Freies Deutschland
Egon Erwin Kisch, Anna Seghers, Bruno Frei und andere, die später auch der Bewegung „Freies Deutschland“ angehören, gründen im November 1941 in Mexiko die gleichnamige Zeitschrift Freies Deutschland. Anfang 1942 übernimmt Alexander Abusch, geboren in Krakau, aufgewachsen in Nürnberg die Chefredaktion der Zeitschrift, die zum Aufbau einer Volksfront gegen den Nationalsozialismus und dessen Verbündete in Lateinamerika aufruft. Die Artikel stammen von antifaschistischen Schriftstellern die verstreut in aller Welt zum Widerstand aufrufen. In Freies Deutschland schreiben nicht nur Lion Feuchtwanger, Oskar Maria Graf und Heinrich Mann, der auch Ehrenpräsident der Bewegung Freies Deutschland ist, sondern auch Willi Bredel aus Moskau und Pablo Neruda. Bis Mitte 1946 erscheint Freies Deutschland als bedeutende literarisch-antifaschistische Zeitschrift mit einer Auflage von 4000 Stück.
Nach dem Krieg übersiedelt Alexander Abusch in die DDR, wo er in den 1950er-Jahren Minister für Kultur wird. Der linientreue Dogmatiker geht gegen alle vor, die auch nur den leisesten Zweifel an der reinen Lehre des Sozialismus hegen. Als Informeller Mitarbeiter (IM) der Stasi denunziert er sogar seine früheren Mitstreiter Arnold Zweig, Anna Seghers und Paul Merker. Merker, der sich in der DDR für die Entschädigung jüdischer Opfer einsetzt, wird in einem Geheimprozess mit Unterstützung Abuschs angeklagt die „Interessen der zionistischen Agentur des Monopolkapitals“ zu vertreten. Abusch bezeichnet es dabei als schweren ideologischen Fehler, als Chefredakteur des Freien Deutschlands in Mexiko, Merker publizistischen Raum geboten zu haben.
Johannes R. Becher, der Alexander Abusch lange Jahre protegiert, verfasst 1956/57 in tiefer Resignation das Gedicht „Der Jäger“, das seine Witwe Lilly in ihrem Tresor aufbewahrt.
Ich bin ein Wild, der Jäger hats erlegt,
Und um mich her versammelt sich die Meute.
Gewisse Leute: „Seht, welch eine Beute!“
So kläffen sie. Der Jäger schweigt erregt.
Denn er, der Jäger, war er nicht einst Wild
Und fiel gehetzt der Meute auch zur Beute?
Nun sieht er in dem Wild sein Gegenbild
Und schweigt beredt zu dem Gekläff der Leute.
Unter der Überschrift vermerkte Lilly Becher handschriftlich: A.A.
(Volker Müller: Erinnerung an den DDR-Kulturpolitiker Alexander Abusch, der vor 100 Jahren geboren wurde. Der zweite Irrweg. URL: http://www.berliner-zeitung.de/16683190, 28.12.2017)
Weitere Kapitel:
Egon Erwin Kisch, Anna Seghers, Bruno Frei und andere, die später auch der Bewegung „Freies Deutschland“ angehören, gründen im November 1941 in Mexiko die gleichnamige Zeitschrift Freies Deutschland. Anfang 1942 übernimmt Alexander Abusch, geboren in Krakau, aufgewachsen in Nürnberg die Chefredaktion der Zeitschrift, die zum Aufbau einer Volksfront gegen den Nationalsozialismus und dessen Verbündete in Lateinamerika aufruft. Die Artikel stammen von antifaschistischen Schriftstellern die verstreut in aller Welt zum Widerstand aufrufen. In Freies Deutschland schreiben nicht nur Lion Feuchtwanger, Oskar Maria Graf und Heinrich Mann, der auch Ehrenpräsident der Bewegung Freies Deutschland ist, sondern auch Willi Bredel aus Moskau und Pablo Neruda. Bis Mitte 1946 erscheint Freies Deutschland als bedeutende literarisch-antifaschistische Zeitschrift mit einer Auflage von 4000 Stück.
Nach dem Krieg übersiedelt Alexander Abusch in die DDR, wo er in den 1950er-Jahren Minister für Kultur wird. Der linientreue Dogmatiker geht gegen alle vor, die auch nur den leisesten Zweifel an der reinen Lehre des Sozialismus hegen. Als Informeller Mitarbeiter (IM) der Stasi denunziert er sogar seine früheren Mitstreiter Arnold Zweig, Anna Seghers und Paul Merker. Merker, der sich in der DDR für die Entschädigung jüdischer Opfer einsetzt, wird in einem Geheimprozess mit Unterstützung Abuschs angeklagt die „Interessen der zionistischen Agentur des Monopolkapitals“ zu vertreten. Abusch bezeichnet es dabei als schweren ideologischen Fehler, als Chefredakteur des Freien Deutschlands in Mexiko, Merker publizistischen Raum geboten zu haben.
Johannes R. Becher, der Alexander Abusch lange Jahre protegiert, verfasst 1956/57 in tiefer Resignation das Gedicht „Der Jäger“, das seine Witwe Lilly in ihrem Tresor aufbewahrt.
Ich bin ein Wild, der Jäger hats erlegt,
Und um mich her versammelt sich die Meute.
Gewisse Leute: „Seht, welch eine Beute!“
So kläffen sie. Der Jäger schweigt erregt.
Denn er, der Jäger, war er nicht einst Wild
Und fiel gehetzt der Meute auch zur Beute?
Nun sieht er in dem Wild sein Gegenbild
Und schweigt beredt zu dem Gekläff der Leute.
Unter der Überschrift vermerkte Lilly Becher handschriftlich: A.A.
(Volker Müller: Erinnerung an den DDR-Kulturpolitiker Alexander Abusch, der vor 100 Jahren geboren wurde. Der zweite Irrweg. URL: http://www.berliner-zeitung.de/16683190, 28.12.2017)