Prag

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Deutsche Einheiten in Prag, März 1939.

Die meisten Schriftsteller lassen sich in der Hauptstadt Prag nieder, die von jeher ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen ist und aufgrund ihrer günstigen Lebenshaltungskosten für Emigranten beste Arbeitsbedingungen bietet. Die Emigrantenszene Prags ist so lebendig, dass auch Künstler, wie Lion Feuchtwanger, die andernorts Zuflucht gefunden haben, sich zeitweise hier einfinden. Es gibt einen Bertolt-Brecht-Club und eine Thomas-Mann-Gesellschaft. Die meisten glauben fest daran, dass ihre Situation nicht von Dauer sein wird. Bertolt Brecht, der einen Tag nach dem Reichstagsbrand nach Prag geflohen ist, verweist auf eben diese Einstellung in seinem Gedicht „Gedanken über die Dauer des Exils“:

Schlage keinen Nagel in die Wand
Wirf den Rock auf den Stuhl
Warum vorsorgen für vier Tage?
Du kehrst morgen zurück.

Lass den kleinen Baum ohne Wasser
Wozu noch einen Baum pflanzen
Bevor er so hoch wie eine Stufe ist
Gehst du froh weg von hier.

(Bertolt Brecht: Gedanken über die Dauer des Exils. Svendborger Gedichte. In: Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1999, S. 719)

Beliebter Treffpunkt der deutschsprachigen Emigrantenszene ist das Café Continental am Graben. Hier verkehren Oskar Maria Graf, Egon Erwin Kisch, Willi Bredel. Bruno Frei, Fritz Erpenbeck, Hedda Zinner, John Heartfield, Stefan Heym und Lenka Reinerova. Sie alle müssen fliehen, als die deutsche Wehrmacht im März 1939 in Prag einmarschiert.

Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.

Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne
Der Mächtigen kommen am Ende zum Halt.
Und gehn sie einher auch wie blutige Hähne
Es wechseln die Zeiten, da hilft keine Gewalt.

(Bertolt Brecht: Lied von der Moldau: Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1999, S. 1218)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Michaela Karl