widerspricht jeglichen emanzipatorischen Bestrebungen: Emotionalität, Verklärung der Mütterlichkeit und das Wunschbild eines ordentlichen sicheren Heimes mit einer harmonischen Familie unter einem wohlhabenden patriarchalischen Vater und Ehemann sind geltende Werte und Ziele. Damit einher geht ein spezifisches Frauenbild mit entsprechenden Rollenerwartungen.
Ein zweiter Anlauf zur rechtlichen Gleichstellung der Frau erfolgt im Zuge der Revolution von 1848. Mit ihrem Scheitern unterbleibt ein weiteres Mal die Umsetzung der weiblichen Forderungen. Gerade die Schicht der bürgerlichen Frauen ist weiterhin vom öffentlichen Leben ausgegrenzt und dieses dem Mann vorbehalten.
Bürgerlichen Frauen erlaubt ist wohltätiges Engagement, zweckfreie künstlerische Betätigung in Form von Musizieren, Malen oder Sticken, oder Lektüre von schöngeistiger Literatur und Unterhaltungsillustrierten wie Die Gartenlaube oder Vom Fels zum Meer. Die Fortsetzungsromane der Illustrierten, zugleich Privileg und Statussymbol ihrer Klasse, behandeln vornehmlich Liebes- und Eheleid. Nach außen wird der zelebrierte Müßiggang der Frau zum Ideal erhoben. Dieses Ideal der Frau ist das soziale Statussymbol des Bürgertums. Attribute, die der Frau in diesem Geschlechterverhältnis zukommen und die über Generationen weitergegeben werden, sind Ergebenheit, Bescheidenheit und Abhängigkeit. Kennzeichnend ist eine stark auf häusliche Arbeit ausgerichtete, höchstens 10-jährige Schulausbildung mit Schwerpunkt auf Handarbeits- und Hauswirtschaftsunterricht. Gebildet sind eher die deutschen Jüdinnen infolge der Assimilationsbestrebungen des deutschen Judentums im 19. Jahrhundert. Nach der Schule heißt es für die bürgerlichen jungen Frauen auf einen Ehemann zu hoffen, wobei das Heiratsalter damals um die 25 Jahre beträgt. Alles Streben der Frauen richtet sich demzufolge auf den Mann als Ziel, darum, eine gute Partie zu machen. Eine Selbstverwirklichung durch Arbeit und Erwerbstätigkeit kommt in diesem Geschlechterverhältnis nicht in Frage.
Nach 1850 bekommen die emanzipatorischen Bestrebungen der Frauen Aufwind durch die Industrialisierung und die damit verbundenen sozialen Umwälzungen. Und so beginnt schließlich 1865 die organisierte Form der Frauenbewegung mit der Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) durch Louise Otto Peters und Auguste Schmidt in Leipzig. Ihre Trägerinnen sind vor allem bürgerlicher Herkunft. Sie greifen die traditionellen Rollenvorstellungen im Bürgertum an und treten für das Recht auf Bildung und Erwerbstätigkeit für bürgerliche Mädchen und Frauen ein, für deren gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben und der Berufswelt sowie für gleiche und gerechte Entlohnung. Das Mädchen-Schulwesen wird dabei fortan zu einem der elementarsten Felder der bürgerlichen Frauenbewegung.
Erwähnt sei, das neben der bürgerlichen Frauenbewegung im 19. Jahrhundert auch eine „proletarische Frauenbewegung“ entsteht, eine Bewegung der Arbeiterinnen, die sich zu den sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeitervereinigungen hin orientiert. Das Recht auf Arbeit ist für sie kein Thema mehr, sondern ihnen geht es bereits um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiterinnen im Kaiserreich.