Sanary-sur-Mer: Die Geschwister Mann
Klaus und Erika Mann haben bereits 1931 Das Buch von der Riviera veröffentlicht und darin die schönsten Orte zwischen Marseille und Genua beschrieben. Sie schwärmten darin von der „lichtgesättigten Atmosphäre des Cote d´Azur“ und wie sehr Sanary-sur-Mer bereits damals zur Künstlerkolonie geworden war.
Sanary scheint zunächst durchaus das freundliche und intime Hafenstädtchen, wie es deren viele an der Riviera gibt [...].
In Wahrheit aber hat es seine eigene Bewandtnis mit Sanary, denn seit einigen Jahren ist es die erklärte große Sommerfrische des Café du Dome, der sommerliche Treffpunkt der pariserisch-berlinisch-schwabingerischen Malerwelt, der angelsächischen Boheme.
(Erika und Klaus Mann: Das Buch von der Riviera. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2014, S. 39)
Golo Mann verlebt seinen ersten Sommer im Exil 1933 in der Villa des amerikanischen Schriftsteller William Buehler Seabrook. Seabrook ist ein schwerer Trinker und sorgt mit seiner Freundin, der Schriftstellerin Marjorie Muir Worthington, mit der er eine angeblich sadomasochistische Beziehung unterhält, für Klatsch und Tratsch auf den Straßen von Sanary-sur-Mer. Er stolziert mit einer ledernen Badehose durch die Stadt und berichtet von seinen Abenteuern in Afrika, zum Beispiel von seinen Erlebnisse mit den Kannibalen, die ihn zu einer Portion Menschenfleisch eingeladen haben. Seabrook der Sanary-sur-Mer bereits im Oktober 1933 verlässt findet Eingang in viele Exiltexte und schreibt auch selbst über seine Zeit in Sanary-sur-Mer. Schon zu dieser Zeit ist für die Geschwister Mann klar, dass eine Rückkehr nach Deutschland auf lange Sicht unmöglich ist.
Wir konnten nicht zurück. Der Ekel hätte uns getötet, der Ekel an der eigenen Erbärmlichkeit und an dem widrigen Treiben um uns herum. Die Luft im Dritten Reich war für gewisse Lungen nicht zu atmen. [...] Das Konzentrationslager oder die Gleichschaltung, keine dritte Möglichkeit schien sich uns `drinnen´ zu bieten. `Draußen´ gab es einiges zu tun, auch im Dienst und Interesse jenes `besseren Deutschland´ an das wir den Glauben nicht verlieren wollten. Die Frage, ob unser Platz im Dritten Reich gewesen wäre… Ich habe sie mir gestellt und ich habe sie mir beantwortet. Die Antwort lautet: Nein.
(Klaus Mann: Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1984, S. 290f.)
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Klaus und Erika Mann haben bereits 1931 Das Buch von der Riviera veröffentlicht und darin die schönsten Orte zwischen Marseille und Genua beschrieben. Sie schwärmten darin von der „lichtgesättigten Atmosphäre des Cote d´Azur“ und wie sehr Sanary-sur-Mer bereits damals zur Künstlerkolonie geworden war.
Sanary scheint zunächst durchaus das freundliche und intime Hafenstädtchen, wie es deren viele an der Riviera gibt [...].
In Wahrheit aber hat es seine eigene Bewandtnis mit Sanary, denn seit einigen Jahren ist es die erklärte große Sommerfrische des Café du Dome, der sommerliche Treffpunkt der pariserisch-berlinisch-schwabingerischen Malerwelt, der angelsächischen Boheme.
(Erika und Klaus Mann: Das Buch von der Riviera. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2014, S. 39)
Golo Mann verlebt seinen ersten Sommer im Exil 1933 in der Villa des amerikanischen Schriftsteller William Buehler Seabrook. Seabrook ist ein schwerer Trinker und sorgt mit seiner Freundin, der Schriftstellerin Marjorie Muir Worthington, mit der er eine angeblich sadomasochistische Beziehung unterhält, für Klatsch und Tratsch auf den Straßen von Sanary-sur-Mer. Er stolziert mit einer ledernen Badehose durch die Stadt und berichtet von seinen Abenteuern in Afrika, zum Beispiel von seinen Erlebnisse mit den Kannibalen, die ihn zu einer Portion Menschenfleisch eingeladen haben. Seabrook der Sanary-sur-Mer bereits im Oktober 1933 verlässt findet Eingang in viele Exiltexte und schreibt auch selbst über seine Zeit in Sanary-sur-Mer. Schon zu dieser Zeit ist für die Geschwister Mann klar, dass eine Rückkehr nach Deutschland auf lange Sicht unmöglich ist.
Wir konnten nicht zurück. Der Ekel hätte uns getötet, der Ekel an der eigenen Erbärmlichkeit und an dem widrigen Treiben um uns herum. Die Luft im Dritten Reich war für gewisse Lungen nicht zu atmen. [...] Das Konzentrationslager oder die Gleichschaltung, keine dritte Möglichkeit schien sich uns `drinnen´ zu bieten. `Draußen´ gab es einiges zu tun, auch im Dienst und Interesse jenes `besseren Deutschland´ an das wir den Glauben nicht verlieren wollten. Die Frage, ob unser Platz im Dritten Reich gewesen wäre… Ich habe sie mir gestellt und ich habe sie mir beantwortet. Die Antwort lautet: Nein.
(Klaus Mann: Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1984, S. 290f.)