New York: Ernst Toller

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Im ehemaligen Mayflower Hotel an der 61th Street gegenüber vom Central Park nahm sich einst der bayerische Dramatiker Ernst Toller das Leben. Nach einem Bericht von Erwin Piscator fiel Ernst Toller beim Versuch sich zu erhängen auf den Stuhl - die Schnur brach ihm dabei das Genick. Foto: Peter Czoik, 2014.

Am Tage der Machtergreifung befindet sich Ernst Toller in der Schweiz. Als Räterepublikaner und expressionistischer Dramatiker findet sich sein Name bereits auf der ersten Ausbürgerungsliste der Nazis vom 23. August 1933. Zusammen mit der Schauspielerin Christiane Grautoff lässt er sich im Februar 1934 zunächst in London nieder. Als aktiver Antifaschist reist er in den nächsten Jahren um die halbe Welt, um Verbündete gegen den Nationalsozialismus zu gewinnen.

Ich kenne nur zu gut die Verzweiflung des Dichters, der in solcher Zeit und in solcher Welt lebend, fragt: Was hat meine Arbeit für einen Sinn? Wozu Gedichte schreiben, wozu Romane, wozu Dramen? [...] Aber wer so spricht, ist kurzsichtig. Tatsachen triumphieren eine kurze Zeit, am Ende sind sie ohnmächtig vor der Gewalt der Idee. Jedes Unrecht, das irgendwo in der Welt geschieht, geht uns an. Vor den Geboten des Herzens und der Gerechtigkeit gibt es keine nationalen Grenzen. Auch Diktatoren haben Furcht, die Furcht vor dem Urteil der Welt.

(Ernst Toller: Rede im Englischen jungen Pen Club. In: Ders.: Gesammelte Werke. Bd. 1. Kritische Schriften, Reden und Reportagen. Hanser Verlag, München/Wien 1995, S. 192f.)

Im Juli 1938 nimmt er am III. Internationalen Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur in Paris teil und fordert als Pazifist, die Abkehr vom prinzipiellen Pazifismus hin zum bewaffneten Widerstand.

Mit Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs verlagert Ernst Toller sein Engagement in die USA und versucht die amerikanische Regierung zum Eingreifen zu bewegen. Doch sein Einsatz ist vergebens. Nach dem Sieg Francos erkennt die US-Regierung am 1. April 1939 die Franco Diktatur offiziell an.

Am 22. Mai 1939 geht Ernst Toller im Bad seines Hotelzimmers im Mayflower am Central Park in den Freitod. Ludwig Marcuse berichtet Hermann Kesten von den letzten gemeinsamen Stunden und kommt zu dem Schluss: „Er hatte keinen Plan für die Tat. Er wehrte sich gegen sie bis zur letzten Minute. Er hat zweimal in der letzten Woche hier angerufen: kommt sofort her, ich darf nicht mehr allein sein. Aber der Plan war seit Jahren ihm vertraut. Ja, mehr als das. Und diesmal ist der Strick nicht gerissen.“ (Ludwig Marcuse an Hermann Kesten aus New York, 15. Juni 1939. In: Briefe von und an Ludwig Marcuse. Hg. v. Harold von Hofe. Diogenes, Zürich 1975, S. 29)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl